Zwanglose Blätter, Nr. 21, vom 28. Mai 1848

Franz Karl gebeten, das Ansehen der Dynastie zu wahren sich aus Wien zu entfernen und auch den Kaiser bestim= men die treulose und undankbare Hauptstadt zu verlassen. Das ist das Geständniß des Anderen. Das Ministerium. Wenn nur endlich einmal das kleinliche Wirthshaus= Lamentabel über die Errungenschaften des 15. Mai auf= hören würde. Haben denn die guten Leute, die gar nicht müde wurden, vor jedem Regierungsrathe sich zu bücken, mit Einmal den Respekt vor einem Ministerpräsidenten ver= loren? Das wäre schrecklich — da ginge Österreich in Deutsch land auf! Pillersdorff zeigt sich durchdrungen von der Nothwendigkeit dessen, was am 15. Mai gegeben wurde und er hält es mit aller Energie aufrecht, aufrecht gegen über dem Wankelmuthe undankbarer und kurzsichtiger Geld= brozen, gegenüber den Übergriffen einer Camarilla, die in ihrer angestammten Volksverachtung um jeden Preis mit Umgehung des in der Luft der Freiheit neugebornen Mi= nisteriums und aller konstitutionelle Volksrechte, wieder den alten Zustand, wie er vor den 15. März war, zurückzufüh= ren sucht, damit sie ihre despotische Allmacht, ihre reichen Besoldungen, ihre Zehenten, Robothe und dergleichen nicht verlieren. Am 22. Mai hat das Ministerium den Handelsmini= ster Dobblhof nach Innsbruck geschickt, um als konstitutio= neller Rathgeber bei der Person des Monarchen zu ver= weilen, und alle nicht konstitutonellen Einflüße von der Person des Kaisers abzuwenden. Hierüber werden die alten Zöpfe die Augen aufsper= ren, aber meine Herren es kann nicht anders sein, wenn die Constitution nicht ein leerer Schall sein soll. Auch Ungarn hat in der Person seines Ministers des Auswärtigen Fürst Paul Esterhazy ein konstitutionelles Organ nach Innsbruck abgesendet, welches den Kaiser vor den Einflüsterungen der Camarilla zu bewahren die Macht hat. Das Manifest des Kaisers vom 20. Mai. Der ämtliche Theil der Wienerzeitung vom 25. d. M. bringt das Manifest des Kaisers an seine Völker, in dem er ihnen Aufschluß gibt über seine heimliche Abreise aus Wien und ihnen die Art und Weise wie er es zukünftig mit den konstitutionellen Rechten seiner Völker zu halten Willens ist, kund gibt. Es ist dieses Manifest von keinem der verantwortli= chen Minister, noch von einem anderen konstitutionellem Organe stylisirt, auch von keinem verantwortlichen Mini= ster mitgefertigt. Der Kaiser findet diesen außerordentlichen Vorgang, wie er sich im Kabinetsschreiben (nicht Hand= chreiben!!) von 20. d. M. an Pillersdorff ausdrückt da= durch gerechtfertiget, daß das Außerordentliche der Umstände und ihre Dringlichkeit nicht zuließen, das Manifest vorläu= fig mit den Ministern zu berathen. Ob nicht doch von 16. Mai Morgens bis 17. Mai spät Abends, während welcher Zeit die Ruhe gar nicht gestört war, in den Gassen Wiens sich nur mehr der gewöhnliche Verkehr und durchaus nichts Außerordentliches mehr bewegte und nichts als die Ein= flüsterungen einer Volksfeindlichen und die konstitutio= nellen Freiheit hassenden Camarilla den Kaiser drängten, sich nicht Zeit gefunden hätte dieses Manifest sammt der Reise, deren naturliche Folge es sein mußte zu berathen? — Diese Frage zu beantworten liegt in der Pflicht des Mi= nisteriume. Der Kaiser erklärt die Wiener für treubrüchig, eine Erklärung die ihnen nach den Märztagen, in denen sie doch auch nichts anders als eine Revolution gegen Bureau= kratie und Camarilla machten, nicht gegeben worden ist. Der Kaiser erklärt, er habe nur die Wahl gehabt sich im Stillen in die Provinzen zurückzuziehen, oder sich den Aus= weg mit Hülfe der treuen Garnison „nöthigenfalls,“ zu erzwingen. „Nöthigenfalls,“ das heißt wenn es nothwendig gewesen wäre. Es steht aber nicht geschrieben, daß es nothwendig gewesen ist! Wir schöpfen daraus neuerdings die beruhigende Überzeugung, daß der Kaiser nur einer Möglichkeit aus dem Wege gegangen ist und es ist durchaus nicht die Schuld der Wiener, wenn dem Kaiser von seiner nächsten Umgebung eine Möglichkeit als eine drohende Wirklichkeit geschildert worden ist. Aber auch manchen andern Trost kann ein Staats= bürger, dem seine konstitutionelle Freiheit höher gilt als Gut und Blut, aus dem Manifeste schöpfen. Viele lebten schon der angenehmen Hoffnung der Kaiser werde eines Tages von Innsbruck aus alle seit den Märztagen gemach= ten Bewilligungen wiederrufen und die Zeit der Cersur, der Vielherrschaft der kleinen und großen Beamten, der Willkühr in Einhebung des Zehents u. dgl. werde auf den Flügeln von Cirkularien wieder niedersinken auf die gesegneten Fluren des Vaterlandes. Ihr Herren es ist doch noch ein himmelweiter Unterschied zwischen eurem Willen und dem Willen un= seres Kaisers! Dieser spricht: „Mir ist der Gedanke fern, die Geschenke welche ich meinem Volke in den März= tagen gemacht habe und deren natürliche Folgen zu= rückzunehmen und zu schmälern.“ Das ist die Sprache des unvergeßlichen Kaisers der Märztage! In den Märztagen hat er uns versprochen, die Reichsstände einzuberufen und mit ihnen unsere Constitution zu berathen. Eine na= türliche Folge dieses Versprechens ist, daß es auch gehal= ten werden wird und somit bleibt nach des Kaisers Wort die ohne Beirath der Volksvertreter erlassene Verfassungs= Urkunde vom 25. April d. J. aufgehoben und wir bekommen unsere Constitution durch die berathenden Reichs= stände und den Kaiser gemeinschäftlich. Dank dir o Kaiser! Am 15. März gab der Kaiser durch sein Ver= sprechen dem Volke ein weißes Blatt Papier. Darauf hatte das Volk seine Wünsche zu schreiben. Der Kaiser setzt nach wohlwollender und weiser Prüfung seinen Namen darunter — und jetzt wurde aus dem weißen Blatte die Constitution. Aber ach — auf das weiße Blatt schrieben hohes Beamtenthum und Hofadel ihre Wünsche, brachten es dem Kaiser und machten ihm glauben; „daß seien die Wün= sche des Volkes, und so entstand die Constitution vom 25. April, die unter so beklagenswerthen Umständen auf= gehoben wurde Die wahren Wünsche seines Volkes kann der Kaiser aber nur durch die Reichsstände, die natürlichen Volksver= treter, erfahren, und um die Zusammenberufung derselben in Wien bitten wir dich mit erho= benen Händen, gnädiger Kaiser! Vertraue deinen Ministern, die jetzt das Vertrauen deines Volkes haben, nicht den glatten Zungen deiner Höflinge, die das Volk nicht kennen und nicht lieben. Ihr hochgebornen vielbegabten Prin= zen Johann und Stefan denen die Sympathien

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