Steyrer Werkskurier zur Betriebsratswahl 1971

STEYR-WERKSHerausgegeben anläßlich der Betriebsratswahl 1971 liebe Kolleginnen und .Kollegen1 Am 30. November und am 1. Dezember 1971 findet in unserem Werk die Neuwahl des Arbeiterbetriebsrates statt. Ä'us diesem Anla~ möchte die Fraktion christlicher Gewerkschafter·. (UAAB-DVP) des Arbeiterbetr,iebsrates Rechenschaft über ihre Tätigkeit in den letzten drei Jahren geben. Unsere Arbeit hat sich mit ganzer Kraft darauf gerichtet, die berechtigten Interessen aller Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Wir sind dabei von den Grundsätzen ausgegangen, die wir in unserem Sozialprogramm verankert haben. Sozialarbeit im Betrieb mu~ sich aber in erster Linie daran orientieren, wie der Kollegenschaft am besten genützt werden kann. So haben wir auch unsere Tätigkeit darauf ausgerichtet, gerechte Forderungen zu vertreten, die allen Vorteile bringen und Benachteiligungen verhindern können, wir haben uns aber auch jedes Einzelfalles angenommen und die Rechte jedes einzelnen im Betrieb mit allem Nachdruck vertreten. Wir christlichen Gewerkschafter haben in vielen Fällen durch Interventionen, Vorsprachen und · auch schriftliche Eingaben erreicht, da~ e tüchtige Mitarbeiter aufgenommen wurden, e Kündigungen zurückgezogen wurden, e Lohnbenachteiligungen verhindert wurden, • Wohnungsangelegenheiten günstig geregelt wurden und · • Uberstellungen an andere Arbeitsplätze zur Zufriedenheit der Betroffenen durchgeführt wurden. Unsere Erfolge wären noch grö~er und dementsprechend die Unzufriedenheit mancher Kolleginnen und Kollegen bei der Lösung ihrer betrieblichen Probleme geringer gewesen, wenn unsere Fraktion stärker im Betriebsrat vertreten wäre. Unser Einflu~ hat leider an der sozialistischen Obermacht eine Grenze. , Für bessere Kontrolle Das gilt nicht nur bei persönlichen Interventionen, das gilt auch bei Betriebsangelegenheiten, die a 11 e angehen. Denken wir nur an das Problem der Entlohnung: Vor drei Jahren haben wir das Lohnschema der Regiearbeiter nach Ungerechtigkeiten durchleuchtet und manche Nachteile blo~gelegt - unverstanden von den sozialistischen Betriebsräten, die uns niederst-immten. Heute ist ein neues Entlohnungssystem in Diskussion, von dessen Anwendung wir wiederum warnen müssen (siehe dazu eigenen Artikel). Vorderhand sind aber unsere Bedenken bei den Sozialisten noch in den Wind gesprochen. D'afür prahlen sie umso mehr mit ihren „Leistungen". Es blieb daher auch uns nichts anderes übrig, als unsere aufopfernde Tätigkeit im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen oben zu schildern, obwohl wir diesen Einsatz als gewählte Vertrauensleute der Kollegenschaft als s e I b s t - v e r s t ä n d I i c h empfinden. e Wer nicht helfen will, der soll sich nicht aufstellen lassen - das ist unser Grundsatz! Unsere Tätigkeit als Betriebsräte und Vertrauenspersonen scheint leider weder im Tätigkeitsbericht des Arbeiterbetriebsrates noch in der Betriebszeitung „Gemeinsam" auf. Dort sind nur Lobhudele,ien auf die sozialistische Fraktion. Wollte man alles für bare Münze nehmen, was dort schon seit Jahrzehnten beweihräuchert wird, unser Betrieb wäre ein Paradies auf Erden. Leider fehlt zu einem guten und gut · bezahlten Arbeitsplatz

