Zwanglose Blätter, Nr. 43, vom 12. August 1848

Zwanglose Blatter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 12. August 1848. 43. Nein, sage mir, was soll das werden? Das tolle Zeug, die rasenden Gebärden, Der abgeschmakteste Betrug, Dr. Faust. Sind mir bekannt, verhaßt genug. Kroatiens großer Banus. Kroatiens großer Banus kam in den letzten Tagen des Juli in Wien an und nahm sein Quartier im Gast= hofe zum wilden Mann. Wien stutzte. Was will der Hochverräther hier, der in Waffen steht gegen die Befehle seines Königes? Es sei ein Vergleich beabsichtigt zwischen den streitenden Magyaren und Kroaten oder vielmehr zwi= schen den Magyaren und den Slaven in den uralt ver= einigten ungarischen Kronländern. Erzherzog Johann werde auch hier der Pacifikator sein. „Auch hier?“ fragten viele Stimmen, „wo war es denn schon? hat dieser unver= antwortliche Reichsverweser der monarchisch=demokratischen Partei in der Paulskirche, die den Ränken des Höflings Gagern erlag schon befriedigende Garantien geboten? Soll das Reichsministerium Gagern=Schmerling=Peucker eine solche abgeben?“ Diese Incidenzfrage verlor sich aber in den bitteren Debatten der Klubbs. Unterdessen zündeten sich die Of= fiziere der Wiener Garnison — obwohl nicht am heiligen Feuer der Freiheit — ihre Fakeln an und marschirten in die Kärntnerstrasse und fakelten und scherwenzelten vor dem „wilden Mann“ herum, vor dem Reichsmarschall des nicht demokratisch=, sondern absolut=konstitutionellen Oesterreichs, der die Truppen führen wird gegen die rebellischen Wiener und seine Soldaten einquartiren wird in das Haus jedes Rebellen in den Provinzen (für Linz genügen 2 Mann), vor dem Reichsmarschall, der ziehen wird vor Wien, wie Alexander vor Babilon, geschmückt mit einer schwarzgelben von der Frau Erzherzogin Sofie gestickten Schärpe, die so lange sein wird als das Veto, das fromme Sklavenseelen unse= rem gütigen Kaiser zugedacht haben. Wien ließ diese De= monstration des Militärs und, der Slaven ganz ruhig zu Ende gehen und die Nationalgarde wehrte an diesem und am folgenden Tage jedem Ausbruche des Unwillens, und bewies so, daß sie das Gastrecht unverletzt wissen wollte, auch gegen einen Mann, den der Kaiser mit dem Namen „Hochverräther“ gebrandmarkt hatte, ohne seither die= sen Ausdruck zurückzunehmen! Der Banus ist ein hübscher Mann und noch in sei= nen besten Jahren. Ich sah ihn in der Kammer. Er ist groß und stark — etwas kahlköpfig, vielleicht vom ange= strengten Nachdenken wie Oesterreich aus den Calamitäten der Freiheit zu erretten und zurückzuführen wäre in den alleinselig machenden Schooß des alten Regimes. Jella= chich hat sich übrigens gut konservirt und kann der ehrgei= zigen Wittelsbacherin noch manche Freude bereiten. Eine gewisse Partei bestrebt sich jede Reise des Banus zu einem Triumphzug zu verklären, greift aber nicht durch und wir wünschen ihr ein gleiches Schicksal für alle Zukunft. Ein Abgesandter der Slavonier begrüßte den Banus in Gratz und seinen Bericht an die slavonischen Brüder theile ich hier aus der Zillier Zeitung mit. Gratz, 3. August 1848. Kroatiens großer Banus war vorgestern hier! Ich übergehe die ihm vom Gouverneur, dem Nationalgarde Oberkommandanten, Generalen v. Pürker, der National= garde und dem Bürgerkorps 2c. erwiesenen sinnigen Auf= merksamkeiten, und beschränke mich nur darauf meinen slo= venischen Brüdern Bericht abzustatten über das, was sie und mich betrifft. Ich hatte die Ehre dem Banus abgesondert meine Aufwartung zu machen, und ihn im Namen der Slovenen der höchsten Verehrung, und der wärmsten Liebe, sein Volk, das treue und tapfere Volk der Croaten aber durch ihn unserer innigsten Simpathien zu versichern. In wie ferne es mir aber gelang, meinen Gefühlen, von denen mein Herz überströmte, den richtigen Ausdruck zu geben, weiß ich, bei Gott nicht mehr. — Meine Brust war so voll der Begeisterung als ich dem ritterlichen, und doch so herzlichen gemüthreichen Banus gegenüber stand, daß ich für meine Worte kein Gedächtniß behielt. Daß er mich aber verstand, bewies mir sein so herzliches, liebevolles Begegnen. Dieser Mann, dessen Liebe zu Fürst und Vaterland selbst die empfindlichsten Kränkungen, der schwärzeste Un= dank nicht zu schwächen im Stande sind, dessen Muth Nichts zu beugen vermag, dieser Mann ist unwiderstehlich.

