Adressbuch Wiener Neustadt 1930

e ürdigkeiten. kliche Einleitung. Geschich Wiener Neustadt, einst Grenzstadt des Deutschen Reiches wider Ungarn und Türken, hat im Laufe der Geschichte mehrmals laut von sich reden gemacht, so daß ihr Name in aller Munde war: so als Herzog Friedrich II., der letzte Babenberger, vor den Mauern der Stadt fiel (1246), als Kaiser Friedrich III. in dieser seiner Residenzstadt belagert wurde und den jungen Ladislaus Posthumus heraus¬ geben mußte (1452), dann auf schreckliche Weise 1522 und ähnlich wieder 1671, als erst die Geheiß des jugendlichen Erzherzogs aufrührerischen" (ständischen) Regenten auf Ferdinand, der eben aus Spanien gekommen, mitten auf dem Hauptplatze hingerichtet wurden, im anderen Gedenkjahre die beiden mächtigen Magnaten Zinn und Frangipani, Führer der Malcontenten, am letzten April um die 9. Stunde die Strafe des Hoch¬ verrates mit Verlust ihres Hauptes erlitten, wie eine Gedenktafel meldet, „weil ein Blinder einen anderen Blinden führte, wie die Grabschrift sagt. Weit über die Stadt hinaus drang auch der Ruhm ihrer von Kaiserin Maria Theresia gestifteten Militär¬ akademie, die überall bekannt war wohin österreichische Truppen kamen, hier flogen die ersten österreichischen Flugzeuge und mancher Weltrekord von ein¬wurde mit der Ortsmarke Wiener Neustadt in die aufhorchende Welt gedrahtet. Schließlich führte der chon wieder längst vergangene 7. Oktober 1928 ein Heer von Berichterstattern aller Länder in die Stadt Wer aber die engen Altstadtgassen durchwandert, die ehrwürdigen Gotteshäuser, die behäbigen Bürgerbauten, die Zeugnisse kaiserlicher Machtfülle, alle die vielen historischen Erinnerungen besieht, wird das Bedürfnishaben, die Geschichte dieser alten Stadt nicht nur in Blitzlichtaufnahmen, sondern im Zusammenhange kurz kennen zu lernen. Wiener Neustadt ist eine wohlüberlegte künstliche Gründung Leopolds V. von Babenberg, der möglicherweise ähnliche Pläne des letzten der steirischen Ottokare vorangingen. Die Vereinigung der Herzogtümer Oesterreich und Steiermark, welches damals bis an die Piesting reichte, ermöglichte und erforderte die Anlage eines Handelsmittelpunktes diesseits des Semmerings, zugleicheiner Grenz festung gegen Osten. In diese beiden Aufgaben wuchs die Stadt dank außerordent¬ licher Privilegien das Mautrecht der Babenberger erhielt sich bis heute sehr rasch hinein, über sie konnte sie aber nie hinauswachsen, so daß die Kaiserzeit, als Friedrich III, hier regierte, eine Episode bleiben mußte. Der Wettbewerb mit dem älteren, günstiger gelegenen und größeren Wien mußte ein aussichtsloser sein. Da der Grundriß der Stadt im voraus ausgemessen war, konnten sich ihr Straßennetz und ihre Großbauten in einer Weise entwickeln, deren Regelmäßigkeit heute noch in die Augen springt; eine beiläufig quadratische Fläche war von Mauern und Gräben um¬ laufen, vier Hauptstraßen, die den vier Himmelsrichtungen entsprechen, kreuzen sich auf dem gewaltigen Hauptplatze. Die wehrhaften Anlagen der Babenbergerburg, der Deutsch¬ herrensiedlung, des Neuklosters und Minoritenklosters oder die an deren Stelle ent¬ standenen Neuschöpfungen stehen noch auf dem alten, genau bedachten Platze von wo aus sie als Bollwerke wider östliche Feinde manchen harten Strauß bestanden. Ottokar von Böhmen=Oesterreich verstand es, Wiener Neustadt samt Gebiet, obwohl es steirisch war, zu behaupten, als er 1253 Steiermark dem Ungarkönig über¬ lassen mußte; dies war die Vorstufe, daß die Stadt schließlich zu Niederösterreich geschlagen werde. Um das Aufblühen der Stadt machte sich der Böhme sehr verdient Uebrigens war Neustadt den Landesherren, von denen es seiner Lage nach völlig abhing immer gefügig, machte die Sonderpolitik Wiens nie mit; so entstand möglicherweise noch im Mittelalter das Wort von der „Allezeit Getreuen. Unter den ersten Habs¬

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