Werkruf - Jahrgang 3 - Folge 3 - 1940

einer freien, licht= und sonnenüberfluteten Hochfläche entsteht eine neue Stadt, das neue Steyr. Der rund 200 ha umfassende Siedlungs¬ raum wurde vorerst kraft eines eigenen Ein¬ gemeindungsgesetzes organisch und politisch mit der Stadt verbunden. Um die nutzbare Bodenfläche — es sind dies nach Abrechnung des fast 50 ha bedeckenden Waldes — 150 ha Acker und Wiesen für Wohnbauzwecke frei zu machen, wurden die bäuerlichen Besitzer auf gleichwertige Anwesen umgesiedelt, sodaß mit den bodenaufschließenden Arbeiten an¬ fangs des Jahres 1939 begonnen werden konnte. Die nächste Sorge galt der Sicherung der Arbeitskräfte und der Bereitstellung der Bau¬ materialien für dieses große, in zwei Stappen geteilte Wohnbauprogramm. Die erste Etappe umfaßt 2000 Wohnungen, wovon während des Krieges wiederum mindestens 1000 Wohnungen im Jahre 1940 fertiggestellt werden sollen. Die anderen nach Maßgabe der Baumöglich¬ keiten. In verständnisvoller Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt sind Kräfte aus nah und fern herangebracht worden. In Baulagern modernster Art mit sauberen Schlafräumen, gemütlichen Gemeinschaftszimmern und allen erforderlichen hygienischen Einrichtungen fan¬ den sie Quartier. Verpflegt werden sie aus der eigenen neuzeitlich eingerichteten Küche; für ärztliche Betreuung ist vorgesorgt, ent¬ prechende Anlagen gestatten frohe Freizeit¬ gestaltung, Spiel, Sport und Unterhaltung. Auch alle Steyrer Baufirmen und die bodenständigen Ge¬ werbetreibenden sind zu den Arbeiten herangezogen worden. Welch umfassende Vorkehrungen die Heranbringung der Baumaterialien und der Werkstoffe bedingte, geht aus einigen wenigen Siffern hervor. Seit dem Ein¬ setzen der systematischen Bautätigkeit bis zum Ein¬ bruch des Winters 1939/40 — also in den ersten neun Baumonaten — wurden verbaut: 11,000.000 Steine, 1.800.000 Dachziegel, 3.600 Tonnen Sement, 1.800 Tonnen Ralk und 5.400 Kubikmeter Holz. Aus allen Teilen der Ostmark aber auch von weither aus dem Altreich rollten diese Baustoffe in langen Güterzügen an. Die Anlage des Bahnhofes Ramingdorf=Haidershofen erwies sich diesem gewaltigen Güterverkehr nicht mehr ge¬ wachsen; um ihn klaglos abzuwickeln, war es nötig die Bahnanlage wesentlich auszuweiten. Auf Dollbahn¬ Schleppgleisen förderte die Feld¬ bahn die Baugüter an die Um¬ schlagstellen und von dortgingen sie auf Zweiggleisen zu den ein¬ zelnen Baustellen. Einen nicht geringen Teil der Baustoffe schleppten Lastkraftwagen heran. Inzwischen arbeitete das Bau¬ büro der Wohnungsaktien¬ Gesellschaft der Reichswerke „Hermann Göring“ die Projekte 1 für den straßenbaulichen Auf¬ schluß und die Verbauungspläne der neuen Stadt aus. Die tech¬ nische Ausarbeitung und Durch¬ führung des Straßenbaues oblag der Stadtgemeinde. Die Haupt¬ verkehrsstraßen, von denen die in nord=südlicher Richtung laufende, die auch den Wald durchschneidet, auffällt, sind so weiträumig geplant, daß sie auch Verbauungsplan der Münichholz-Siedlung. den zukünftig zu gewärtigenden lebhaften Verkehr leicht bewältigen werden. Von ihnen strahlt ein Straßen¬ netz ausgesprochener Wohnstraßen aus, die vom Gro߬ verkehr nicht berührt werden und den Anrainern ein ruhiges Wohnen gewährleisten; mehr als die Hälfte der Wohnungen wird an solchen Wohnstraßen liegen. Aus dem abgebildeten Generalverbauungsplan lassen sich die Grundzüge der Planung der neuen Stadt gut erkennen: bestimmend für die Gesamtplanung war die Absicht, den prächtigen, ein Diertel des Lebens¬ raumes der neuen Stadt bedeckenden Wald als uner¬ schöpflichen Quell deutscher Lebenskraft in seiner ur¬ prünglichen Schönheit als Naturpark zu erhalten. Der Wald mit der weitläufigen Anlage für Sport und Leibesertüchtigung ist das Herz der Stadt. Damit ist zugleich auch die Dreiteilung des Gemeinwesens ge¬ geben. Häuser an einer der Wohnstraßen. 4

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