Wer einmahl mit ihm spricht, ist sein Eigen für immer! Jetzt fasse ich den Enthusiasmus der Kroaten, dieses Hel= denstammes, der sein Blut für Oesterreichs Wohl und Ehre in Italien stromweise vergißt, während Undank und Ver= rath in seinem schönen Vaterlande wühlen, und der letzte Rest seiner Brüder sich kühn und muthvoll seinen Unterdrü= ckern entgegenstellt, um für seine Freiheit zu sterben! Nun zu dem mir ertheilten Auftrage: Als ich ihm sagte, daß wir Südslaven auf ihn als den Mann sehen, der als Oe= sterreichs Grundpfeiler die konstitutionelle Monarchie zu schützen berufen ist, daß wir zu diesem Ende uns um ihn zu schaaren bereit sind, da fiel mir der Banus sichtlich er= griffen ins Wort und sagte: „Ich verdiene so viel Aus= zeichnung nicht, ich bin kein außergewöhnlicher Mensch, ich bin ein schlichter aber ehrlicher Mann, glühe für die Frei= heit, meinen Kaiser und mein Volk. Dank Ihnen und Ihren slovenischen Brüdern, die mir als stammverwandte Brüder so theuer sind. Sind wir aufs Aeußerste gebracht, dann Freunde — heraus mit dem Flammberg! Sie haben meinem Herzen wohlgethan, darum empfangen Sie diesen herzlichen Händedruck — er ist für Sie und alle Slovenen.“ So nehmt ihn denn hin diesen warmen ritterlichen Händedruck möge er Euch, theuere Brüder ein getreuer Dollmetsch sein der Empfindungen, die mich dabei bewältigten. Meiner Brust entrang sich ein durch tiefe Rührung gedämpftes aber im Innern um so heller klingendes „Zivio!“ Gurnigg. Zivio!? Was soll dieser Mollakord, was soll dieser triste beengende Klang? Dieser fremde, melancholische Ruf, wie der langgezogene Pfiff des Kiebitzes, der über die moo= rige menschenleere Haide eines Landes hinabstreicht, über dessen Grenzen der Athem der Freiheit, das Licht der Bil= dung und Humanität noch nicht hineindrang. Laßt mich lieber hören die mit Blut tausend und aber tausendmal geschriebenen Worte jener romanischen Sprache, die nach langem Zwischenraume jetzt wieder auf neugeprägten Mün= zen uns zu Gesichte kommen, die Klänge innigst verwandt den Sprachlauten jener Völker, die in verdämmerten Göt= tertagen, als Mars den Krieg, Minerva den Geist und Venus die Herzen beherrschte, die Träger der Bildung wa= ren. Den Spuren dieser Laute ging der menschliche Geist nach, als er um seine Freiheit rang, seitab blieben in öst= lichen Steppen die rohen Worte der Kirgisen und Tata= ren, scheu opferten in Waldesnacht die Wenden und Obo= triten ihren blutbefleckten Göttern, ihren blutdürstigen Priestern und Herrschern, die in willkommener Un= wissenheit das Volk zu erhalten wußten. Es ist schwer zu begreifen, was das der Kraft und Einheit Oesterreichs nützen kann, wenn die Kroaten sich aus dem Verbande mit Ungarn losreissen, zu diesem Ende der verfassungsmäßigen Gewalt mit bewaffneter Hand den Gehorsam künden? Ist Jellachich darum ein großer Mann weil er dieses nicht hindern konnte, oder nicht hin= dern wollte? Oder soll uns vielleicht der durch diesen