Zwanglose Blätter, Nr. 41, vom 5. August 1848

bedarf energischen Auftretens, wir sollen nicht vor die Stufen des Thrones gehen, die von der Camarilla um= geben sind, und bitten, was dem Willen der Camarilla genehm sein wird; wir dürfen nicht bitten, weil wir nicht zulassen dürfen, daß durch längere Abwesenheit der Reaktion möglich wird, ihre Gelüste durch Einschrei= ten zu bethätigen. Wir müssen als freie Männer spre= chen und vor den Thron des Kaisers, den wir noch alle innig lieben, und von dem wir glauben, daß ihm Glück, Ruhe und Ordnung so heilig als uns ist, hintreten. Wir müssen fordern im Namen des Ge= setzes, im Namen des Volkes, im Namen der Vertreter des Volkes.“ Sein Antrag findet vielseitige Zustimmung nur der Hochtory Stadion, nachdem er viel des Lobes über das ausgezeichnete Benehmen Wiens, viel des Tadels über die Behörden ausgesprochen, sich in einigen Angriffen auf den Sicherheitsausschuß gefallen, und auch das Ministerium nicht auf das Freundlichste in Betrachtung gezogen, spricht gegen Claudi und behauptet, man müsse Se. Majestät bit= ten, man könne ihm nicht befehlen, oder von ihm fordern, indem man dadurch sich selbst schänden würde und eine solche Art der Würde eines freien Volkes nicht angemes= sen wäre (häufiges anhaltendes Zischen — dürfte wohl auch in ein etwaiges Ministerium Stadion hinüber tönen.) Hierauf Fischhof: „Als man von uns Garantie verlangte, sagte ich als Präsident des Sicherheits=Ausschusses, daß wir keine an= dere Garantie geben können, als die Liebe Wiens zu seinem Kaiser, und das sprechen wir jetzt im Namen aller Völker aus. Als am 18. Mai alle Elemente der Anarchie vorhanden waren, da waren alle Bewohner Wiens einstimmig, der Anarchie und der Reaktion ent= gegenzutreten, und der Abgeordnete Stadion verlangt noch Garantien. Später traten Männer zusammen, die bloß das Vertrauen des Volkes hatten, und sie hielten Ordnung und Sicherheit aufrecht, und der Abgeordnete Stadion verlangt noch Garantien. Gegenwärtig sind alle Abgeordneten Oesterreichs beisammen, und halten sich für sicher, und der Abgeordnete Stadion verlangt noch Garantien? Wenn jemand berechtigt ist Garantien zu fordern, so sind wir es. Wir wollen aber keine Garantien, wir wollen blos Vertrauen gegen Vertrauen, und diese Forderung muß die Kammer aussprechen.“ So spricht Fischhof und nicht enden wollender Zuruf beweist, wie wahr sein Gefühl, wie sehr er im Herzen des Volkes gelesen, ebenso Abgeordneter Brestel, welcher die bemerkenswerthen Worte sagt: „Es ist die Pflicht des Kaisers zu kommen, denn wer ein Amt übernimmt, übernimmt auch die Pflichten, die damit verbunden sind, und diese Pflichten kann der Kai= ser nur hier ausüben, darum muß ich mich auch dagegen erklären, daß der Kaiser einen Stellvertreter schicke, das darf nur im dringendsten Falle geschehen und da muß man uns fragen, ob und welchen Stellvertreter wir wollen.“ Der Reichstag beschloß den Entwurf einer Adresse in der Sr. Majestät die dringliche Nothwendigkeit seiner baldigen Rückkehr ans Herz gelegt wurde, und die durch eine Deputation aus der Mitte des Reichstags dem Kai= ser überbracht werden sollte. Nur Claudi, Fischhof und Brestel stehen auf demo= kratischem Boden, mit richtigem Verständniß horchten sie auf den stürmischen Mahnruf der Zeit; sie blieben mit ein paar Freunden in ihrer Meinung vereinzelnt. Der politische Sinn zwischen „bitten" und „fordern“ wurde nicht aufgefaßt. Am 29. Juli hätte sich der Reichstag einen Lorber= kranz auf die Stirne drücken, seinen Namen mit goldenem Grif= fel auf ewig ins Buch der Geschichte eingraben können. An diesem Tage hätte er das demokratische Prinzip mit ihm die Revolution und ihre Consequenzen in weitester Aus= dehnung anerkennen sollen. Er hat es nicht gethan! Mit= und Nachwelt wird ihn richten!! Im demokratischen Staate ist das Volk die Quelle jeder Majestät, das Volk bekleidet den Herrscher mit sei= ner Würde, und äußert sein Wollen durch seine Vertreter; — die Rechte aller Staatsbürger sind gleich, aber auch ihre Pflichten; jede Sonderstellung, jede Kaste ist unver= träglich mit seinem Bestande; jede Kraft des Einzelnen ist zinsbar dem Wohle des Ganzen; in der Einheit liegt seine Macht. Die Aufgabe des konstituirenden Reichstags ist es, den Staat nach diesen Grundsätzen aufzubauen; dazu ist des Kaisers Gegenwart unbedingt nothwendig, soll der Vertrag zwischen Kaiser und Volk (das Reichsgrundgesetz) naturgemäß und ehrlich geschlossen werden. Der herzlichste Jubel seiner Wiener wird den Kaiser in seiner Väter Burg willkommen heißen; möge er dorthin bald vertrauungsvoll zur Wahrung der Freiheit und des Friedens, zum Wohl seiner Völker und zum Ruhm seines Hauses zurückkehren, möge er denn ahnungsvollen Sinn der Worte König Lud= wigs beherzigen „ - - - - Die Throne stürzen Vertilgend flieht über sie die Zeit.“ ehe hin nach Innsbruck ein donnerndes „Zu spät“ durch die Schluchten der Tiroler Berge schallt. C....t Association ist ein Wort, welches man jetzt häufig genug hört, und dazu mit Freude und Stolz: „es ist uns das Recht dazu gegeben!“ Es bilden sich auch, wohin man blikt, Ver= eine jeder Art und jeden Namens. Vor den Märztagen konnte dieses nicht ohne Sanktion der Polizei geschehen, und diese erhielten nur solche, welche in Eisen und Holz, mit Dampf= oder Wasserkraft zu arbeiten versprachen, .... jetzt ist es anders, jetzt bilden sich Vereine zu anderen Zwe= ken und fragen um die polizeiliche Weihe nicht erst an, Vereine, welche Rükkehr oder Erringung eines geordneten, friedlich freien Zustandes auf der Basis der Rechte und der Gesetze er=

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