Zwanglose Blätter, Nr. 13, vom 30. April 1848

wand, die Bresche geschossen, denn gänzlich gefallen scheint sie denn doch nicht zu sein, — und fordern nun ihren Lohn? — Europa kennt die siegreichen Tage 13. 14. und 15. März 1848 und wird diese Fragen beantworten. Wir glauben uns aber im Interesse der Menschheit ver= pflichtet, die Rechte der siegreichen Volksklassen ge= gen die Anmassungen und Machinationen einer Kaste, die nichts gelernt und nichts vergessen, ver= treten zu sollen und ihnen die gebührenden Recht zu vindiciren. In dieser Eigenschaft erlauben wil uns die Fragen: a. wer soll uns in der konstituirenden Versamm= lung vertreten? und b. welches Maß von Volksfreiheiten soll die künf= tige Constitution enthalten? Beide sind staats= rechtliche Lebensfragen. Zur Feststellung der Constitution des Va= terlandes hatte es zwei Wege gegeben: den Weg der Octroyung und den des Volksbeschlusses. Die erste Art hat die Erfahrung der Geschichte in Miß= kredit gebracht, und in der That kann sie auch nach ihrem Ausgangspunkte, nie den Ausdruck des Volkswillens darstellen, sie bleibt ein Ge= schenk, und Geschenke haben bei mün= digen Völkern keinen Werth. Der Öster= reicher hat daher vollen Grund seinem geliebten Herrscher dankbar zu sein, daß er den zwei= ten Weg gewählt. Er ist der allein rich= tige zur Darstellung des Volkswillens — vorausgesezt, daß dieses in die Lage kommt sich frei zu äußern und sich sein Recht selbst zu sezen. Um dieß zu können hätte es in seiner Totalität ge= fragt werden sollen, da dieß aber der Umfang einer Monarchie und die Anzal des berechtigten Volkes nicht zuläßt, so hätte es seine Bevollmächtigten wählen und als Organe seines Willens zur Bera= thung und Festsezung der Verfassung, zum Natio= nal=Convente senden sollen, Nur so könnte der neue Bund zwischen Herrscher und Volk ein ge= treuer Ausdruck des beiderseitigen Willens, ein wahrhaftes Nationalwerk werden. Jede andere Art der Constituirung ist eine Fälschung und Lüge. Zur Bewerkstelligung dieses Bundesaktes hätten Urwalen ausgeschrieben, d. i. alle wahljährigen im Genuße der bürgerlichen Rechte stehenden Staats= bürger, ohne Unterschied ihres Glaubens, nach ei= nem festgesezten Wahlmodus die Conventdeputirten wählen und diese das Grundgesez nicht blos be= rathen, sondern auch beschließen sol= len. Nur so kann ein Volksvertrag zu Stande kommen, nur so können alle Interessen, alle Volks= klassen am konstituirenden Reichstage vertreten wer= den. Diese einzig wahre Constituirungsweise hätte alle Volksklassen befriedigt befriedigen müssen, denn sie wäre der wahre Ausdruck ihres Gesammt= willens. Das Programm hiezu würde mit Jubel begrüßt, hätte alle Zweifel mit einem Schlag beseitigt. Die Trümmer des Feudalwesens, das Theater= kostüm des Absolutismus, die deliberativen Stände vertreten nicht einmal die Aristokratie, denn sie sind von ihr nicht gewählt, sie stehen als vereinzelnte Individuen da, ohne Mandat, sie vertreten nie= mand, als sich selbst und der in Pausch und Bo= gen zusammengeraffte Bürgerausschuß kann höch= stens als Ausdruck des Zunftwesens gelten, nie= mals als Organ des Volkswillens und dieser ist allein machtgebend. Diese Stände bieten dem Volk dessen Elementen sie fremd sind, keine Garantien für ein zeitgemäß liberales Wirken, sie genießen kein Volksvertrauen, denn ihr jahrelanges Ge= bahren war schaal und nichtig, sie haben nach ihren Verfassung nur ein Befugniß zur Steuerbewilligung und keine beschließende Gewalt. Zur Constituirung, welche für das ganze Land verbindlich sein soll, gehört aber ein spezielles Mandat aller Wahl= fähigen und beschließende Gewalt. Dies kann aber nur aus der Gesammtheit des Volkes, der lebendigen Quelle alles Rechts hervorgehen. Sie muß also befragt werden und dazu sind Ur= wahlen unausweichlich nothwendig. Die Revolution war das Zügengeläute und der 15. März die Grablegung der lebensunfähigen Feudalstände. Mit dem Zugeständniß der Con= stitution sind sie unmöglich geworden und es war ein großer Mißgriff, daß man ihre Leiche noch zu konpulsivischen Zuckungen galvanisirt hat. Seit=

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