und zu einem guten Betriebsklima noch manches: e Trotz aller Erfolge gemeinsamer Arbeit für alle Kolleginnen und Kollegen fehlt in unserem Betriebsrat der frische moderne und fortschrittliche Wind, der aber sofort angefacht würde, wenn - getragen vom Vertrauen der Kollegenschaft - eine grö~ere Anzahl christlicher Gewerkschafter in den Betriebsrat einziehen würde. e Es fehlt die starke Kontrolle der sozialistischen Obermacht. Nur die christlichen Gewerkschafter sind imstande, eine bessere und ausgewogenere Vertretung der Interessen aller Kolleg·innen und Kollegen zu verwirkl'ichen. Kolleginnen und Kollegen - wählt daher am 30. November/ 1. Dezember die Liste der Fraktion christlicher Gewerkschafter im DGB (DAAB-DVP) · Wir sind gegen analytische Arbeitsplatzbewertung Vor drei Jahren meldeten wir ernste Bedenken gegen die Einführung eines neuen Lohnschemas bei den Regiearbeitern mit den 13 Lohnstufen und 3 Leistungsstufen an. Wtir waren vor allem dagegen, da~ durch dieses System ein- und dieselbe Arbeit verschieden entlohnt würde. D'as hing nämlich von der „Gnade" des Meisters oder Abteilungsleiters ab. Wir wurden damals niedergestimmt, aber unsere Befürchtungen wurden bestätigt. Vorteile hatten in jedem Fall die sozialistischen Vertrauensmänner - sie wurden in die jeweils höchste Leistungsstufe eingereiht. Nun stehen wir wieder vor der Einführung einer neuen Lohnfindung: der analytischen Arbeitsplatzbewertung. Was sich hinter diesem komplizierten Begriff verbirgt, ist in vielen westlichen Industrieländern schon einige Zeit in Kraft - und hat sich n i c h t bewährt. Man will wieder davon abgehen. Diese Tatsache scheint sich noch nicht bis zu den sozialistischen Betriebsräten in unserem Werk herumgesprochen zu haben, denn es rühmte sich BRO Heigl sogar, er habe diese Lohnfindung der Direktion aufgezwungen. Ein sozialistische.r Stadtrat und Betriebsratsobmann in Mannheim hat uns einen Fachmann namens Stuiber für die Einführung der analytischen Arbeitsplatzbewerfong empfohlen, es nimmt also alles seinen (ungerechten)· Lauf. e Die Fraktion christlicher Gewerkschafter hat e am 30. April 1971 gegen die Einführung der 8 analytischen Arbeitsplatzbewertung gestimmt. • Die Begründung ist ganz einfach: ein veral- • tetes System, das auf die Dauer eine Stagna- • tion im Lohngefüge bringt. Bezeichnende Ubereinstimmung Es ist interessant, folgende Obereinstimmung festzustellen: D·ie sozialistische Fraktion und die Werksleitung , sind sich über die Vorteile der analytischen Arbeitsplatzbewertung einig, die christliche Fraktion wiederum kann nur den Ausführungen des sozialistischen Gewerkschafters Hans Schramhauser zustimmen, der im Gewerkschaftsorgan „Arbeit und Wirtschaft", 5/71 „Probleme der Arbeitsbewertung", klipp und klar bewiesen hat: · 1. ,, Bei soziologischer Betrachtung erweist sich die Arbeitsbewertung als Herrschaftsinstrument der Unternehmensleitung." l. ,,langfristig gesehen, bewirkt die Arbeitsplatzbewertung eine relative Erstarrung des innerbetrieblichen Lohngefüges." Die Sozialisten sind also ein Herz und ein Sinn mit der Unternehmensleitung, die natürlich nichts gegen ein Herrschaftsinstrument wie die Arbeitsplatzbewertung haben kann. Die Sozialisten sind für eine Erstarrung des Lohngefüges. Das ist in unseren Augen keine echte Interessenvertretung der Kolleginnen und Kollegen! Macht uns also stärker! Wer ist „verlängerter Arm der Direktion" 1 Die Obereinst,immung zwischen Direktion und sozialistischen Betriebsräten geht aber weiter. Beide begrü~en die Arbeitsplatzbewertung, die Werksdirektion insbesondere in ihrer Zeitung ,,akf.uell im betrieb", 3/71. Der von den Sozialisten beherrschte Arbeiterbetriebsrat stellt seinem Tätigkeitsbericht 1968-71 ein Geleitwort von Generaldirektor D1 ipl.