Zwanglose Blätter, Nr. 21, vom 28. Mai 1848

setzte, weßhalb er geflohen, ohne Geld ohne Schutz, ohne Wäsche u. s. f. Man müsse die Studenten entwaffnen, die Universität schließen, den Reichstag aufschieben bis nicht wenigstens 60000 Mann Militär in Wien sei. Es sei den Ministern gelungen die Flucht des Kai= sers bis am 13. Morgens 7 Uhr zu verheimlichen. (Welch eine Unwahrheit, da sie den Erklärungen der Mi= nister gemäß, die bereits in aller Hände ist, selbst ihner verheimlicht worden war!). Der Ausgang des Baron Ho= henbruck ist bekannt und soll hier nicht nocheinmal erzählt werden. Sein nachheriges Benehmen als Emissär und der Umstand, daß er schon ein paar Wochen vor dem 15. Mai wußte, daß er an diesem Tage in Wien zu sein habe, berechtigen wohl zu dem Schlusse, daß die Par= thei zu der er gehört, wissen mußte, daß an diesem Mai tage in Wien etwas vorgehen wird das in ih= ren Kram taugt. Diese Parthei wußte, daß eine Re= volution ausbrechen wird, sie wußte, welchen Hauptstreich die Camarilla bei dieser Revolution, die mit zum ganzen Streiche gehörte, ausführen will; ja es waren sogar schon die Zeichen verabredet, die denen von Wien abwesenden Partheigliedern das Gelingen des Streiches anzeigen sollten. Am 19. Mai saß im Gasthaus zum Schiff auf dem Seeplatze in Gmunden eine sehr hochgeborne Gesellschaft beisammen. Man nannte mir davon die Familien Dietrich= stein, Lichtenstein, Sándor (die Gräfinn ist die Tochter Met= ternichs). Sie erkundigten sich von Viertelstunde zu Vier¬ telstunde ob denn noch immer auf der Post kein gelber Brief gekommen sei. Endlich kam der höchst ersehnte gelbe Brief, die Gesellschaft las ihn und bestieg dann in fröh= lichster Stimmung das Dampfschiff und fuhr über den See hinauf nach Ischl. Diesen gelben Brief hätte ich lesen mögen. Die Farbe war jedenfalls trefflich gewählt. Ich votire der ganzen Parthei eine gelbe Fahne, denn gelb ist die Farbe des Hasses und des Neides. Drei Stunden nach Eintreffen des Briefs kam ein Gmundner Bürger an und erzählte den Kaiser in Lambach speisen gesehen zu haben. Ist es nicht auffallend, wenn jemand ein zugetrof= fenes Ereigniß gar so genau vorher weiß, mit Sicherheit so viele Maßregeln für den Fall des Geschehens trifft? Schlüsse für den vorliegenden Fall daraus zu ziehen, überlasse ich ganz meinen Lesern. Ich bemerke nur, daß gemachte Revolutionen dem Kenner der Geschichte nichts Neues sind d. h. solche Revolutionen zu denen eine Par= thei ihre Gegenparthei verleitet, um dann einen Vorwand zu haben, sie statt mit den Waffen des Geistes, die ihr nichts anhaben konnten, mit dem Schwerte von Eisen zu be= kämpfen. Alex. Jul. Schindler. Einem der Herren die dem Kaiser zur Abreise riethen, ist man bereits auf der Spur, ein Anderer hat seine Schuld schon ein gestanden! Das Ministerium des Inneren hat Nachstehen des veröffentlicht: „Die öffentl. Blätter enthalten eine Bekanntmachung welche der Kreishauptmann*) von Salzburg Graf Cho= rinsky, über einer Auftrag des im Gefolge unseres gnä= digsten Kaisers reisenden Grafen Bombelles erlassen hat, und welche verschiedenartige Beurtheilung findet. Wenn gleich die näheren Umstände dieser Veröffent= lichung dem Ministerium nicht vorliegen, so genüget doch die Bemerkung, daß der Monarch in einem konstitu= tionellen Staate nur durch seine Minister seine Gesinnungen über politische Gegenstände aus spricht, und wenn eine dem a. h. Hofstaate angehörige Person sich zu Erklärungen über öffentliche Ereignisse ver= anlaßt findet und ihre Veröffentlichung einem Regierungs= organe überträgt, eine solche Veröffentlichung immer nur als den Ausdruck der persönlichen Gesinnun= gen der Person, von welcher sie ausgeht (hier der Graf Bombelles), angesehen werden kann. Jene Bekanntmachung des Chorinsky ist bekannt. Der „Volksfreund“ charakterisirt den Grafen Bom= belles mit folgenden Worte: „Bombelles ist der schwärmerische Freund der Jesui= ten und Liguorianer — und leider auch der Hausfreund des kaiserlichen Hofes und der Erzieher unsers Erbprinzen Franz Josef. Graf Bombelles ist unter Metternich der linke Flügel der Tyrannei gewesen, jetzt ist er das Cen= trum der Rückschrittsparthei und hat dazu den Hof in Be= schlag genommen, wird ohne Verweilen zu Innsbruck die Reste der Metternich'schen Regierung und den Adel um sich versammeln, wird zur Bildung eines neuen Ministeriums drängen und den Rath geben, sich den Slaven in die Arme zu werfen.“ Wenn man den Spuren die der Fuß dieses Grafen Bombelles in den Sand drückt fleißig nachgeht, sollte man da nicht endlich einen Mann einholen der uns unsern Kai= ser entführen half. —? Der Andere der seiner Schuld an der Abreise des Kaisers geständig ist, ist der Graf La= zansky. Er kam am 20. d. M. von Wien nach Prag und sprach im Nationalausschusse von der Rednerbühne als Augenzeuge von den das Leben und die Sicherheit des Kaisers drohenden Gefahren, von denen im Vorbeigehen gesagt außer der Reaktionsparthei niemand etwas weiß. Ferner erzählte der Graf er habe am 15. Mai den Mini= ster Pillersdorff in der Burg begegnet und gefragt: wie lange dieser es noch dulden werde, daß der Monarch und sein Haus in Wien dem Verderben entgegenstürzen: worauf ihm Pillersdorff geantwortet habe: er halte den Kaiser und sein Haus in Wien für sicher und un= gefährdet. Hierauf habe er, Graf Lazansky, den Erzherzog *) Schon wieder einer. Die Kreishauptleute sind brav.

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