Zwanglose Blätter, Nr. 43, vom 12. August 1848

Wer einmahl mit ihm spricht, ist sein Eigen für immer! Jetzt fasse ich den Enthusiasmus der Kroaten, dieses Hel= denstammes, der sein Blut für Oesterreichs Wohl und Ehre in Italien stromweise vergißt, während Undank und Ver= rath in seinem schönen Vaterlande wühlen, und der letzte Rest seiner Brüder sich kühn und muthvoll seinen Unterdrü= ckern entgegenstellt, um für seine Freiheit zu sterben! Nun zu dem mir ertheilten Auftrage: Als ich ihm sagte, daß wir Südslaven auf ihn als den Mann sehen, der als Oe= sterreichs Grundpfeiler die konstitutionelle Monarchie zu schützen berufen ist, daß wir zu diesem Ende uns um ihn zu schaaren bereit sind, da fiel mir der Banus sichtlich er= griffen ins Wort und sagte: „Ich verdiene so viel Aus= zeichnung nicht, ich bin kein außergewöhnlicher Mensch, ich bin ein schlichter aber ehrlicher Mann, glühe für die Frei= heit, meinen Kaiser und mein Volk. Dank Ihnen und Ihren slovenischen Brüdern, die mir als stammverwandte Brüder so theuer sind. Sind wir aufs Aeußerste gebracht, dann Freunde — heraus mit dem Flammberg! Sie haben meinem Herzen wohlgethan, darum empfangen Sie diesen herzlichen Händedruck — er ist für Sie und alle Slovenen.“ So nehmt ihn denn hin diesen warmen ritterlichen Händedruck möge er Euch, theuere Brüder ein getreuer Dollmetsch sein der Empfindungen, die mich dabei bewältigten. Meiner Brust entrang sich ein durch tiefe Rührung gedämpftes aber im Innern um so heller klingendes „Zivio!“ Gurnigg. Zivio!? Was soll dieser Mollakord, was soll dieser triste beengende Klang? Dieser fremde, melancholische Ruf, wie der langgezogene Pfiff des Kiebitzes, der über die moo= rige menschenleere Haide eines Landes hinabstreicht, über dessen Grenzen der Athem der Freiheit, das Licht der Bil= dung und Humanität noch nicht hineindrang. Laßt mich lieber hören die mit Blut tausend und aber tausendmal geschriebenen Worte jener romanischen Sprache, die nach langem Zwischenraume jetzt wieder auf neugeprägten Mün= zen uns zu Gesichte kommen, die Klänge innigst verwandt den Sprachlauten jener Völker, die in verdämmerten Göt= tertagen, als Mars den Krieg, Minerva den Geist und Venus die Herzen beherrschte, die Träger der Bildung wa= ren. Den Spuren dieser Laute ging der menschliche Geist nach, als er um seine Freiheit rang, seitab blieben in öst= lichen Steppen die rohen Worte der Kirgisen und Tata= ren, scheu opferten in Waldesnacht die Wenden und Obo= triten ihren blutbefleckten Göttern, ihren blutdürstigen Priestern und Herrschern, die in willkommener Un= wissenheit das Volk zu erhalten wußten. Es ist schwer zu begreifen, was das der Kraft und Einheit Oesterreichs nützen kann, wenn die Kroaten sich aus dem Verbande mit Ungarn losreissen, zu diesem Ende der verfassungsmäßigen Gewalt mit bewaffneter Hand den Gehorsam künden? Ist Jellachich darum ein großer Mann weil er dieses nicht hindern konnte, oder nicht hin= dern wollte? Oder soll uns vielleicht der durch diesen Hand= streich auch in Süden Oesterreichs zur mächtigen Thatsache gewordenen Separatismus der Slaven entzücken? Die Un= garn zu schmähen haben wir aber bis jetzt noch keine Ur= sache. Man sagt Ungarn habe sich seit den Märztagen von Wien losgerissen. Das ist nicht wahr. Wer Ungarns Geschichte und Grundsätze kennt, wird wissen, daß es mit seinen Kronländern immer ein selbständiges Reich — nie eine Provinz Oesterreichs — war und nur nach dem Erb= folgegesetze bis jetzt der Herrscher Oesterreichs, doch nicht als solcher, auch König von Ungarn war. Will sich Kroa= tien von Ungarn losreißen, so mag es das mit Ungarn schlichten; will es ein integrirender Theil des neuen Oe= sterreichs werden, so schwebt noch die Frage, ob ein so ge= waltiger Zuwachs von slavischer Bevölkerung für den Be= stand unseres Reiches, das durch und um einen deut= schen Kern sich bildete, gar so wünschenswerth ist. Wegen Schritten, wie die Sendung des Grafen Zichy Ferrari nach Petersburg, dürfen wir die Ungarn noch nicht insgesammt verdammen. Das ist ein Streich der Ari= stokratie, die in Ungarn ebenso unverbesserlich ist als in Agram — Innsbruck, Ischl und London. Vergessen wir nicht den Heldenmuth und die Aufopferung der Ungarn für Oesterreichs Sache in den Tagen Maria There= iens, vergessen wir nicht die Ströme Blutes die Ungarns Söhne im vorletzten Befreiungskampfe Deutschlands vergossen! Vergessen wir nicht einen gerechten Maßstab und nicht jenen, den uns Innsbruck reichte zur Hand zu neh= men, wenn wir die Größe des großen Banus von Kroa= Al. Jul. Schindler. tien messen. An die Frau Erzherzogin Sosie. (Schluß). Sie kamen nicht zurück, Sie setzten Ihre Reise Tag und Nacht fort mit einer Hast, als wäre die Acht ergangen über die Kaiserfamilie. Wo Sie durchkamen, trugen Sie Ihre leichte Bekleidung zur Schau, schüttelten Sie Ihre erkälteten Glieder, feilschten um etwas Linnenzeug, löschten Ihren Durst an den Thränen, stillten Ihren Hunger mit den Brosamen aufgeschrekter Unterthanenliebe. Ihre Hel= fershelfer vollendeten mit Worten, was Sie in lebenden Bildern aufgeführt hatten. Ein Laczansky, ein Ho= henbruk, ein Bombelles übernahmen es Oesterreichs Völker gegen Wien aufzuwiegeln. Das waren schlechte Werkzeuge; allzuscharf macht schartig und noch hätte die Schärfe weniger geschadet, wäre das Werkzeug nicht gar so plump gewesen. Mit einem Hakmesser vollbringt man keine lebensgefährliche Operation. Die Herren sprachen von gekreuzten Waffen im Schlafgemache des Kaisers, Bombelles riet sich den Czechen in die Arme zu wer= fen. Das gefiel wohl diesen um ihrer eigenen Pläne wil= len, die Anderen aber sannen nach und unsere Deputirten brachten Aufklärung. Indessen sann auch Wien nach. Der Hof hatte seine Reise unaufhaltsam nach Innsbruk fortgesetzt, die Abge= ordneten des Ministerrathes, die des Volkes erhielten einen kühlen Empfang, die Ergüsse Ihrer Söldlinge wurden be= kannt, der Spießbürger selbst schüttelte den Kopf.

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