Steyrer Wochenblatt, Juli 1945, Blatt 7

Seite 4 Steyrer Wochenblatt Theater und Kunst Ans der Theaterkanzlei. Mittwoch, 18. Juli, Wiederholung des großen Schauspielerfolges „Gespenster Donnerstag, 19. Juli, „Die tolle Lola“. Freitag, 20. Juli, und Samstag, 21. Juli, zum erstenmal „Inge borg“ Ein bezauberndes Lustspiel in drei Akten von K. Götz. — Sonntag, 22. Juli, „Die tolle Lola“. Karten an der Tageskasse und in den Vorverkaufsstellen. Warenpreise müssen angeschrieben werden. Die niederösterreichische Landeshauptmannschaft teilt mit: Die Preisüberwachungs= und Preis¬ bildungsstelle für Niederösterreich, I. Herrengasse 14, hat ihre Tätigkeit aufgenommen. Die Preise, wie sie Die Hölle Ebensee! Ein Steyrer Augenzeuge berichtet: Ebensee ist die Hölle! Dieser Ausspruch ist uns in den Monaten in welchen wir nach Ebensee ver¬ lagert waren, oft und oft begegnet. In zwei großen Bauvorhaben wurden in den Fels Stollen gesprengt und ausgebaut. Diese Arbeiten und die industrielle Nutznießung haben unvorstellbare Opfer gefordert. Die Arbeit an sich war schwer und mühselig In dem Lärm und Rauch, in dem Donner der Sprengungen, in der Feldbahnen Gewirr, auf allen Arbeitsstätten lastet ein hartes und einsichtsloses Müssen“. Die 17.000 Häftlinge des Konzentrations¬ lagers Ebensee wurden in diese wahrlich schreckliche Knochenmühle menschlicher Arbeit schonungslos hinein gepreßt. Es war schon das Miterleben und das Zusehenmüssen für uns grauenvoll. Wir kannten nicht die Schrecken und wahrhaft satanischen Ein¬ richtungen und Vorkommnisse des KZ=Lagers, wir sahen ja nur die Häftlinge bei ihrem Einsatz an den Arbeitsstätten. Mit den zum Transport unserer Maschinen zugeteilten Häftlingen hatten wir mehr Kontakt bekommen und konnten so mit der Zeit einen näheren Einblick in die Verhältnisse nehmen. Es waren viele Nationen vertreten, darunter Hand werker, Ingenieure, Doktoren und Künstler. Das Arbeitstempo und das ganze Um und Auf des Tages bestimmte der entsetzliche Hunger aller Häftlinge. Der Hunger, der schreckliche Hunger starrte aus den Augen all der armen Menschen. Wir waren Zeuge davon, daß die Häftlinge das Gras, die Blumen, ja Holz, Asphalt und Erde gegessen haben. So sind auch unter den Tausenden Toten der Hölle von Ebensee, Tausende und Tausende von Verhungerten. Das wußten alle Häftlinge, nur der Tod erwartet sie, nur der grauenvolle, qualvolle Weg bis zum Tode mußte noch durchschritten werden. Was war in Ebensee ein Mensch! Als wir die „Hausordnung“ des SS=Betriebes noch nicht kannten, fielen wir mit Fragen auf, die lächelnd oder barsch bei Beginn der Befreiungskampfhandlungen in Geltung waren, sind unter allen Umständen einzu¬ halten. 700 Der Warenpreis=Auszeichnungspflicht ist ab sofort zu entsprechen. OT= u. RAD=Baracken sind Staatseigentum. Beim Staatsamt für öffentliche Bauten, Übergangswirtschaft und Wiederaufbau laufen immer wieder Meldungen ein, wonach von der Bevölkerung Baracken der ehemaligen OT=, RAD= oder Arbeiter¬ barackenlager ausgeplündert, ja selbst Barackenteile oder ganze Baracken verschleppt werden. Es wird daher die Bevölkerung aufmerksam gemacht, daß es sich in allen Fällen um Staatseigentum handelt. Die Plünderung von Staatseigentum, auch von ogenannten „herrenlosem Gut, ist verboten und zieht strengste Bestrafung nach sich. abgetan wurden. Ein Häftling war während der Arbeit zusammengebrochen, dann ein Zweiter, — ich komme dazu und sehe, wie sie in eine Ecke getragen werden Um Gotteswillen, sagte ich, bringt sie doch ins Krankenrevier, sie können doch nicht am kalten Stein¬ boden liegen bleiben, — es war im Februar. Das geht nicht, war die Antwort des Oberkappos, ich muß mit derselben Stückzahl wieder einrücken, als wie ich ausgerückt bin, tot oder lebendig Meine Fäustlinge waren verschwunden, der Kappo meinte, er läßt sie gleich suchen, der sie aber hat, raucht morgen dort heraus, — er zeigte auf den qnalmenden Kamin des Krematoriums — Nun, ich verzichtete sie suchen zu lassen. Das sollen Fäustlinge doch nicht verschulden. Aber das war die Tonart, das war das „forsche Zupacken“ das Erledigen. Wir mußten das ansehen. Einmal lag wieder ein Häftling zwischen den Maschinen, mit einem Mantel zugedeckt, — es gab plötzliche Todesfälle, wo die Menschen vor Erschöpfung und Hunger zusammenbrachen da sagte einer von uns, ist auch ein Mensch wie wir, hat auch ein Mutterl gehabt, das sich gebangt und gesorgt hat um ihn, die ihn an's Herz gedrückt hat in Freud und Schmerz. Ein Mensch wie wir, wie ich, wie du, mit seinem Sehnen, Sorgen und Hoffen. — Dieses haben wir gesehen, von diesem Leid wußten wir. Wir kannten die Bluthunde des Lagerkommandanten, wir wußten von dem namenlosen Leid und der Mühsal, mit welchen sich die Tausende und Tausende durch die schwere Arbeit quälten, wir wußten, daß sie unmenschlich geschlagen und behandelt wurden. Wir glaubten Ebensee zu kennen, wie es aber wirklich war und welche Schande auf das deutsche Volk geladen wurde, davon kam erst die Kunde zu uns, als die amerikanischen Panzer die Barrieren am Eingange der Hölle von Ebensee überrannten. Wer den Jubelschrei dieser Tausende von Menschen gehört hat, wird es nie vergessen. Kilometerweit hörte man die Schreie aus den befreiten Herzen. Das Leben hatte sich ihnen wieder geschenkt zu Ende war der grauenvolle und bittere Weg der hinter ihnen lag. Inserate erscheinen nur in der Samstag-Nummer Redaktion und Verlag Damberggasse 1. — Druck: Emil Prietzel, Steyr.

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