-lng. Rabus voran. Eine blo~e Höflichkeit? Wie man an der Arbeitsplatzbewertung sieht, geht die Obereinstimmung tiefer - eine Obereinstimmung, die den Interessen der Werksdirektion entgegenkommt und nicht der Kollegenschaft dient. Preisfrage: Wer ist also der ,,verlängerte Arm der Direktion"? . Kostet auch Geld. Die technischen Vorbereitungen der analytischen Arbeitsplatzbewertung kosten natürlich auch Geld. Dieses Geld, das nicht der Belegschaft zugute kommt, ist aber sicherlich vorhanden. Es war ja auch vorhanden, a·ls vor 3 Jahren das neue Lohnschema eingeführt wurde. Man spricht ,von 5 bis 7 Millionen Schilling, die damals dem Büro Weber gezahlt werden mu~ten, damit die sozial istischen Vertrauensmänner in die besten Lohnstufen kommen konnten - wie sich erwiesen hat. Bei allgemeinen Forderungen, welche die Werksleitung Geld kosten, ist nicht so viel Gro~zügigkeit zu bemerken. Da kann man seitens der sozialistischen Fraktion der Direktion viel weniger aufzwingen. Dagegen: ein Herrschaftsinstrument lä~t sich die Werksleitung von den sozialistischen Betriebsräten gern „aufzwingen". Damit ist über die analytische Arbeitsplatzbewertung wohl alles gesagt. Die Gewerkschaft und wir sind dagegen! Wer eine wirksame Kontrolle der sozialistischen ilbermacht will, der wählt am 30. November / 1. Dezember die Fraktion christli·cher Gewerkschafter·

Wir werben um Euer Vertrauen1 FRtJHAUF Franz, Schleifer, 53 Jahre alt, verheiratet , 34 Jahre im Werk, Abt. 7700, seit 14 Jahren Betriebsrat, Arbeiterkammerrat,Gemeinderat der Stadt Steyr, Mi tglied des Zentralvorstandes der Metall- und Bergarbeiter im 0GB, Landesobmann der Fraktion christlicher Gewerkschafter Metallund Bergarbeiter Oö. 4 MAYR Franz, Härter, 49 Jahre, 22 Jahre im Werk, Abt. 4800, Gemeinderat der Stadt Steyr 2 WIMMER Rudolf, Profilschleifer, 51 Jahre, verheiratet, 34 Jahre im Werk, Abt. 2230, war 5 Jahre Betriebsrat, Mitglied des Bez irksausschusses der Metall- und Bergarbeiter im 0GB, wletzt Befriebsratersatz 5 ZAILLENTHAL Franz, Dreher, 42 Jahre, verheiratet, 2 Kinder, 17 Jahre im Werk, Abt. 7510 3 JANY Franz, Lagerhalter, 49 Jahre alt, verheiratet , 5 Kinder, 31 Jahre im Werk, Abt. 2510, 5 Jahre Ersatzbetriebsrat 6 GILL Karl , Schwei~er, 46 Jahre, verheiratet, 22 Jahre im Werk , Abt. 6170 Fraktion christlicher Gewerkschafter Für den Inhalt verantwortlich: Franz Fr ü h a u f, 4400 Steyr, Kohlanger 2 Druck : Vereinsdruckerei Steyr, Stadtplatz 2

Wir fragen: Wo bleiben die . Teuerungs-Resolutionen 1 Nur zu ·gut sind uns die zahlreichen Resolutionen in Erinnerung, die der Betriebsrat gegen die steigenden Preise gefa~t hat. Stets wurde an die Regierung appelliert, etwas dagegen zu tun oder ... Die Christliche Fraktion hat solche Appelle stets unterstützt, wenn sie nioht parteipolitisch gefärbt waren, denn die Teuerung trifft gerade die Arbeiter neben den Pensionisten am härtesten. Seit einiger Zeit hört man aber nichts mehr von Resolutionen des B·etriebsrates gegen die Teuerung. Wmum wohl? Ist etwa die Teuerung ausgerottet? Im Gegenteil: In den letzten eineinhalb Jahren ist die Teuerung von durchschnittlich 3 Prozent auf über 5 Prozent gestiegen. Ist etwa der Betriebsrat für solche Appelle an die Bundesregierung, endlich etwas gegen die schleichende Inflation zu unternehmen, nicht zuständig? Nun, wenn der Betriebsrat nicht z,uständig ist, dann war er es auch nicht früher, als die Regierung mit solchen Resolutionen nahezu bombardiert wurde. Sind etwa 5 Prozent Preissteigerungen weniger besorgniserregend als die früheren 3 Prozent? · Ein halbwegs informierter Zeitgenosse wird leicht erraten können, warum es mit Resolutionen gegen die Teuerung in letzter Zeit bei unseren Genossen so still geworden ist: 9 Es ist nämlich eine sozialistische Regierung am e Ruder - und sie tut nichts gegen die Teue9 rung, sie bekommt sie nicht in den Griff (was 8 Dr. Kreisky so fest versprochen hat), sondern e im Gegenteil: die Teuerung wächst der sozia- · e listischen Regierung über den Kopf. Daher