Zwanglose Blätter, Nr. 5, vom 2. April 1848

Zwanglose Blätter für Oberösterreich. Nro. Steyr am 2. April 1848. 5. Wer nie sein Brot mit Thränen aß Wer nie durch kummervollen Nächte Auf seinem Bette weinend saß Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte! Göthe. Oertliches. An alle Steyrer! Die schöne Zeit der Freiheit und der Volks= rechte, die über uns gekommen, hat noch eine Kehrseite, eine schwere bittere Zeit, das ist die Ar= muth derer, die durch die Zeitverhältnisse brod= los geworden sind, und es noch werden! Die Gewerbe, welche Steyr auf einen Eh= renplatz in der Handels= und Industriewelt erho= ben hatten, gerathen theilweise ins Stocken. Geschickte und fleißige Hände, müssen den gern und ehrenvoll geschwungenen Hammer hinwegle= gen und den Bettelstab ergreifen, und darunter sind Männer, theils hier geboren, theils durch Familienbande an Steyr geknüpft! In großen Städten hat man Vereine gebil= det, die sich's zur Aufgabe machen, wahrhaft noth= leidende Arbeiter zu unterstützen, und nach Um= ständen für ihre Beschäftigung zu sorgen, Steyr ist im Vergleiche zu Wien, Prag ec. nur eine sehr kleine Stadt; die Herzen haben aber hier ein so gutes Erdreich wie irgendwo und die Blume des Edelsinnes gedeiht auf diesem kleinen Raume nicht minder schön! Bürger von Steyr! tretet zusammen, wählt aus Euch einige Männer (Comité), die sich an die Spitze eines Vereines stellen zur Verhü= tung des Elends und Hungers unter der arbeitlosen Klasse unserer Mitbrü= der! Reichlich werden die Gaben fließen sei's nun der volle Kelch des Reichen, der sich in die Opferschale entleert, oder sei's ein Tropfen nur aus dem kleinen Becher des Unbemittelten! Die Herren Vorsteher einzelner Handwerke werden den Verein durch genaue Mittheilungen in den Stand setzen, mit gerechter Würdigung allen Verhältnisse vorzugehen, damit der Alte oder Kranke nicht durch den rüstigen Arbeitfähigen, der gerne Thätige nicht durch den Faulen, der Ein= geborne oder Eingebürgerte nicht durch den Frem= den gedrückt werde! Allgemein ist unsre Freude an dem hellen Morgen der endlich über Osterreich heraufgedäm= mert hat! Soll ein Strahl des Lichtes nicht auch in die Hütte des Armen fallen, dem seine herbe Noth nicht gestattet, unsre Gefühle zu theilen? Gibt es neben der Freiheit eine schönere Ko= karde, als die des Mitleids und des Wohlthuns? Schwarz, Roth und Gold sind die deutschen Banners=Farben die wir jetzt stolz und fröhlich tra= gen an unsrer Brust; Schwarz, Roth und Gold

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