Aero 15. Ergänzungsblatt der zwanglosen Blätter. Steyr den 6. Dezember 1848. Die Abendausgabe der Wienerzeitung vom 3. Dezem¬ ber d. J. bringt sämmtliche Aktenstücke über die Abdan¬ kung Ferdinands I. und die Thronbesteigung Franz Josef des I. Wir geben hier unsern Lesern den Text der Abdikations¬ Urkunde des Erstern und der Antritts=Urkunde des Letztern. Wir Ferdinand der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König von Hungarn und Böhmen, dieses Namens der Fünfte, König der Lom¬ bardei und Venedigs, von Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien, Lodomerien und Illirien, Kö¬ nig von Jerusalem 2c. 2c.; Erzh. von Oesterr.; Gro߬ herzog von Toscana; Herzog von Lothringen, von Salzburg, Steyer, Kärnthen, Krain, Großfürst von Siebenbürgen; Markgraft von Mähren; Herzog von Ober= und Nieder=Schlesien, von Modena, Parma, Piacenza und Guastalla, von Auschwitz und Zator, von Teschen, Friaul, Ragusa und Zara; gefürsteter Graf von Habsburg, von Tirol, von Kyburg, Görz und Gradiska; Fürst von Trient und Briren; Mark¬ graf der Ober= und Nieder=Lausitz und in Istrien; Graf von Hohenembs, Feldkirch, Bregenz, Sonnen¬ berg 2c.; Herr von Triest, von Cattaro und auf der windischen Mark. Als Wir nach dem Hintritte unseres Herrn Vaters, Weiland Kaiser Franz des Ersten, in gesetzlicher Erbfolge den Thron bestiegen, flehten Wir, durchdrungen von der Heiligkeit und dem Ernste Unsererer Pflichten, vor Allem Gott um seinen Beistand an. Das Recht zu schützen ward der Wahlspruch, das Glück der Völker Oesterreichs zu fördern, das Ziel Unserer Regierung. Die Liebe und Dankbarkeit Unserer Völker belohnten reichlich die Mühen und Sorgen der Regierung, und selbst in den jüngsten Tagen, als es verbrecherischen Umtrieben gelungen war, in einem Theile Unserer Reiche die gesetz¬ liche Ordnung zu stören und den Bürgerkrieg zu entzünden, verharrte doch die unermeßliche Mehrheit Unserer Völker in der dem Monarchen schuldigen Treue. Beweise, die, inmitten harter Prüfungen, Unserem betrübten Herzen wohl thaten, sind Uns aus allen Gegenden des Reiches zu Theil geworden. Allein der Drang der Ereignisse, das unverkennbare und unabweisliche Bedürfniß nach einer großen und um¬ fassenden Umgestaltung Unserer Staatsformen, welchem Wir im Monate März dieses Jahres entgegenzukommen und die Bahn zu brechen beflissen waren, haben in Uns die Ueberzeugung festgestellt, daß es jüngerer Kräfte be¬ dürfe, um das große Werk zu fördern, und einer gedeih¬ lichen Vollendung zuzuführen. Wir sind daher, nach reiflicher Ueberlegung, und durchdrungen von der gebietherischen Nothwendigkeit dieses Schrittes, zu dem Entschluße gelangt, hiemit feierlichst dem österreichischen Kaiserthrone zu entsagen. Unser durchlauchtigster Herr Bruder und rechtmäßiger Nachfolger in der Regierung, Erzherzog Franz Carl, der Uns stets treu zur Seite gestanden und unsere Bemühun¬ gen getheilt, hat sich erklärt und erklärt hiemit durch ge¬ meinschaftliche Unterfertigung gegenwärtigen Manifestes, daß auch Er, und zwar zu Gunsten Seines nach ihm auf den Thron berufenen Sohnes, des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Franz Josef auf die österreichische Kai¬ serkrone Verzicht leistete. Indem Wir alle Staatsdiener ihrer Eide entbinden, weisen Wir sie an den neuen Regenten, gegen welchen sie ihre beschworenen Berufspflichten fortan getreulich zu er¬ füllen haben. Unserer tapferen Armee sagen Wir dankend Lebewohl. Eingedenk der Heiligkeit ihrer Eide, ein Bollwerk gegen auswärtige Feinde und Verräther im Innern, war sie stets, und nie mehr als in neuester Zeit, eine feste Stütze Unseres Thrones ein Vorbild von Treue, Standhaftig¬ keit und Todesverachtung, ein Hort der bedrängten Mo¬ narchie, der Stolz und die Zierde des gemeinsamen Va¬ terlandes. Mit gleicher Liebe und Hingebung wird sie sich auch um ihren neuen Kaiser schaaren. Indem Wir endlich die Völker des Reiches Ihrer Pflicht gegen Uns entheben, und alle hierher gehörigen Pflichten und Rechte hiermit feierlichst und im Angesichte der Welt auf Unseren geliebten Herrn Neffen, als Un¬ seren rechtmäßigen Nachfolger übertragen, empfehlen wir diese Völker der Gnade und dem besonderen Schutze Got¬ tes. Möge der Allmächtige ihnen den inneren Frieden wieder verleihen, die Verirrten zur Pflicht, die Bethörten zur Erkenntniß zurückführen, die versiegten Quellen der Wohlfahrt neuerdings eröffnen und Seine Segnungen über Unsere Lande im vollen Maße ergießen, — möge Er aber auch Unsern Nachfolger, Kaiser Franz Josef den Ersten, erleuchten und kräftigen, damit Er Seinen hohen und schweren Beruf erfülle zur eigenen Ehre, zum Ruhme Unseres Hauses, zum Heile der Ihm anvertrauten Völker. Gegeben in Unserer königlichen Hauptstadt Olmütz, den zweiten Dezember im ein tausend acht hundert und acht und vierzigsten, Unserer Reiche dem vierzehnten Jahre. Ferdinand. Franz Carl. (L. S.) Schwarzenberg.
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