nichts mehr mit Resolutionen, die Teuerung ist eben unser Schicksal, sie ist au~erdem vom Ausland importiert. Die SPÖ möge uns christliche Gewerkschafter nicht für so primitiv halten, da~ wir dieses demagogische Spiel nicht durchschauen. Für uns sind 5 Prozent Preissteigerung, die uns die Sozialisten beschert haben, noch immer mehr als 3 Prozent. Für uns müssen Resolutionen an politische Stellen des Bundes oder des Landes einen Sinn haben, sie müssen der Stimmung unter der Arbeiterschaft Ausdruck geben und sie müssen ehrlich sein: solche Resolutionen müssen, wie alles, was wir Betriebsräte und Vertrauensleute tun, unseren Kolleginnen und Kollegen nützen, sie müssen daher an jede Regierung, ob rot oder schwarz, mit der gleichen deutlichen, aber nicht demagogischen Sprache gerichtet sein . Die Tatsache, da~ die sozialistischen Betriebsräte zur roten Preiswelle schweigen, beweist, d4l~ sie nicht in erster Linie das Wohl ihrer Kollegen, sondern den Vorteil ihrer Partei im Auge haben. Trübe Aussichten Arbeitsplatzverschmutzung ist Umweltverschmutzung Schwere Nebelschwaden von öl, Wasserdunst und Gru~staub liegen über der riesigen Halle des Autobaues. Nur künstliche Be1 leuchtung kann die me·iste Zeit diese „Waschküche" erhellen. Dafür leuchten aber seit e·inigen Wochen die Lampen umso heller. Man hat sie gereinigt und zentimeterdicke Ablagerungen von Ru~ und öl von ihren Schirmen entfernt. Fein, nicht, man tut etwas! Vielleicht hat es sogar das Arbeitsinspektorat angeordnet, dessen Vertreter hin und wieder durch unsere Autobau-Halle eilen. . . e Aus dem zentimeterdicken Schmutz auf den e Lampenschirmen kann man aber auch schlie- • ~en, wie es in den L u n g e n der dort be- • schäftigten Arbeitskollegen aussieht. Wir alle kennen den Autobau - ein im Ersten Weltkrieg errichtetes Gebäude, das trotz Zerstörung im Zweiten Weltkrieg in der früheren Form wiederrichtet wurde. - In dieser Fertigungshalle herrschen hygienische Zustände, die jeder modernen Anforderung Hohn sprechen. Es gibt keine ordentliche Be- und Entlüftung, weil in der kalten Jahreszeit wegen der Heizung die Tore und einige Ventilatoren geschlossen bleiben müssen. So ziehen Schwaden von öldämpfen, geschwängert mit Gu~staub durch den Raum, das Kühlwasser stinkt, da es monatelang in den Maschinen steht, kurz und gut: so kann es nicht mehr weitergehen. Umweltschutz wird ja jetzt - zumindest auf dem Papier - gro~ geschrieben. Wir wollen T a t e n sehen! Die christlichen Gewerkschafter sind der Meinung, da~ das erforderliche Geld für eine Modernisierun_g des Autobaues vorhan~en sein mü~te. Wenn man Millionen in eine neue, der Arbeiterschaft abträgliche Lohnfindung stecken kann, sollte doch auch zumindest ein gleich hoher Betrag im Kampf gegen die Umweltverschmutzung locker gemacht werden können. Oder nicht! Dr. Mock in Stevr Am 15. November 1971 sorach der Bundesobmann des österr. Arbeiter- ~nd Angestelltenbundes Minister a. D. Dr. Alois Mock auf Einladung auch der Fraktion Christlicher Gewerkschafter in der Arbeiterkammer in Steyr zu aktuellen Problemen der Arbeitnehmer. Diese Kundgebung bewies die einige und feste Haltung der ArbeHer und Angestellten, die ous christlicher Weltanschauung den veralteten Soziailismus und seine schädliche Obermacht in den Betrieben bekämpfen. Die Zukunft gehört nicht einem Sozialismus, der in verschiedenen Rottönen schillert und in seinen Grundsätzen veraltet ist, sondern der modernen christlichen Soziallehre, wie sie in Österreich die christlichen Gewerkschafter in den Betrieben und der österr. Arbeiter- und Angestelltenbund auf der politischen Ebene verkörpern.

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