Stephan Willner - Annalen der Stadt Steyr 1839-1882

103 den Jesuitenorden am 12. Okt. 1864 abgehaltenen Gemeinderatssitzung wurde endlich jetzt bekannt. Es wurde nämlich vom Ministerium bloß die Be- nützung der Dominikanerkirche, welche Eigentum des Religionsfonds bleibt zu einemMissionshaus und Abhaltung des Gottesdienstes bewilligt, während die Verrechnung des Kirchenvermögens, den Einnahmen und Erhaltungskos- ten nach fortan wie bisher dem Stadtpfarrer obliegen soll. Es wurden nun von demOrden oberhalb der Sakristei und der Oratorien einige Wohnzimmer her- gerichtet und am 22. April kamen die ersten zwei Jesuitenpriester an, welche auch sofort den Gottesdienst (Messen, Predigten und Litaneien) verrichteten, der auch, wie vorauszusehen war, vom Volke zahlreich besucht wird. Am 29. Mai kamen die Ingenieure mit der Eisenbahntrassierung bis Steyr und am 30. und 31. wurde der Bahnhof auf der Ennsleiten ausgesteckt; der erste Übergang über die Enns ist in Lahrndorf beantragt. Am 9. Juni bekam die lange Wehr oberhalb der Mühle zwischen den Brü- cken in der Nähe des kleineren Brückenjoches ein anfangs nur unbedeuten- des Loch, welches sich aber durch die Vernachlässigung bald vergrößerte, so- dass ein eingetretenes Hochwasser am 11. einen großen Teil der Wehr weg- riss, dann die gewaltige Strömung das Fundament des Brückenpfeilers derart untergrub, dass am 12. über ein Drittel desselben einstürzte und dann das darüber befindliche Brückenspannwerk eiligst durch ein hölzernes Notjoch unterstützt werden musste. Da nun nach dem Ablauf des Hochwassers nebst den Wasserwerken des Sägemüllers Anton Heindl auch das städtische Was- serkunstwerk trocken lag und die Stadtkommune vertragsmäßig ein Drittel der Wehrbaukosten treffen, der Müller aber zum Wiederbau der Wehr gar keine Anstalten traf, so blieb natürlich der Stadtkommune, um dem Stadt- brunnen bald wieder Wasser zu verschaffen, nichts anderes übrig, als den Wehrbau selbst in die Hand zu nehmen, welchen sie durch den berühmt. Zim- mermeister, Maschinen- und Wasserwerksbauer Josef Huber ausführen ließ. Dieser ganze Wehrbau hat 7265 fl. gekostet, wovon auf die Stadtkassa 2421 fl. entfielen. Die Wiederherstellung des steinernen Joches blieb einer späte- ren Zeit vorbehalten. Unser Bürgermeister Dr. Jakob Kompaß hatte sich bei der am 21. u. 22. April mit der Eisenbahntrassierungshofkommission nach Steiermark im ohne- hin grippekranken Zustand unternommene Reise derart verkühlt, dass bald ein Lungenexzultat entstand, an welchem er am Freitag den 14. Juli hier in seinem von ihm erbauten Haus Nr. 160, außer der Stadtpfarrkirche, starb,

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