Hand= streich auch in Süden Oesterreichs zur mächtigen Thatsache gewordenen Separatismus der Slaven entzücken? Die Un= garn zu schmähen haben wir aber bis jetzt noch keine Ur= sache. Man sagt Ungarn habe sich seit den Märztagen von Wien losgerissen. Das ist nicht wahr. Wer Ungarns Geschichte und Grundsätze kennt, wird wissen, daß es mit seinen Kronländern immer ein selbständiges Reich — nie eine Provinz Oesterreichs — war und nur nach dem Erb= folgegesetze bis jetzt der Herrscher Oesterreichs, doch nicht als solcher, auch König von Ungarn war. Will sich Kroa= tien von Ungarn losreißen, so mag es das mit Ungarn schlichten; will es ein integrirender Theil des neuen Oe= sterreichs werden, so schwebt noch die Frage, ob ein so ge= waltiger Zuwachs von slavischer Bevölkerung für den Be= stand unseres Reiches, das durch und um einen deut= schen Kern sich bildete, gar so wünschenswerth ist. Wegen Schritten, wie die Sendung des Grafen Zichy Ferrari nach Petersburg, dürfen wir die Ungarn noch nicht insgesammt verdammen. Das ist ein Streich der Ari= stokratie, die in Ungarn ebenso unverbesserlich ist als in Agram — Innsbruck, Ischl und London. Vergessen wir nicht den Heldenmuth und die Aufopferung der Ungarn für Oesterreichs Sache in den Tagen Maria There= iens, vergessen wir nicht die Ströme Blutes die Ungarns Söhne im vorletzten Befreiungskampfe Deutschlands vergossen! Vergessen wir nicht einen gerechten Maßstab und nicht jenen, den uns Innsbruck reichte zur Hand zu neh= men, wenn wir die Größe des großen Banus von Kroa= Al. Jul. Schindler. tien messen. An die Frau Erzherzogin Sosie. (Schluß). Sie kamen nicht zurück, Sie setzten Ihre Reise Tag und Nacht fort mit einer Hast, als wäre die Acht ergangen über die Kaiserfamilie. Wo Sie durchkamen, trugen Sie Ihre leichte Bekleidung zur Schau, schüttelten Sie Ihre erkälteten Glieder, feilschten um etwas Linnenzeug, löschten Ihren Durst an den Thränen, stillten Ihren Hunger mit den Brosamen aufgeschrekter Unterthanenliebe. Ihre Hel= fershelfer vollendeten mit Worten, was Sie in lebenden Bildern aufgeführt hatten. Ein Laczansky, ein Ho= henbruk, ein Bombelles übernahmen es Oesterreichs Völker gegen Wien aufzuwiegeln. Das waren schlechte Werkzeuge; allzuscharf macht schartig und noch hätte die Schärfe weniger geschadet, wäre das Werkzeug nicht gar so plump gewesen. Mit einem Hakmesser vollbringt man keine lebensgefährliche Operation. Die Herren sprachen von gekreuzten Waffen im Schlafgemache des Kaisers, Bombelles riet sich den Czechen in die Arme zu wer= fen. Das gefiel wohl diesen um ihrer eigenen Pläne wil= len, die Anderen aber sannen nach und unsere Deputirten brachten Aufklärung. Indessen sann auch Wien nach. Der Hof hatte seine Reise unaufhaltsam nach Innsbruk fortgesetzt, die Abge= ordneten des Ministerrathes, die des Volkes erhielten einen kühlen Empfang, die Ergüsse Ihrer Söldlinge wurden be= kannt, der Spießbürger selbst schüttelte den Kopf.

