Steyrer Wochenblatt, Juli 1945, Blatt 5

Seite 2 Steyrer müssen durch rücksichtsloses Durchgreifen unsere von den Nazis besudelte Ehre wieder herstellen. Zweitens, unser Volk selbst wurde von den Kriegsverbrechern in ein wirtschaftliches und moralisches Chaos getrieben dessen Folgen wir in unserer Gesamtheit von Tag zu Tag mehr zu spüren bekommen. Tausende auf¬ rechte Oesterreicher und Antifaschisten wurden geschun¬ den und verfolgt, von Frau und Kinder weggerisser und in den KZ.=Lagern erschossen und erschlagen Die Stätten des Grauens von Mauthausen und Ebensee, Melk usw., das auf den Schaffotten verflossene Blut schreien nach Sühne Um die Zukunft unserer Kinder, den Frieden und die Menschlichkeit für alle Zeiten zu sichern, ist Wir Frauen klagen an! Eine Schlange von wartenden Frauen steht vor dem Lebensmittelgeschäft und wartet auf die Oeff¬ nung. Die ersten Frauen kommen schon heraus mit ein paar Tüten und einem Laib Brot unterm Arm, die ganze Ration für eine Woche. Wie, diese Woche gibt es keinen Zucker und kein Fett? Und schon geht es los, am meisten schimpfen natürlich die Nazi=Weiber Sie haben es gerade notwendig. Sind nicht sie mit chuldig, an diesem Zusammenbruch, an diesem Elend n dem wir jetzt stecken? Sie waren es, die nicht aut genug schreien konnten, sie haben diese braunen Mordgesellen mit Jubel begrüßt. In geradezu pro vokatorischer Absicht haben sie ihren Nachbarinnen ins Gesicht geschrien, daß die Engländer jetzt blockier werden und bald aufgeben müßten, weil Hitler die ganzen Schiffe versenkt und die Engländer nichts mehr zu essen hätten. Mit geifender Schadenfreude und wohl¬ genährtem Selbstbewußtsein erzählten sie bei jeder Gelegenheit, daß die Ukraine, Polen und der ganze Südosten nun uns gehöre und schwelgten schon ir übersatter Zukunftsmusik. Ob sie wohl einmal daran dachten, welche Tragödien sich in diesen von den Hitler=Truppen besetzten Ländern abspielten? Das Schicksal vieler Millionen hungernder Menschen, die als Zwangsarbeiter zum Teil nach Deutschland ver¬ chleppt, zum Teil in ihrem eigenem Lande von den deutschen Eroberern ausgebeutet wurden, dieses Schick¬ al blieb ihnen gleichgültig. Diesen Nazi=Weibern wurde bisher noch kein Haar gekrümmt, sie leisteten auch noch keinen Streich zur Wiedergutmachung, der von ihnen mitverschuldeten Zerstörungen und des vor ihnen mit heraufbeschworenen Nachkriegs=Elendes Wollen wir es aber noch länger dulden, daß sie den Spieß umdrehen und zum Kläger werden, wo sie eigentlich die Angeklagten sind. Wir werktätigen Frauen, wir haben all die Jahre geduldig unser Los ertragen, denn ständig be drohte auch uns die Verschleppung ins Gefängnis oder ins KZ. Nun aber, da wir frei sind, lassen wir uns icht mehr von bösen Nazi=Zungen verhöhnen. Wir stopfen ihnen das lose Maul und beweisen ihnen, daß wir aus eigener Kraft, die schwere Krise über¬ winden werden —Lokalnachrichten Vom Wohnungsamt Steyr, rechts der Enns Um unnütze und zeitraubende Wege, sowie damit verbundene Belastungen verschiedener Amter zu besei¬ Wochenblatt es notwendig, mit diesem politischen Verbrecher=Pach endgültig aufzuräumen. Wie oft in diesen dunklen Jahren haben wir uns bittere Vorwürfe gemacht daß wir damals in