Zwanglose Blätter, Nr. 1, vom 18. März 1848

Reben oder gegenüber dieser Büreaukratie finden wir eine landständische Verfassung, die, obwohl von Ersterer zum Nachtheile der Berechtigten auf alle Weise beschränkt, verdächtigt, verletzt, an und für sich eine ganz unzulängliche Vertretung des Volkes zuläßt. Vor dem Throne erscheinen die Stände in der Hauptsache schreibend, nicht sprechend. Sie sollen Abgaben verwilligen und auf Grundlage eines Steuersistemes umlegen des längst als lückenvoll und ungleich bezeichnet und erkannt ist. Das Warum und Wozu der verlangten Leistungen wird ihnen hartnäckig verschwiegen. An der Gesetzgebung haben sie nur durch Gutachten Antheil zu nehmen; ob diese Gutachten berücksichtigt werden oder nicht, bleibt einer unverantwortlichen Willkür anheim gestellt. Die ständische Mithilfe zu einer ins Leben getrete= nen nützlichen Regierungsmaßregel, nicht minder die gleiche Vorstellung gegen ein dennoch erlassenes ver= haßtes und schädliches Gesetz bleibt dem Volke gleich unbekannt, denn Oeffentlichkeit der Verhandlungen wie der Beschlüsse war den Ständen nicht gestattet. Daher mußten die Stände auch bei der redlichsten Pflichterfüllung dem Volke gleichgültig bleiben, und keine allge= meine Sympathie unterstützte unabweislich die gute Sache, wo diese verurtheilt war an einem Formfehler oder an der Willkür der Büreaux zu scheitern. Aber eine noch viel tiefere Kluft zwischen Volk und Ständen spaltete der Mißstand, daß die Stände in ihrer jetzigen Gestaltung nicht Vertreter des Volkes, sondern nur etlicher Kasten desselben sind, und die ganze Masse der Intelligenz nur hie und da durch den Rector magnisicus der Landesuniversität, Handels= Fabriks= und Gewerbsinteresse aber auf den Landtagen gar nicht vertretten sind. Ueberblicken wir noch einmal alles Gesagte so zeigt sich das alte Oesterreich als ein Land, das leben nur schlecht verwaltet, aber keineswegs regiert wurde; ein Reich das jedem äußeren und jedem innern Feind erliegen mußte, denn es hatte die allgemeine Meinung gegen sich. Wenden wir nun die Augen vom traurigen Einst und heften wir unsern Blick vertrauens= voll auf das beglückende Jetzt. Dem treuen, guten österreichischen Volke ist es gelungen, das Erstemal seine Stimme so laut zu erheben, daß seine eigentlichen Wünsche und Bedürfnisse, trotz dem Knalle feindlicher Schüsse, endlich doch das Ohr des geliebten Kaisers erreichen konnten. Der edle Monarch hat die Wünsche seines Volkes vernommen, wie ein fürsorgender Vater hat er sich beeilt seinen Kin= dern das zu verschaffen, wornach sie hungerten und dürsteten, Nachdem sich der Kampf des Rechtes gegen die einseitige und mißbrauchte Gewalt einzelner Verblendeter in den Strassen Wiens entschieden hat, geht uns über den Staub= und Rauch= wolken die Sonne eines neuen Tages auf. Ihre ersten Strahlen spielen schon lieblich um die Thürme und Dächer unserer theuern Vaterstadt. Der Kaiser hat sich offen ausgesprochen, daß er das vollste Vertrauen in die Treue und Ordnungsliebe seiner Bürger hat, und hat sie selbst bewaffnet, weil er sich unter keinem an= dern Schutze sicherer fühlte, als unter dem ihrigen. Der Kaiser hat gestattet, daß jeder seine Meinung ungescheut und ohne Hinderniß und lästiger Bevormundung, sei es mündlich, schriftlich oder im Drucke ausspreche. Die Preßfreiheit ist ein großes Geschenk. Denn Nichts was im Staate von irgend einer Person oder einer Behörde vorgenommen wird, und den Erwerb, die Ehre, die Freiheit

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