Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Heft 30, April 1972

Zu den kriegsbedingten Ausgaben kamen die Landesabgaben für einge– stürzte und leerstehende Häuser, deren Besitzer in der Zeit der Gegen– reformation abgewandert oder verarmt waren. Besonders in Steyr war der seit dieser Zeit anhaltende Häuserverfall sehr stark. Im Jahre 1652 waren von 765 Häusern im Burgfried 70 eingestürzt, 141 ohne Eigentümer und 191 in den Händen „ganz erarmter" Besitzer5 ). Die Angriffe der Türken auf das Habsburgerreich in den Jahren 1664 und 1683 bildeten für die Eisenstadt zwar keine direkte Gefahr, hatten aber zusätzliche Steuern (Türkensteuer) und Maßnahmen zum Schutze der Stadt zur Folge. So betrugen z. B. die 1683 anfallenden Defensionskosten 7.234 Gulden 7 Schilling 16 Pfennig6 ) . Im 18. Jahrhundert waren es die Erbfolgekriege, die wirtschaftliche Rückschläge auslösten. Aber nicht nur das politische Geschehen bewirkte eine Stagnation des städtischen Wirtschaftslebens, auch Hochwasserkatastrophen, Epidemien und Brände brachten Steyr mehrmals in eine verhängnisvolle Situation. Als im Juli 1670 das Hochwasser die beiden verkehrswichtigen Ennsbrücken im Stadtgebiet weggeschwemmt hatte, mußte die Stadtobrigkeit bei einem Ratsfreund ein Darlehen aufnehmen, um eine überfuhr errichten zu können7 ). Die Kontumazvorkehrungen in der Festzeit 1679 bis 1682 verursachten Auslagen im Betrage von 2.063 Gulden8 ). Der nach der Pest im Jahre 1713 allmählich ansteigende Wohlstand der Bürgerschaft wurde jäh zerstört durch die Feuersbrunst am Freitag, den 29. August 17279 ). Es war das größte Brandunglück in der Geschichte der Stadt Steyr10 ). An dem genannten Tage kam um halb 10 Uhr im Hause der Färbermeisters-Witwe Katharina Rädinger in Ennsdorf (Haratzmüller– straße Nr. 14) das Feuer zum Ausbruch. Begünstigt durch einen heftigen Wind vernichtete es Häuser in Ennsdorf, die Holzbrücke, Gebäude in der Enge, auf dem unteren Stadtplatz (bis einschließlich Haus Nr. 9), in der Berggasse und im Stadtteil Vogelsang. überaus schwer beschädigt wurden das Schloß sowie Kirche und Kloster der Cölestinerinnen. Achtzehn Per– sonen wurden ein Opfer der Flammen11 ). ,,Von dem Erretteten anwiederum auf das Verunglückte zurückzukommen", heißt es in dem Bittgesuch des Stadtrates an Kaiser Karl VI., ,,seind nebst dem fürstlich Lambergischen Schloß und dem Frauenkloster 143 Bürgerhäuser, die gar kleinen samt 5 ) F. Steuernachlaß anläßlich der Gegenreformation, MK., L. 26, Nr. 2226. 6 ) Rp. 1683, 135. 7 ) Rp. 1670, 178 f., 181, 189 f. u. a. Stellen. 8 ) F. X. Pritz, Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umge– bungen (1837), 5. 303. 9 ) E. Krobath, Das große Feuer vorn Jahre 1727. Steyrer Zeitung, Beilage zur Unter– haltung v. 13. 1. 1966. 10 ) Pritz, Steyer, 5. 327. 11 } E. Krobath, Die Bürgermeister der Stadt Steyr und ihre Zeit. 10. Fortsetzung. VKSt., Heft 27 (1966} , S. 7 ff. 46

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