den historischen Tagen von 1918 und nachher nicht reinen Tisch gemacht hatten. Mit wievielen Blutopfern haben wir diese Fahrlässigkeit bezahlen müssen. Noch einmal haben sich die Strahler der Freiheit durch die finstere Umnachtung durchge¬ kämpft. Dank des heroischen Kampfes der Roten Armee und der Opfer die sie gebracht, hat diese Gewaltherrschaft ihr Ende gefunden. Unsere Ketten sind gesprengt. Nun zeige Du, werktätiges Volk Dein Kraft, lasse Deinen heiligen Zorn walten, zur Ver¬ nichtung aller Volksfeinde tigen, teilt der Wohnungsausschuß des Gemeinderates folgendes mit Alle Wohnungsgesuche, sowie Gesuche un Ankauf und Verpachtung von Grundstücken, leerstehen den Baracken usw., sind an das Wohnungsamt Roseggerstraße 2, zu richten. In Steyr werden alle werkseigenen Häuser, Gemeinde=, Genossenschafts¬ und Privathäuser, bzw. Wohnungen, von einer Stelle aus vergeben, aber getrennt verwaltet. Das heißt, alle Wohnungsgesuche müssen an einer Stelle, beim Wohnungsreferenten, Wohnungsamt, Roseggerstraße 2 abgegeben werden. Alle einlaufenden Gesuche werder mit einer laufenden Nummer versehen und je nach Dringlichkeit vom Wohnungsausschuß behandelt. Die Wohnungsvergebungen erfolgen auf Grund genauester überprüfungen durch den Wohnungsreferenten, der die Gesuche dem Wohnungsausschuß vorlegt. Die Verwaltungen der Wohnungen sind vom Wohnungs¬ amt einerseits und untereinander getrennt. D. h. der Privathausbesitzer ist der eigene Verwalter seines Besitzes. Gemeindehausbesitz wird verwaltet von einem eigenen Verwalter, welcher sich ebenfalls im Woh¬ ungsamt, Roseggerstraße 2, befindet. Beim Werks besitz befinden sich zwei Verwaltungsstellen u. zw. Münichholzsiedlung, den übrigen Werksbesitz ver¬ die Wohnungsverwaltung in Münichholz, für die waltet das Wohnungsamt ebenfalls Roseggerstraße 2. Alle Verwaltungsstellen, einschließlich der Privatbe sitzer haben die in ihrem Wirkungskreis leerstehenden Wohnungen unbedingt beim Wohnungsamt, Rosegger¬ traße 2, zu melden. Die Schlichtung von Streitig¬ keiten unter den Mietern (ganz gleich, ob Privat¬ Werks= oder Gemeindebesitz) obliegt dem Wohnungs¬ ausschuß, der sich wie folgt zusammensetzt: Vorsitzender: Karl Hübsch, der Bürger¬ meister Kahlig, oder einer seiner Vertreter, von der Gewerkschaft Herr Steinbrecher. Als Bei sitzer sind noch zu erwähnen: Von den Steyr=Werkei Herr Dr. Runkl, der Wohnungsreferent Herr Lanzersdorfer, die Gemeinderäte Herr Neu¬ hold, Herr Zwettler und Herr Werner Böhm. Frauenberatung Münichholz Es wird den Frauen und Mädchen von Münichholz bekannt gegeben, daß Flick=, Näh= und Strickstunden abgehalten werden. Der Raum hiefür befindet sich in der Göringstraße 3 u. zw. in der Frauenberatungsstelle. Die Nähstunden finden statt: Jeden Dienstag von 14 bis 18 Uhr: Nähstunden und Strickunterricht unter der Anweisung von Frau Marg. Vondrej¬ (Schneiderin) und Frau Antonia Fischer (Stricken jeden Donnerstag von 14 bis 18 Uhr: Flicken, Weiß nähen und Strickunterricht unter der Anweisung von Frau Martha Böhm (Weißnähen) und Frau Erni Hikadi (Stricken). Wir empfehlen den Müttern, ihre untätigen Töchter ir diese Näh= und Strickstunden zu schicken

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2