Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 25, Dezember 1964

aufgeführt. In „Steyr's Chronik" von Alois Leopold Anton wird nämlich als Baujahr 1541 angegeben.121) Die Vorstadt Ennsdorf wurde mit einem Mauerring vom Schmiedtor in der Haratzmüllerstraße122 * 124 ) bis zum Kollertor am rechten Ennsufer12^) befestigt. In diesem Mauerzug lag auch das im 2. Weltkrieg (1944) durch Bomben zerstörte Johannestor in der Johannesgassc.121) In Steyrdorf erbaute man Wchranlagen um das Viertel „Außersteyrdorf" von der Friedhofsticge bis zur Fabrikstraße. Sie bestanden aus einem Graben und einer äußeren und einer inneren ‘Stauer,125 126 * 128 ) die am Wieserfeldplatz ein halbrunder Wehrturm12«) verstärkte. Vier Tore gewährten Zugang in die Stadt: Gleinker-,12?) Schuhboden-, Frauen- und Wehrgrabentor.12«) Am reichsten geschmückt war das Frauentor in der Sierninger Straße (früher Siechengasse), das seine Bezeichnung dem Fresko an der Außenseite, darstellend die Muttergottes mit dem Jesuskind und die Heiligen Florian und Sebastian, verdankte.12«) Am oberen Ende der Gleinker Gaffe thront noch heute das mächtige, zwei Stock hohe Schnallentor. Es dürfte, obgleich es Renaissance-Schmuck trägt und die Jahreszahl 1613 aufweist, wohl in spätgotischer Zeit erbaut worden sein. Es gehörte nicht zur Stadtbesestigung, sondern war ein Mauttor.w«) An der Vervollständigung und Erhaltung der vielen Wehrbauten, zu denen 18 Tore gehörten, wurde unter Leitung des von der Stadtobrigkeit ernannten Stadtbaumeisters bis in das 19. Jahrhundert ständig gearbeitet. Nicht selten zerstörten sie teilweise Brand und Hochwafferkatastrophen.1«1) Schwer belastete dann der Wiederaufbau die Stadllinanzen. Die Befestigungswerke bildeten ja nicht nur einen Schutzwall gegen Feindangriffe, sondern ermöglichten in Fricdenszeiten auch die vom damaligen Wirtschaftssystem geforderte Kontrolle des Handels und Verkehrs. (Fortsetzung folgt) 121) A. L. Anton, a. a. O., S. 62., I 122) Benannt nach einer Hufschmiede, die sich in der Nähe befand. Demolierung des Tores im Jahre 1855. A. L. Anton, ai. a. O., S. 220. 123) Das noch im alten Bauzustand befindliche Tor trägt die Jahreszahl 1480. 124) H. Obergottsberger, Bomben auf Steyr. Steyrer Zeitung v. 27. 2. 1964. 125j Die Mauern waren vermutlich nicht sehr hoch. Zur Zeit des Bauernaufstandes im Jahre 1596 wurden nämlich die Viertelmeister in der Gleinker- und Siechengasse und am Wieserseld vom Rat aufgefordert, die Unrathaufen an den Stadtmauern beseitigen zu lassen, weil sie sonst leicht erstiegen werden könnten. Sogar die Schießöffnnngen waren mit Unrat verstopft. StA., Ratsprotokoll v. 25. 11. 1596, S. 522_ 126) Wieserfeldplatz Nr. 5. 12<') Auch Krenklmüllertor genannt, abgebrochen 1843. A. L. Anton, a. a. O., S. 59. 128) F. Berndt. Die Doktormühle in Steyr. Steyrer Zeitung v. 14. 1. 1930. 129) Das Fresko an der Innenseite zeigte die hl. DreifalUgkeit, Maria und Franz datier. Eine lateinische Inschrift besagte: „Wenn der Herr die Stadt nicht behütet, so wachet der Wächter umsonst". A. L. Anton, a. a. O-, S. 67 f. — Die im September 1314 durchgeführte Abtragung des Tores wurde von den Bewohnern der Vorstadt Steyrdorf schmerzlich empfunden. Der Dolksdichter Nagt verfaßte aus diesem Anlaß ein Gedicht, das den Abschied des Frauentores von der „Schmiedstadt Steyr" zum Inhalt hat: „So zieh', wenn nichts mehr ist von mir vorhanden, zieh' ungehindert fort, du neue Zeit. Man wird einst sagen: Hier ist's Frauientor gestanden, es fiel als Opfer der Bequemlichkeit." (O. V., Von alten Stadttoren in Steyr. Steyrer Zeitung v. 29. 8. 1926.) An dieses Tor erinnert noch heute die Frauenstiege. wo) Schnalle = Maut. ist) So z. B. in den Jahren 1522, 1554, 1572, 1727, 1842. Abkürzungen: StA. = Stadtarchiv Steyr. 1106 = Urkundenbuch des Landes ob der Enns. VKSt. = Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr. Hs. — Handschrift. 63

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