Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-26- Anfänglich kamen die deutschen Kaufleute selbst nach Steyr, schon Bestimmungen im Stadtrecht von 1287 lassen auf den Aufenthalt fremder Kaufleute in Steyr schließen; 1 doch schon in Mittelalter hatte der Linzer Jahrmarkt Bedeutung für den Eisenhandel erlangt. Schwerter - und Scharsachstahl standen neben der Ausfuhr vonWeicheisen an erster Stelle. Jene Innerberger Qualitätserzeugnisse wurden von den oberdeutschen Händlern teilweise weiterverhandelt, teilweise zur Versorgung ihrer eigenen Ge- biete verwendet. Passau, jene bedeutende Handels- und Industriestadt, beherbergte schon Ende des 13. Jh. eine blühende Schwerter- und Messererzeugung, die den Innerberger Edelstahl verarbeiteten . 2 Die Eisenarbeiter von Deggendorf, Vilshofen, Regensburg, Nürnberg, Augsburg und Ulm verwendeten großteils Innerberger Erzeugnisse. 3 Die Geschäftsbeziehungen zwischen Steyr und den deutschen Kaufleuten erlangten bald feste Formen. Wenn auch nicht in jeder Stadt sich ein abgeschlossener Stand der Eisenhändler bildete wie in Nürnberg , 4 so lag der Eisenhandel der betreffenden Stadt doch in be- stimmten Händen. In Regensburg, Passau, Augsburg und Ulm führten gewisse Häuser den Eisenhan- del . 5 Ohne Rücksicht auf guten oder schlechten Gang des Eisenhandels verpflichteten sie sich das Eisen von Steyr abzunehmen und waren wegen ihrer Verlässlichkeit im Verlag stets gerühmt . 6 Diese wurden auch in Zeiten geringer Stahlproduktion bevorzugt behandelt, neue Verträge mit Handelsherrn wurden in solchen Zeiten nicht abgeschlossen. Zu Beginn des 17. Jh. erlitt der Export ins Deutsche Reich eine empfindliche Einschränkung. Auf Grund der feindlichen Beziehungen des Hauses Habsburg mit Frank- reich und England wurde ein Ausfuhrverbot auf Innerberger Erzeugnisse erlassen man fürchtete bei deren Einfuhr eine Schädigung der österreichischen Interessen. Nur an solche Kaufleute wurde in Steyr Eisen und Stahl abgegeben, die bescheinigen konnten, dass dies nicht auf feindliches Gebiet gelangen würde. Die oberdeutschen Kaufleute erhielten diese Bescheinigungen von ihren Stadtobrigkeiten aus- gestellt, erst dann erhielten sie Passbriefe, die für eine Lieferung bis zu 500 Zentner von den Steyrer Behörden, von 500-1.000 Zentner von der niederösterreichischen Regierung und Kammer, für noch größere von der Hofkammer ausgefertigt sein mussten . 7 Jener Passbriefzwang ergab jedoch eine schwierige Lage beim Verschleiß von Scharsachstahl, die Verhandlung würde Stocken und „wir (die Steyrer Händler) bleiben mit unserem Stahl, den wir auswärts verkaufen müssen, sitzen, trotzdem wir in Wierde und Unwierde Rad- und Hammerwerke herhalten müssen und nach der Eisenordnung ver- pflichtet sind, gewisse Zusätze zu geben; es würde dann wie vor fünfzehn Jahren 100.000 Zentner Scharsachstahl und noch mehr, den wir nicht verkaufen könnten, uns verbleiben, an der Stadtmauer zu Steyr gelehnt oder in unseren Gewölben lagernd“ . 8 Für Kriegsrüstungen des Reiches aber hatten die Steyrer jederzeit Stahl zu liefern. 9 Durch die Vermittlung der oberdeutschen Kaufleute kam 1 Punkt 9 des Stadtrechtes von 1287, vgl. Anhang Nr. 1. 2 Beck II., 394: Klagen der Passauer um die Mitte des 16. Jh. wegen schlechter Qualität und Stahlmangel. Es müssten etliche Hundert vom Handwerk lassen und etwas anderes beginnen oder auswandern. Zwischen 1540- 75 betrieben in Steyr 5 Schwertschmiede dieses Handwerk, die pro Jahr 1.000 bis 1.100 Zentner Stahl und Zwi- zach brauchten, aus dieser Menge erzeugten sie ca. 35.000 Klingen, die Klinge zu 3 Pfund. Müller 316. 3 Bittner 584. 4 „Steyrer Eisenhändler“ durften nur Stahl aus Steyr führen; bedeutende Handelshäuser dieser Stadt: Matthäus Praun, Georg Sumer, Georg und Bernhard Haller, Eberhard Wagner, Cornelius Vogel, Georg Heiss, Hans Gebhard, Paul Fürnbergerisch, Philipp Probst, Oswald Schierer, Hans Erb, Hans Legrandt, Michael Diener, Hans Landshuter; Bittner 586/4. 5 In Ulmwurde der Eisenhandel bis 1549 von der Kaufleutezunft geführt, später aber freigegeben, aus Passau, Ulm, Nürnberg, Deggendorf, Augsburg, Regensburg, Straubing, Amberg und Nördlingen kamen 1588 Einkäufer nach Steyr, Bittner 582, Anm. 6; um 1570 erschienen Urban Stauber aus Passau, Marx Neuprunner aus Ulm als Eisen- händler in Steyr, sie erklärten, schon ihre Voreltern hätten mit Steyr Eisenhandel betrieben. Bittner 587, Anm. 1. 6 1603 Ansuchen des Augsburger Eisenhändlers Christoph Fleckhamer um jährliche Lieferung von 2.000 Zentner Stahl, das, wegen geringer Produktion und da er bis 1603 keinen Steyrer Stahl bezog, abgelehnt wurde, IV/15/83, St.A. 7 1603, Schreiben des Eisenobmanns Strutz deswegen, IV/16/176 St.A. 8 1603, Ansuchen des Bürgermeisters, Richters u. Rates und der Eisenhandlungsgesellschaft von Steyr an den Präsidenten der Nö. Kammer wegen Einstellung der Passbriefe zur Stahlausfuhr, IV/16/176, St.A.; Aufhebung 1604, Feb. 10/114/S, HKA. 9 1603 März 21, Prag, kaiserlicher Befehl deswegen, IV/16/176, St.A.; 1663 Michael Diener, Händler aus Nürn- berg, war durch kaiserlichen Erlass berechtigt, jährlich 4.000 q Scharsachstahl, Rüstzeug und Blech zoll- u. maut- frei aus Steyr zu beziehen; 144/S, HKA.

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