Da brach der 26. Mai herein. Die Wiener wurden abermals aus dem Schlafe geschrekt durch einen unheim= lichen Morgengruß: die Universität ist cernirt, hieß es, und rüstet sich. Wien rieb dießmal seine Augen klar und rein, sprang auf, schürzte wieder sein Kleid, ging wieder an die Tagesarbeit. Sie war eine andere! Keine Weh= muth mehr, kein Staunen, auch kein Hohn, Entschlossenheit bis auf den letzten Mann. Nur wenige Feige und Ge= sinnungslose verließen die Stadt. — Die gesperrten Thore, die schlagfertige Garnison, die aufgefahrenen Kanonen, nichts schreckte; heute Dir, morgen mir, sagte der Bürger und eilte ungerufen auf seinen Sammelplatz, in langen Zügen mit Spaten und Haken zogen die Arbeiter unauf= gefordert der bedrängten Stadt zu Hilfe, rings türmten sich die Barrikaden auf — das Haus Habsburg erlitt einen gewaltigen Riß. Der Riß war Ihr Werk, Frau Erzherzogin. Ihnen wollte man die akademische Legion als Sühnopfer schlachten, man ergriff das törichste der Mit= tel. Gegen den gelähmten Löwen den Todesstoß führen, hieß ihn aufscheuchen zu neuem Leben, hieß allen Beistand hervorrufen, den stets der Verfolgte findet. Drachenzähne säeten ihre Schergen und eine unerwartete Saat ging rie= sengroß auf in dem Siege des Volkes. Darüber haben wir uns nicht zu beklagen, allein der Erfolg ist nicht immer der Stempel der That und wie, wenn es uns, die wir der Freiheit Stärke und Gedeihen wünschen durch das Vertrauen nach oben und unten, die wir festhalten an dem angestammten Kaiserhause, wenn es uns schmerzte, daß ein Glied dieses Hauses selbst die Fa= kel der Zwietracht schwang? Der künftige Thron Ihres Sohnes war der einzige, der nicht wankte weit umher, den die Treue und Anhäng= lichkeit der Völker an ihren Fürsten stüzte — begreifen Sie nicht Frau Erzherzogin, daß das in unserer Zeit mehr heißt als sonst ein Königreich von Gottes Gnaden? Und gerade sie, vom bösen Wahne getrieben, mußten daran rüt= teln? Können Sie das verantworten vor sich selbst, vor Ihrer Familie, vor dem Lande? Ists nicht so? Geschieht Ihnen Unrecht, wenn man die Schuld in Ihre fürstlichen Schuhe schiebt? Man sprach so lange von der Kamarilla, man kannte die Fäden, man suchte umsonst die Hand, die sie hält. Da streckten Sie sie den Männern entgegen, die nochmals gezogen kamen aus allen Schichten der Gesell= schaft, in den Farben aller Parteien, vom Hofmanne bis zum Demokraten, mit dem Ausdrucke der aufrichtigsten Huldigung Wiens. Hohe Frau, vor 24 Jahren sah ich Sie einziehen in die Residenz, strahlend von Jugend und Schönheit. Wie jauchzte Ihnen die Bevölkerung zu, welche Hoffnungen knüpften sich an Ihre Person! Ihr Bild von damals blieb mir tief eingeprägt, es wurde mit mir groß und reif, ich hegte und pflegte es, ich umgab es mit der Aureole von Oesterreichs Zukunft. Wie sah ich Sie jetzt wieder! Die schönen Züge verzerrt, das Auge stechend, die Lippen bleich, mit dem Fuße bebend, so empfingen Sie uns zu Inns= bruck. Kein Wort der Bitte, kein Wort des Ernstes fand Eingang. Ihre eigenen höchsten Interessen, die sich an die Rückkehr knüpfen, berührten wir, Sie hingegen mein= ten, ein jeder müsse seiner Ueberzeugung folgen und das Landvolk bleibe Ihnen immer ein kräftiger Schutz gegen das anmaßende Wien, da schauderten wir und ließen die Schrecken des Bürgerkrieges durchblicken: Sie zuckten mit den Achseln — unglückliche Frau, wohin hat Sie Leiden= schaft und böse Einflüsterung gebracht! Sie werden sich und Ihren Gemal unmöglich machen, dringen Sie wenig= stens Ihre Ueberzeugung nicht auch Ihrem Sohne auf. Ich mahne hier als Legitimist, weniger im Namen