Die oberösterreichische Messerindustrie

90 Exportes, um hiedurch den großen Wirtschaftsraum der Monarchie zu ersetzen, den nationaler Irrsinn zerstört hatte. Am internationalen Markt aber trat die ausländische Konkurrenz in voller Vitalität in Erscheinung, England, Frankreich und Deutschland machten sich die Absatzbasen streitig. Hart, dornenvoll und an Rückschlägen reich war die Aufgabe unserer Messerfabriken, die neue Märkte suchten und fanden. Dass es den heimischen Erzeugern, allen Schwierigkeiten zum Trotze, ge- lang, in der internationalen Schneidwarenbranche Fuß zu fassen, erscheint als das große Verdienst von Unternehmer- und Arbeiterschaft. In gemeinsamer mühevoller Arbeit konnte der Anschluss an den Welt-Standard gefunden werden. Uralte Handwerkstradition fand in Verein mit modernen, maschinel- len Erzeugungsmethoden den Weg in eine neue Welt, eine Welt, in der härtester Konkurrenzkampf zu Hause war. b.) Gründung des Fachverbandes der Messerindustriellen Deutschösterreichs. Um die vielen Probleme meistern zu können, die die Nachkriegszeit mit sich brachte, strebten Ös- terreichs Messerfabrikanten eine nähere, gegenseitige Kontaktnahme an. Am 7. April des Jahres 1922 kam es in den Räumen der Messerwarenfabrik Josef Hack, Gesellschaft m. b. H. Steyr, zur konstituierenden Generalversammlung des "Fachverbandes der Messerindustriellen Deutschösterreichs". Darin waren alle österreichischen Messerfabriken auf freiwilliger Basis vereint, als ständiger Obmann fungierte der Neuzeuger Messerfabrikant Otto Christ. Hauptaufgabe dieses Verbandes war die Wahrnehmung der Interessen der österreichischen Schneidwarenbranche, sowohl gegenüber der Arbeitnehmerschaft als auch gegenüber der allgemei- nen staatlichen Wirtschaftspolitik. Das Protokollbuch des Fachverbandes spricht eine beredte Sprache über die zähen Lohnverhand- lungen, die in den 20er Jahren zwischen den Sozialpartnern geführt wurden . 1 Streiks und Aussperrun- gen waren keinesfalls unbekannt. Natürlich bot eine gemeinsame Dachorganisation den industriellen bei Lohnverhandlungen eine wesentlich günstigere Ausgangsposition. Der Fachverband trat als gemeinsamer Einkäufer für verschiedene Rohmaterialien in Erscheinung, insbesondere für Stahl und Koks . 2 Als weiteres Aufgabengebiet des Verbandes trat die Festlegung einheitlicher Preise für die erzeugten Schneidwaren in Erscheinung, was in der Zeit fortschreitender Inflation von großer Bedeutung war. Hiedurch entstand gleichsam ein "Frühstücks-Kartell", beruhend auf "Gentlemen Agreements" der Partner. Allerdings zeigte es sich, dass bei zunehmender Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage, bei rückgängigem Absatz häufig gegen beschlossene Preisvereinbarungen verstoßen wurde. Preisunter- bietungen waren an der Tagesordnung. In Notzeiten, als es um die Existenz der einzelnen Betriebe ging, verlor die Fixierung der Verkaufspreise jeglichen Wert. Ja, die ganze Einrichtung des Verbandes der Messerindustriellen war liquidationsreif, als sinkender Absatz härtesten Konkurrenzkampf zwi- schen den einzelnen Fabriken hervorrief. Am 26. Februar 1925 fand die letzte Generalversammlung des Fachverbandes statt. Die Ungunst der Zeit, die weitgehende Geschäftslosigkeit besiegelten sein Schicksal. c.) Die oberösterreichischen Messerfabriken. Die ernste wirtschaftliche Lage, in der sich Österreich nach dem Zusammenbruch der Monarchie befand, spiegelt sich getreulich wieder im Schicksal der heimischen Messerfabriken. So mancher Be- trieb musste vorübergehend oder auch für immer geschlossen werden, andere arbeiteten mit vermin- derter Kapazität. 1. Messerfabrik Ludwig Werndls Nachf. in Steinbach: Keiner glücklichen Zukunft ging vorerst diese einst bestens, renommierte Fabrik entgegen. Der In- haber, Hr. Johann Mach, verpachtete das Werk im Jahre 1923 für 100 Jahre an die Firma Simon Red- tenbacher seel. Wwe. u. Söhne, die bis zum Jahre 1929 eine bescheidene Messererzeugung mit 30 - 1 Protokollbuch des Fachverbandes der Messerindustriellen Deutschösterreichs aus dem Archiv der Hack- Werke, Steyr. 2 Laut mündl. Mitteilung, Hr. Franz Pils sen.

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