Gernot Fieber - Die Verwaltung und Gerichtsbarkeit der Stadt Steyr von 1100 bis heute

17 Nach dieser Ordnung wurde ein Verbrecher, der zum Tode ver- urteilt worden war, im Gerichts- oder Dienerhaus gefangen gehal- ten. Vier Tage vor der Hinrichtung brachte man ihn ins Verhörzim- mer, wo sich der k.k. Stadt- und Bannrichter, der Stadtschreiber und zwei Kapuzinerpatres befanden. Nachdem die Aussage des Verbrechers durch den Gerichtsschreiber vorgelesen worden war, fragte der Stadtrichter den Verurteilten, ob noch etwas geändert werden muss. Brachte der Angeklagte etwas vor, das geändert werden musste, wurde der Akt noch sorgfältig geprüft und den Rechtsgelehrten übergeben, die dann den Wortlaut für das Urteil verfassen mussten. Bestätigte der Delinquent seine Aussage, dann wurde ihm das Todesurteil angekündigt. Der Verurteilte wurde dann den Kapuzi- nerpatres übergeben, die sich um sein Seelenheil zu kümmern hat- ten. Am Tag der Hinrichtung wurden alle benötigten Sachen (wie zum Beispiel Stuhl und Leiter) zum Hinrichtungsplatz gebracht. Das Justizschwert und Szepter wurden in Begleitung des Äußeren Rates in die Wohnung des Stadt- und Bannrichters getragen. Von dort formierte sich ein Zug zum Rathaus, wo die Verlesung des rechtlichen Gutachtens stattfand. Nach der Verlesung folgte eine Abstimmung und der Delinquent wurde vorgeführt. Dann wurde das Urteil im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geis- tes verkündet. Dabei zerbrach der Richter ein kleines Stäbchen. Dann rief er: „Freimann! zum Ersten, zum Anderten und zum Drittenmal! und übergab den Verbrecher dem Scharfrichter, der vom Land- und Bannrichter in Linz geschickt worden war.“ Es folgte daraufhin der Zug zur Richtstätte und die Vollstreckung des Urteiles . 27

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