des Volkes. Völker gewöhnen sich gar leicht an eine neue Ordnung der Dinge. Lassen Sie mich die nakte Wahrheit sagen, Innsbruk fängt an aus dem Gedächtnisse zu kom= men und die Gemüter wenden sich mit vollem Herzen Dem zu, der von der Liebe und dem Vertrauen des gan= zen Volkes getragen wird. Der einfache bürgerliche Prinz war nie Ihr Freund, der starre Ludwig war's; jetzt zieht Er ein in die Burg seiner Ahnen unter dem Jubel Wiens, unter der Begeiste= rung von vierzig Millionen Deutschen. Sie vermögen nicht miteinzustimmen, Sie eine deutsche Frau, und als die gutkaiserlichen Innsbruker dem deutschen Reichsverwesen die Ehre eines Fackelzuges gaben, erschienen die Majestä= ten, erschien Franz Karl auf dem Balkone, nur Sie mit Ihren Kindern fehlten. Und doch müssen Sie auf den verkannten, verfolgten Johann als auf Ihren Rettungsanker sehen. Täuschen Sie sich nicht länger. Ihres Heiles wegen, um all des Unheils willen, das zu befürchten steht, beschwöre ich Sie, Frau Erzherzogin, lassen Sie ab von ihrem Starrsinne, beugen Sie sich vor der unvermeidlichen Volksberechtigung lenken Sie ein — sonst wird auch in Ihr Ohr der Für= stenfluch unseres Jahres sein eisernes „zu spät“ rufen. Nehmen Sie sich in Acht, daß die Augen nicht auf dem jungen Aste haften bleiben, der emporblüht an dem Habsburgerstamme, daß er nicht zur Krone sich entfalte, wenn die andern morsch zusammenbrechen. Dieses Astes Keim wurzelt im Volke, aus der Alpe frischem Blute saugt er seine Nahrung, wie leicht könnte ihn ein Windzug von seiner Berge Höhen auf die des Lebens tragen! Sie la= chen dazu? Sie denken an Ihre Bauern, vielleicht an die Czechen und Kroaten. Trauen Sie nicht zu sehr, der Bür= gerkrieg wäre Ihr Verderben und könnten Sie ihn im Ernste aufflammen sehen aus wilder Glut? Nein und nim= mermehr. Jedes Weib hat ein Herz, Sie sollten keines haben? Müßten Sie nicht fürchten, daß dann in der ern= sten letzten Lebensstunde Ihr Gewissen stärker zucken würde, als neulich Ihre Achseln? Darum, Frau Erzherzogin, lenken Sie ein, Noch ist's Zeit, Noch trat das Gift nicht über diese Lippen! Weisen Sie Ihrem Sohne den Platz an, der ihn mit der Vergangenheit ausgesöhnt und ihm die Zukunft sichert — er ist an der Seite Johanns. Unser gütiger

Kaiser wird seinem Lande das letzte Opfer bringen und die Zügel der Regierung wieder ergreifen. Auch Sie müs= sen eines bringen und fühnen, wo sie gefehlt haben. Ge= hen Sie muthig in den Kampf zwischen Mutterliebe und Unterthanenpflicht, die das Vaterland von Ihnen fordert wie von dem letzten Bürger. Trennen Sie sich von ihrem Sohne. Wer künftig an der Spitze der Regierung stehen will, muß das Volk lieben und ihm vertrauen, damit auch er des Volkes Vertrauen und Achtung genieße. Dann wird das Volk glauben, daß der Regent seine Gesetze hal= ten und halten lassen wolle. Das kömmt nicht über Nacht. Leider betrauten Sie mit der Erziehung Ihrer Söhne ei= nen Fremdling*), den die Natur im Mutterleibe schon als Idioten und Jesuiten gezeichnet hat, ohne ihm die Gutmü= thigkeit des ersteren oder die Feinheit des letzteren zu ge= ben. Beschränkt im Kopfe, leer im Herzen ließ dieser Mensch Ihren Kindern nicht einen Tropfen guten Blutes, wie je= ner Brave, der vor einiger Zeit Ihrem Hofstaate ange= hörte, wehmüthig ausgerufen hat. Nun heißt es die al= ten Lehren wie Pestbeulen ausbrennen und neues Blut einimpfen. Das kann in Ihrer Nähe nicht geschehen, wo der Verräter immer noch im Hintergrunde lauert, da= zu ist's zu spät und mißtrauisch würde man Sie an der Seite Ihres Sohnes sehen, während alle Herzen frisch aufatmen und dem