Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 35, April 1980

Zu Beginn des Jahres 1783 gab es daher in Steyr eine k. k. Hauptschule, eine Mädchenschule bei den Ursulinnen und vier Trivialschulen (Berggasse, Ennsdorf, Gleinker Gasse und im Aichet) (13) Nun konnten die Ursulinnen mit Recht annehmen, daß der reformierten Niederlassung in Steyr keine Aufhebung mehr drohe. Josef II. war dagegen der Ansicht, das Kloster hätte vor Annahme des Ursulinnenregulatives auf– gelöst gehört. Daher wurde die Landesregierung beauftragt, einen Vermö– gensbericht über das Steyrer Frauenkloster vorzulegen . Nach einer Unter– suchung wurde das Vermögen mit 186.550 fl. und die jährlichen Einkünfte mit 7.371 fl. beziffert. Von den 32 Ursulinnen wurden nur acht für tauglich befunden, Unterricht zu erteilen . Außerdem wurde aus dem Kloster bekannt, daß die meisten Nonnen mit der Regel der Ursulinnen unzufrieden waren (14). Dieses Faktum war dem Klosteraufhebungskommissär Josef Valentin Eybel der Anlaß zum Einschreiten. Ihm war es ein Dorn im Auge gewesen , daß das Kloster in Steyr, wenn auch unter einem anderen Frauenorden, weiter Bestand haben sollte. Eybel, der durch die rigorose Anwendung der kaiser– lichen Dekrete im Land ob der Enns besonders unbeliebt war, nahm ein Schreiben vom 25. Jänner 1784 aus dem Steyrer Kloster zum Anlaß, hier einzuschreiten . Unter dem Vorwand einer Inspektion kam Eybel mit dem Schuldirektor Amand Mayrhofer und dem Aktuar Schwarz in das Kloster ,,am Berg " . „ Als dann die Oberin über einige mißvergnügte Schwestern klagte und Eybel bat, mit ihnen zu sprechen, und als die meisten Nonnen selbst darum baten , zeigte sich Eybel mit Vergnügen hiezu bereit. Keine trug das min– deste Bedenken in Gegenwart des Schuldirektors und des Aktuars, sich freimütig auszusprechen. Eybel bemerkte den Nonnen, er lasse alles seiner Gewohnheit nach aufschreiben und förmlich unterschreiben , damit er bei der Menge seiner Geschäfte nichts vergesse und damit er die Sache gehö– rigen Ortes gründlich unterstützen könne! Jede war damit einverstanden. Der Aktuar schrieb alles getreulich nieder. Beim Abschied wurde einer jeden in Gegenwart des Schuldirektors ihre Aussage vorgelesen, und jede unter– schrieb ohne Anstand. So war ein förmliches Protokoll zu Stande gebracht. Alles war in parlatorio abgemacht worden, und Eybel war gar nicht in die Lage gekommen , sich auf seine dekretale Ermächtigung zur Untersuchung des Klosters zu beziehen. Das Protokoll wurde nach Wien gesandt und gab zu ersehen, daß die Oberin selbst mißvergnügt war. Andere, die dem Ursu– linerinneninstitut nicht abgeneigt waren, erklärten, daß es damit auf die Dauer nicht gut gehen werde; andere wollten nur unter der Bedingung Ursu– linerinnen sein, daß sie in Steyr bleiben dürften. Von den acht zum Ursuli– nerinneninstitut tauglichen waren zwei krank. Von den übrigen sechs eine mißvergnügt. Beantragt war, die Zahl der Klosterfrauen für künftig - nach dem Absterben der alten - auf 18 festzusetzen - darunter vier Laien– schwestern. Zunächst aber erschien die Aufnahme neuer Lehrerinnen not– wendig und dazu das Vermögen des Klosters nicht hinreichend!" (15) 44

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