Provinz schreibe, die (theilweise provisorischen) Gesetze in Wien vielleicht schon publicirt sind. Man wird es gewiß nicht wagen, in diesen Tagen ein Wahlgesetz kund zu machen, daß es einem freisinnigen Manne unmöglich macht in die Kammer zu kommen. Eine Anzahl solcher Männer wird drinnen sitzen und sprechen und die Sprache der Freiheit ist noch hinreißender, als die der Liebe. Wir sahen Erzherzoge, wir sahen Hofräthe, ja was noch mehr ist Regierungsräthe in den Provinzen sich beugen ihrer Macht. Ich bitte daher im wohlverstandenen Interesse der Freiheit meine Mitbürger allenthalben, namentlich meine edlen Mitstrebenden, die Studenten in Wien sich von jetzt an bis zur Eröffnung der Kammern jeder, was immer für Namen führenden Demonstration zu enthalten. Glaubt ihr den wirklich die Freiheit könne mit dem alten Zopfe todtgeschlagen werden? Meint ihr es könne der Bureaukratie und ihrem treuen Verbündeten: Dem Spießbürgerthume*) noch einmal gelingen, der Göttin Hän¬ de und Füsse mit dem schmierigen Zopfbande dauernd zu¬ sammen zu schnüren? Seit der Thronbesteigung des Kaisers Franz trug sie diese ecklen Bande, Metternich hatte sie in einen viel¬ verschlungenen, unauflösbar scheinenden Knoten verknüpft, dessen Construktion und Haltbarkeit Louis Phillip mit stil¬ *) Ist es nöthig den Unterschied zwischen dem Burger, der für sein Vaterland, und dem Spießbürger, der für sein Ich lebt, hier anzudeuten? Br Verona den 7. Mai 1848. Ueber hier*) läßt sich wenig und sehr viel sagen; un¬ sere Truppen, in zu geringer Zahl gegen den immer an¬ wachsenden Feind, zogen sich von der Mincio=Linie zu¬ rück und halten die Etsch=Linie besetzt, welche auch von den Piemontesen schon einige Mal zu überschreiten ver¬ sucht wurde, die jedoch von unsrem Häuflein immer zurück ge¬ schlagen wurden. — Gestern (6. Mai) war ein mörderisches Gefecht in unserer unmittelbaren Nähe, schauerlich dröhnte der Kanonendonner und rasselte das Tirailleurfeuer durch¬ einander; das Erstemahl, daß ich das Schlachtgetümmel in solcher Nähe sah und hörte. Von Tomba über St. Lucia San Massimo Croce bianca, Chievo bis Bussolengo waren die Unsrigen postirt und wurden an verschiedenen Punkten angegriffen, von dem mehr als doppelt ja drei¬ fach an Zahl und Kanonen überlegenen Feinde. Fürchterlich soll es zugegangen seyn, von 10 Uhr Früh bis gegen 4 Uhr Nachmittags ein ununterbrochenes schreckliches Feuer. Die Unsrigen behaupteten ihre Posten, aber viele sehr viele Opfer kostete es, zwei, einige sagen drei Gene¬ rale sind schwer verwundet, darunter Fürst Schwarzenberg; der Oberst Botterney, von Franz Carl Regiment, verlor die rechte Hand. Unsere italienischen Grenadiere hielten len Neide bewunderte, durch dessen stümperhafte Nach¬ ahmung er Krone und Ruhm verlor, und ein Hauch von jugendlichen Lippen zerstörte das schnöde Kunstwerk und befreite Kaiser und Reich. Was vermögen unsere ausge¬ pfiffenen, abgelebten Künstler in den paar Wochen so er¬ hebliches zu striken und zu knüpfen, das derselbe Hauch, dem das Werk Tausender in Jahren nicht wiederstand, nicht im Sounenscheine eines Morgens wieder zerreißen könnte? Nutzt euch nicht ab in einem kleinen Kriege, spart euer Kräfte auf einen großen Tag, den erwartet mit Muth und Ruhe. Eure würdevolle Haltung wird dem nüchternen Bürger, der eurem jugendlichen Feuer gram zu werden anfing, wieder mit auch versöhnen, er wird seine Retter aus der alten Sklaverei mit der vorigen Liebe umfassen, und im rettenden Augenblicke ohne Mißtrauen euer treuer und tapferer Bundesgenosse sein. Befolgt ihr diesen Rath nicht, so schadet ihr unberechenbar den Kammerwahlen in den Provinzen. Ihr bekommt Bureaukraten und Spie߬ bürger in die Kammer, denn die Wahlmänner (meistens Besitzende) werden, wie es schon an einige Orten die Wahlen zum deutschen Parlamente bewiesen, jeden wie glühendes Eisen scheuen, der je eines eurer freisinnigen Schlagworte im Munde führte. So spricht zu euch ein Mann, den auch die Argsten seiner Feinde — und er zählt deren nur allzuviele — nie des Servilismus, nie des Verrathes an der Freiheit zu beschuldigen wagten. Alex. Jul. Schindler. efe. sich brav aber erlitten am meisten Verlust. Auch der Feind muß sehr viel verloren haben. Die Truppen d. h. die Unsrigen sind durchaus sehr — sehr brav, nur Schade — ewig Schade, daß ihrer zu wenige sind und sie daher nur auf die Desensive beschränkt, sich nach und nach aufreiben müßen, wenn die Harrseckel draußen un¬ sern alten tapfern Marschall im Stich liessen und keine baldige — aber baldige Verstärkung senden, denn der Feind ist stark und was Reguläre sind, gut eingeschult. Mantua ist übrigens und soviel man weiß, auch Peschiera noch in unsern Händen, ersteres überreichlich versorgt, so, daß der Kommandant Gorskowsky uns noch Lebens¬ mittel angebothen hat. In Verona herrscht außer dem militärischen Treiben Todesstille, keine Glocke darf schon seit länger als Einem Monat weder geläutet noch angeschlagen werden, die Thürme d. i. die Glockenthürme sind bewacht, um 10 Uhr muß Alles Civil zu Hause seyn, die herrliche Allee vor Porta nuova und alle Bäume bis Porta St. Zeno sind auf 700 Metres umgehauen, innerhalb eines jeden Stadt¬ thores ist eine Barrikade mit einer Kanone aufgestellt, die Wälle sind gespickt mit Kanonen. — Vermtonliche Koner Aler, Jnl. Schindier, Murdeter F. 20. Arming. Druck und Verlag von Sandböck und Haas in Steyr.
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