Jünglinge freudig entgegen schlagen werden, wenn ihn Prinz Johann den steilen Pfad hi= nangeleitet zu dem Trone seiner Väter. Er wird es thun mit kräftiger Hand, mit weisem Sinne, mit aufrichtigem Willen — bauen Sie darauf, Johann ist kein Ehrsüchti= ger. Er wird es thun mit des Volkes Beistand, mit des Volkes Ergebenheit. Er wird es thun mitten in den deut= *) Bombelles, schen Gauen, unter deutscher Treue, deutscher Redlichkeit. Wie wenn dort ihres Sohnes Größe einen Staffel fände, die 1000 Jahre zählt? Sie aber, erlauchte Frau, folgen Sie dem Beispiele Ihres königlichen Bruders, der, als er treu seiner ganzen Lebensrichtung nicht einstimmen konnte in die Forderung der Neuzeit, ihr darob nicht grollte, sondern vom Throne herabstieg, um ihn für seinen Sohn und das Land vor neuen Zerwürfnissen zu retten, würdig eines Walhallage= nossen. Sehen Sie ferne vom Schauplatze ruhigen Ge= müthes den Entwiklungen des erwachten Völkerbewußtseins zu. Sie sind eine Freundin der schönen Natur, gehen Sie zu Ihrer kaiserlichen Schwester, vielleicht legen sich an de= ren Witwensitze die Stürme, die Sie durchtoben; bitten Sie dort den Kardinal Erzbischof, den frommen Seelenhir= ten, daß er Sie auferbaue mit der Grundlehre des Chri= stenthums und Sie zu dem Gefühle erhebe: Den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Als vorurtheillose Zuseherin wer= den Sie eine andere Anschauung von der Weltbühne er= langen und wenn Ihr Sohn, erstarkt in der neuen Lehre, als ein Freier an Geist und Gemüth regieren wird ne= ben und durch die Freien, dann mögen Sie zu ihm zurück= kehren und Sie werden erkennen, daß es noch ein höheres Glück gebe als zu herrschen über einen Haufen Ge= knechteter, selbst ein Sclave seiner Umgebung von schönen Garden, feilen Woldienern und selbstsüchtigen Günstlingen: das Glück des reinen Gewissens. Hiermit, Frau Erzherzagin, schliesse ich. Tragen meine schwachen Worte auch nur zum tausendsten Theile bei unsere nächste Zukunft zu befestigen, so habe ich meine Pflicht als konstitutioneller Bürger erfüllt. In dieser Hoffnung verharre ich Ihr treu anhänglicher Diener. Neuestes. Der Kaiser kehrt heute auf das Verlangen des die Völker Oesterreichs repräsentirenden Reichstages nach Wien zurück. Werden die Mitglieder der Innsbruker Ca= marilla seine Person auch in Wien umgeben? Als Unterstaatssekretäre im Ministerium der Justiz sind von Mitis und Baron Pratobevera, der Sohn des berühmten Herausgebers der „Materialien für die Gesetz= kunde“ ernannt. Der frühere Generalsekretär in diesem Mi= nisterium „Hye“ scheint somit seiner Stelle enthoben zu sein. Ein Bürgerverein ist hier ins Leben getreten. Glück auf! Gewählt hat er zum Präsidenten: F. W. Arming, k. k. Kreis=Wundarzt, Vicepräsid. ist: Bräumeister Seidl, Schriftführer: A. J. Schindler, Stellvertreter: Ernst Schindler, Gewerke. Erzherzog Johann soll in Salzburg eine Unterre= dung mit dem Erzherzog Franz Karl gehabt haben. Das Kriegsministerium bringt folgende telegraphische Depeschen über die Besitznahme Mailands zur öffent= lichen Kenntniß: I. Telegraphische Depesche von Cilly am 9. August. „Heute Früh kam ein Kourier mit der Nachricht von der Einnahme Mailands.“ II. Telegra= phische Depesche am 9. August 1848. „Feldmarschall Graf Radetzky hielt am 6. d. M. um 10 Uhr Vormittags unter allgemeinem Jubel seinen Einzug in Mailand. Die Stadt ist vollkommen ruhig.“ Mit einem Ergänzungsblatt Nr. 11. Verantwortlicher Redacteur Alex. Jul. Schindler; Mitredakteur F. W. Arming. Druck und Verlag von Sandbök und Haas in Steyr.

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