Zwanglose Blätter, Nr. 27, vom 18. Juni 1848

Bürger und Bauern aus allen Gegenden Oberösterreichs und dazwischen die treuen Wiener=Soldaten des Regi= mentes Hoch= und Deutschmeister, alles bunt durcheinan= der * so ist es recht: die Freiheit kennt kein Unten und kein Oben, sie macht uns Oesterreicher alle gleich zu echten Deutschen. In derselben bunten Mischung zog nach aufgehobener Tafel, bei welcher in den Zwischen= pausen einzelne Sprecher auftraten, die ganze Menge in die Stadt auf den Hauptplatz, von wo aus sich einige hierhin, die anderen dorthin begaben, je nachdem sie ihre Neigung bestimmte und noch in später Nacht vernahm man in den Gässen der Provinzialhauptstatt die harmo= nischen Gesänge der Liedertafel, das Vivatrufen der frei= heitbegeisterten zu Brüder vereinten Ober= und Un= terösterreicher. Aber die Deputation sollte nicht allein für die Stadt Linz gekommen sein, — dieß eröffneten ihr die anwesenden Welser, Gmundner, Steyrer, — und es wurde der Ein= ladung freundliche Folge geleistet. Bürger, Nationalgar= den und Studenten 50 an der Zahl verließen am 14. Mai am frühen Morgen mit dem ihnen zur Verfügung ge= tellten Eisenbahntrain Linz, um im feierlichen Zuge die Bewohner von Wels und Gmunden zu besuchen. Dreißig von ihnen kamen zu uns nach Steyr herüber. Als Führer die ser Abtheilung begrüßten wir Wurmb, Valentin, Krakowitzer Steph., Maux und Heller, ich bedaure, nicht die Namen aller der braven Freiheitskämpfer hier nennen zu können. Wir waren ihnen bis gegen Stein, auf der Straße entgegen= gezogen, ein Theil der Musikbande unsers Bürgerkorps voraus — ein so eben abgehaltenes Leichenbegängniß wo wir einen unserer Mitbürger zu Grabe begleitet, hatte viele Garden vereint, — mit der im Winde flat= ternden deutschen Fahne die vor Kurzem noch auf eine der Barrikaden in den Gässen Wiens gestanden hatte, rückte die Truppe auf uns zu. Am Abende fand in den ehemaligen Mayr'schen Garten ein Bewillkommungs= und Verbrüderungs=Fest statt, und es fehlte nicht an Dank und Erinnerung an die Geburtstage unserer Freiheit. Alle Stände vereinigten sich in einem schönen Kranze, dessen schwarz= roth= goldenes Band die Stürme der Zeit, die Ge= walt der lauernden Tyraney nicht mehr zu zerreißen im Stande sein werden. Wie ich vernommen, waren die Deputirten in Wels, Lambach, Gmunden, und so allenthalben mit demselben Jubel empfangen worden, — und es war ihnen in Ober= österreich der schöne Beweis gegeben, daß man hier die Schlußworte ihrer Adresse wohl verstehe, wo es heißt „Seid einig! in der Einigkeit liegt die Kraft und die Kraft verbürgt die Freiheit! F. W. Arming. Neuestes. Prag. Ueber den Beginn der gegenwärtigen blu= tigen Conflicte in Prag können wir folgendes Zuverlässige nun mittheilen. Die sehr lange in Gährung begriffen ultra=czechische Partei suchte nämlich in dem Umstande, daß Fürst Windischgrätz nach der am Sonntage abgehaltener Militärparade, 2 bespannte Batterien auf den Hradschin, 2 auf dem Wischherad und eine in der Josephskaserne auf führen ließ, eine Veranlassung zum offenen Hervortreten zu finden. Eine aus ihnen gewählte Deputation begab sich am selben Tage noch zum Erzherzog Ferdinand Karl, Re= chenschaft für diese Maßregel fordernd, erhielt aber zur Antwort, daß er von der Sache nichts wisse, und daß er das Kommando bereits an den Fürsten Windischgrätz über= tragen habe. Montags gegen 12 Uhr (für diesen Tag fürchtete man nach umhergehenden Gerüchten schon sehr) zog nach abgehaltener slavischen Feldmesse eine Schaar von Swornost und Pöbel vom Roßmarkt über den Graben, Schmählieder singend und bewegte sich durch das Thor des Pulverthurms bis zum Generalcommando hin. Dort begaben sich einige zum Fürsten, fragten denselben um die Ursachen der getroffenen militärischen Maßregeln, erhielten aber zur Antwort, daß er darüber ihnen keine Antwort schuldig sei, Gewehre und Kanonen, welche von ihm auch verlangt werden, könne er nicht geben, da sie sein Eigen= thum nicht seien, was aber die Forderung betreffe, er möge abtreten, so hänge dieses vom Kaiser ab; er gebe ihnen aber jedenfalls die Versicherung, daß, so wie er früher ein fester Anhänger des alten Systems gewesen, nun ein eben so fester des neuen constitutionellen sein werde. Die= es Alles befriedigte die unten dicht an einander gedräng= ten Massen nicht. Sie schmähten, lärmten, ja machten eine förmliche Katzenmusik. Ein Offizier trat aus den Palais und ermahnte sie auseinander zu gehen, oder doch wenigstens das Tumultuarische zu unterlassen. Einer der Swornost zog den Degen gegen ihn, ein anderer entla= dete ein Terzeroll. In Folge dessen drang das aus der anstoßenden Caserne schnell herbeigeordnete Militär mit gefälltem Bajonnete vor, wurde aber mit Schüssen em= pfangen. So entspann sich der Kampf. Die Fürstin die zum Fenster herantrat, und die Hände faltend an die unten ste= henden Massen sich wendete gleichsam Ruhe bittend, wurde in demselben Augenblicke durch einen vom gegenüberliegen den Hotel, „goldenen Engel,“ hervorgekommenen Schuß darniedergestreckt. Die Massen mußten sich mit dem Verluste von beiläufig 20 Todten gegen den Graben zurückziehen. Vom Anfange desselben vom „blauen Stern“ und den „drei Karpfen“ fielen auch aus den Fenstern Schüsse auf das Militär und so war auch hier ein Scharmützel, das mehreren Menschen das Leben kostete. Gleichzeitig mit die= en Attaken fielen auch auf dem Roßmarkte solche vor. Aus dem an dem Wachtposten anstoßenden Hause wurde auf das Militär gefeuert und dieses sah sich gezwungen scharf einzuschreiten. Es zog sich der Kampf gegen die Wasser= gasse hin. Auch im Innern der Altstadt entbrannte er heftig. Die Kettenbrücke wurde um die Verbindung mit der Kleinseite unmöglich zu machen, zum Theile demolirt, die Brückenköpfe verbarrikadirt. Die in der Stadt an beiden

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