Die oberösterreichische Messerindustrie

4 C. Die Entstehung des Messererhandwerks aus dem Handwerk der Klingenschmiede. Wenn wir im Buche der Geschichte zurückblättern und den Werdegang des Messererhandwerks verfolgen, so kennen wir als erstes die von Horaz gerühmten norischen Klingen erwähnen, deren Er- zeugungsstätte vielleicht im Lande ob der Enns lag. 1 Nach Valentin Preuenhubers Chronik bildete Steyr bereits um das Jahr 900 den Sitz einer regsamen Messererzeugung, fundierte Nachrichten stehen uns allerdings erst ab dem 14. Jahrhundert zur Verfügung. Die Handwerksordnung der Klingenschmiede von Kleinraming aus dem Jahre 137 3 2 berichtet über bedeutende Klingen- und Messererzeugung im Raume von Steyr. Die älteste Quelle über das Steyrer Messerhandwerk stammt aus dem Jahre 1407. 3 Dies ist der 1. Freiheitsbrief der Messerer von ganz Österreich. Darin sind wertvolle Hinweise auf noch altere Bestätigungen der Handwerksfreiheiten ent- halten, die bereits früher ausgestellt worden waren. Das Handwerk der Messerer ist seiner Art nach ein Spezialhandwerk und seine Meister befassten sich nur mit dem Ausfertigen der geschmiedeten und geschliffenen Klingen. Sie hatten also die Waren mit Heften oder Griffen zu versehen, verkaufsfertig zu machen und in den Handel zu bringen. Ursprünglich hatten wohl die Klingschmiede die Messer verkaufsfertig erzeugt — in einer Urkunde der Raminger Klingenschmiede lesen wir von "jenen frühen Zeiten, als die Messerer aufkamen" . 4 Nach dieser Trennung hatten also die Schmiede die Rohform auszuschmieden, diese an die Schieiferer wei- terzugeben, die den Klingen die nötige Schneide und Politur verliehen. Erst von diesen kamen die Klingen in die Hände der Messerer, die als letzte Stufe im Fertigungspro- zess die Ausgestaltung der Griffe zu übernehmen hatten. Mit der Trennung der Handwerke voneinan- der war nicht nur jede der 3 Tätigkeiten als eigenes Handwerk mit eigener Zunftordnung festgelegt, sondern der Kompetenzbereich jedes einzelnen war genau bestimmt. Jedes Vergehen wurde gemäß dem starren mittelalterlichen Wirtschaftssystem vom Handwerke aus bestraft. Immer wieder versuchten die einzelnen Meister der Klingenschmiede und Messerer die festgeleg- ten Grenzen zu durchbrechen, das Streben nach freier, ungelenkter Erzeugung ist deutlich zu erken- nen. In guten wie in schlechten Zeiten waren diese Handwerke aneinander gekettet, standen lautend in Geschäftsverbindung und waren zu allen Zeiten voneinander abhängig. Daher wollen wir mit dem Grundhandwerk, dem der Klingenschmiede, beginnen und über die Schleifer zu den Messerern und Händlern kommen. 1 a.a.O., Hack, Eisenhandel, S. 67. 2 Landesarchiv Linz, 1. Band, Klingschmiede Kleinraming. 3 L. A. Linz, Urkundensammlung Schwertberg K: 2. 4 Stadtarchiv Steyr, 12/41. Bittschrift der Klingenschmiede an den Kaiser.

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