Veröffentlichungen des Kultturamtes, Heft 36, Dezember 1985

Und nun einige Bemerkungen zu den Lehrern. Wie bereits oben ausgeführt, blieb der Unterricht am Gymnasium zu wesentlichen Tei– len den Magistri vorbehalten, die entsprechend ihrem Ausbildungs– gang ab einem Alter zwischen 21 und 23 Jahren zu mindestens vier, spä– ter dreijähriger Lehrtätigkeit verpflichtet waren 51 ). Diese stellte in sei– nem vieljährigen Ausbildungsgang nur eine Durchgangsphase dar, die er zudem kaum an einem einzigen Kolleg verbrachte. Für den Magister galt wohl das Aufstiegsprinzip, d.h. wenn er versetzt wurde, unterrich– tete er die nächsthöhere Klasse, doch unterrichtete er nicht selten, da Versetzungen häufig stattfanden, die gleiche Klasse einige Jahre hin– tereinander. Dies hatte zur Folge, daß die Schüler der gleichen Klasse fast jedes Jahr mit einem anderen Lehrer konfrontiert wurden. Daß ein Lehrer mit der gleichen Klasse wenigstens einmal aufstieg, kam in Steyr 72-mal vor, wobei sich unter den Lehrern zehn Patres befanden; drei Jahre hintereinander unterrichteten 17 Professoren, darunter zwei Pa– tres, wobei aber nicht immer das Aufstiegsprinzip eingehalten wurde, sondern so mancher die gleiche Klassenstufe zweimal hintereinander unterrichtete. P. Johannes Kolnig lehrte z.B. in den Jahren 1659 bis 1661 und 1664 bis 1666, aber jedes Jahr in der Rhetorica ; P. Nikolaus Lamor– maini unterrichtete neun Jahre ununterbrochen, jedoch sechs Jahre nur in der Grammatikklasse und drei Jahre in der Syntax . Im gesamten Berichtszeitraum unterwiesen 57 Patres und 276 Magister jeweils eine Klasse ein Jahr lang. Vom pädagogischen Standpunkt aus betrachtet war dies gewiß ein schwerer Mangel, den man jedoch mit Hilfe der fes– ten Studienordnung, der Gleichartigkeit der Methode und der erprob– ten Gewohnheiten der Provinz auszugleichen versuchte. Eine weitere Hilfe, die man nicht außer acht lassen sollte , bot gewiß die Tatsache, daß der Klassenlehrer nicht nur in den Unterrichtsstunden mit seinen Schülern Kontakt hatte. Vielmehr war es seine Aufgabe, die Schüler auch außerhalb der Unterrichtszeit, zumeist auch an den Feiertagen und in den kleineren Ferien zu betreuen . Er wohnte mit ihnen täglich der hl. Messe, sonntags auch der Predigt bei, betete mit ihnen, kurzum, er war fast ständig mit ihnen in Berührung und konnte so deren Fort– schritte in der Wissenschaft wie auch ihre charakterliche und sittliche Entwicklung genau beobachten. So nachteilig die rasche Versetzbar– keit für die Schüler trotzdem auch gewesen sein mag, hatte sie dennoch den unbestreitbaren Vorteil, daß bei Fehlern und Ungeschicklichkeiten des Lehrers, oder wenn sich dieser trotz wissenschaftlicher Befähigung für die Schulpraxis als untauglich erwies, diesen Übelständen rasch abgeholfen werden konnte52 ). Daß schließlich der Unterricht am Gym– nasium trotz mancher Mängel erfolgreich war, beweist nicht zuletzt die Tatsache, daß sich unter den Lehrern eine betrachtliche Anzahl bedeu– tender Persönlichkeiten findet, die alle selbst durch diese Schule ge– gangen waren und dort ihr Grundwissen erworben haben, das sie spä– ter zu hervorragenden Leistungen befähigte. 80

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2