Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 17, November 1957

So ungern die Städte es auch sahen, wenn Landeshauptleute sich zu sehr für ihre Geschäfte interessierten, so fanden sie doch stets pfeilgerade den Weg ins Hauptquartier ihrer Landesherren, wenn sie von ihnen etwas brauchten. Alsogleich verfaßte auch der „willig und beflissen" Rat von Steyr nach eingehender Beratung am folgenden Freitag einen Brief an seinen Herrn, den „wohledlen und gestrengen Herrn Wolfgangen Jörger zu Toledt, Landeshauptmann in Österreich ob der Enns". Darin schilderte er die neueste Unbill, die Steyrs Bürger bedrohte, legte eine Abschrift der Absage bei und schickte Wolfgang Kriechbaum mit dem Schreiben auf den Weg, erstens um es in sicheren Händen zu wissen, zweitens damit eventuelle Fragen des Landeshauptmanns prompt beantwortet werden konnten und drittens, weil man Briefe nie allein zu Ämtern reisen lassen sollte, da sie sich manchmal verirren und liegenbleiben. Wolfgang Kriechbaum war ein tüchtiger Sendbote. Am Freitag nach Sankt- Colonians-Tag (13. Oktober) schrieb er seinen Stadtvätern, daß er beim Regiment in Wien erfahren habe, der Landeshauptmann sei zum Landtag „hin auf zogn", also in Linz. Daraufhin habe er seine Sache dem Kanzler vorgetragen und ihn um seine Fürsprache beim Kaiser gebeten. Der Kanzler veranlasse nun, daß an alle Personen geschrieben werde, die in der Angelegenheit etwas tun können. Gut wäre es halt, meint Kriechbaum, wenn Jörg von Vorbach auch nach Wien herunter- küme, aber es würde schon auch so gehen. Es ging auch wirklich wie am Schnürchen. Am 16. Oktober wurde vom Kanzler der versprochene Bericht an den Kaiser verfaßt (eine Abschrift davon ging nach Steyr) und die getroffenen Verfügungen zur Billigung vorgelegt. Die Personen, welche die Absage geschrieben hatten, sollten vom Pfleger zu der Freinstatt ausgekundschaftet und als „Friedensbrecher wider den aufgerichten Vertrag" angeklagt werden. Georg von Vorbach war am Donnerstag nach St.-Colomans-Tag in diesem Sinne verständigt worden und er wurde gebeten, von seinen Bemühungen umgehend zu berichten. Landeshauptmann Wolfgang Jörger, der bisher von der Sache auf amtlichem Wege noch nichts erfahren hatte, aber sicherlich in Linz durch umlaufende Gerüchte informiert worden war, wurde am 19. Oktober schriftlich verständigt, und es wurde ihm nahegelegt, sich mit dem Burggrafen von Prag, Herrn Zdenko von Rosenthal, ins Einvernehmen zu setzen. Damit die Botschaft sicherer in dessen Hände gelange, solle sie mit einem kaiserlichen Credenzschreiben gesandt werden. Ohne die Sache zu verzögern, setzte sich Wolf Jörger sofort nach Erhalt der Botschaft aus der kaiserlichen Kanzlei hin und schrieb am Freitag, dem St.-Simons-und-Judas-Tag (dem 28. Oktober), an seinen lieben Freund, den Burggrafen von Prag, Zdenko von Rosenthal, was man in der leidigen Absageangelegenhett zu tun hätte. Leider kenne man die friedensbrecherischen Personen nicht, doch nehme man an, sie seien Böhmen. Warum? Leicht zu beantworten: Der Brief fand sich am Böhmertor in Freistadt, ist unterschrieben von Polack, Kosel — und verstecke sich nicht hinter dem Mert Maxnier der Sohn Prandtstetters, der mit seinen Freunden nach Böhmen geflohen sei? (Preuenhuber meint in seiner Chronik, Prandtstetter und seine Freunde müßten Böhmen gewesen sein, weil sie den Rat zum Fenster hinausiverfen wollten — diese Methode sei ja nur in Böhmen üblich!) Ob man diese Absager nun fange oder nicht, eines müsse auf jeden Fall festgestellt werden, meint der Landeshauptmann ob der Enns: Die Erbeinigung zwischen Böhmen und Österreich weise unter anderen guten Artikeln auch den des Absageverbotes von einem Land zum anderen auf. Privatfehden gibt es nicht mehr, in Streitfällen ist Klage zu führen! Die Absager gefährden also den Vertrag zwischen Österreich und Böhmen und sind dafür als Friedensbrecher schwer zu bestrafen. Er, Jörger, müsse als Verwalter des Landes ob der Enns im Namen Seiner Majestät des Kaisers an den Burggrafen von Prag und Verweser des böhmischen Landes appellieren, daß er jedes Unrecht abzustellen „genaigt sein werde". Der Kaiser werde diese Hilfe zu schätzen wissen, auch er, Jörger, danke dafür und man sei im gegebenen Fall zu einer Revanche gerne bereit. 6

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