Zwanglose Blätter, Nr. 11, vom 23. April 1848

Zur Geschichte des Tages. Gestern Abends kam Baron Andrianny, Ver= fasser des Buches "Österreich und dessen Zukunft" von Frankfurt in Wien an, und begab sich sogleich in den juridisch=polit. Leseverein, wo er der Ver= sammlung die erfreulichsten Aufschlüsse über die Resultate der Vorberathung des deutschen Parla= mentes, so wie über die Zusammensetzung, Wirk= samkeit, Stellung und Haltung des Fünfziger=Aus= schusses gab. Dieser Fünfziger=Ausschuß ist jetzt faktisch die Regierung Deutschlands und steht dem= nach dort, wo auch das deutsche Parlament ste= hen wird und muß. Erfreulich war auch die Kunde von der großen Sympathie für Osterreich, namentlich in Würtemberg und Baden. Heute (den 17. April) um 7 Uhr Abends tritt der juri= disch=polit. Leseverein zusammen, um über die Auf= stellung von Wahlkomités in den Provinzen, be= hufs der zweckmässigen Leitung und nothwendigen Beschleunigung der Wahlen zum deutschen Parlament zu berathen. Der Redakteur die= ser Blätter wird dieser Berathung beiwohnen und demnach es zu seiner Aufgabe machen dem Wahl= geschäfte in seiner Heimath seine eifrigste Thätig= keit zu widmen. Nach seiner Rükkehr wird er umständlich über die Lage und Stimmung der Residenz, so wie über die übrigen Fragen des Tages berichten. Hier vorläufig: Unsere größten Feinde sind dermalen: der Communismus und die Gelüste des Proletariats, genährt durch leider nur allzubegabte Emissäre, die Sonderbestrebun= gen der Nationalitäten, namentlich der slavi= schen, endlich: eine unverbesserliche Bureaukratie! Wien am 17. April 1848, Betrachtungen und Wünsche. 2. (Schluß von Nr. 2.) Doch sind von dem oben erwähnten Wahlrechte ausge= schlossen, und sind daher nicht wählbar: Jene die in der Gewalt ihrer Gläubiger sich befinden, durch öffentliche An= stalten oder Unterstützungen versorgte Arme, so wie Frauen. Durch die Wahl nach den Gemeinden werden die Be= dürfnisse der einzelnen Theile und somit auch des Gesammt= vaterlandes am sichersten vertreten. Doch ist bei den Wah= len nicht engherzig vorzugehen, sondern es müssen auch die Wahlen auf solche Männer fallen, die ein großes Land in seinem ganzen Umfange nach Innen und Außen zu erfassen verstehen. Die Abgeordneten werden für eine bestimmte Anzahl von Jahren gewählt, nach Ablauf derselben, oder wenn der Monarch früher die Kammer auflöst, hört ihre Vertretung auf und es treten neue Wahlen ein, bei welchen jedoch die selben Männer wieder wählbar sind. — Die Reichsstände müssen sich wo möglich jährlich versammeln, und nur in außerordentlichen Fallen wird ein besonderer Landtag, vom Monarchen berufen. Die Mitglieder der zweiten Kammer dürfen ihren Wählern nicht verantwortlich sein, um aber diesen, so wie der Nation überhaupt, die Bürgschaft zu ge= ben, daß ihre Interessen vertreten werden, müssen die stän= dischen Sitzungen öffentlich abgehalten werden. Die Abgeordneten haben die Pflicht das Recht für Personen und Eigenthum zu wahren, daher ihnen auch die Zustimmung über jene Leistungen zukömmt welche von Per= sonen und Eigenthümern dem Staate zu bringen sind, d. h. es steht ihnen zu, über die Pflicht in das stehende Heer einzutreten, so wie über die Steuern zu entscheiden. Die Ständeversammlung kann aber auch die Staatshaushaltung prüfen, sie bewilligen, ändern, sie kontrollirt die Verwen= dung der Summen, die von ihr durch Stimmenmehrheit zu gestanden sind. Neue Gesetze werden vom Monarchen zur Berathung und Zustimmung vorgelegt; doch können die Stände auch Gesetzesvorschläge dem Monarchen machen und bitten sie in Berathung ziehen zu dürfen. Petitionen die Körperschaften oder Gemeinden zu den Stufen des Thrones zu bringen wünschen, haben sie durch ihre Abgeordneten der Kammer überreichen zu lassen. Der Monarch bleibt unverantwortlich; da aber dennoch eine Verantwortlichkeit für die Befolgung, oder Verletzung des ständischen Beschluße nothwendig ist: so werden vom Monarchen verantwortliche Minister angestellt, welche des= sen Befehle mitunterzeichnen, wodurch sie für den Inhalt ver= antwortlich werden; hierein liegt aber auch ihr Recht ihre Unterschrift zu verweigern und jeden Augenblick ihre Stelle niederzulegen. Eben so steht es dem Monarchen frei die Minister zu entlassen, und Andere zu ernennen Diese Ver= antwortlichkeit der Minister geht in politischer Beziehung ins Unumschränkte, denn die öffentliche Meinung, um so mehr wenn ihr die freie Presse zu Gebote steht, richtet die Hand= lungen der Minister unumwunden, sie tadelt und erhebt sich laut gegen jene Willkühr, gegen Partheilichkeit gegen Hand= lungen die die konstitutionelle Freiheit und Gesetzgebung ge= fährden. Die ständischen Kammern können diese höchsten Staatsbeamten auffordern über jede ihrer Handlungen Rechen= schaft abzulegen. Aber auch in strafrechtlicher Beziehung muß eine Verantwortlichkeit der Minister bestehen, d. h. sie müssen wegen Verletzungen der Verfassung oder andern, das allgemeine Interesse gefärdenden Handlungen von den Kam= mern in Anklagestand versetzt werden können, und sprechen sich diese für die Anklage aus, so werden die Minister vor einem Gerichte, welches durch das Verfassungsgesetz festge= setzt sein muß gerichtet und verurtheilt. Dem Monarchen steht aber das Begnadigungsrecht zu. Es ist wohl einleuchtend daß eine Verfassung in die= sem Sinne eine größere Gewährleistung dem Einzelnen und

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