Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 15, Dezember 1955

Nicht selten besuchten namhafte Meistersinger aus fremden Städten die Eisenstadt. Am 1. Februar 1578 veranstaltete hier der Görlitzer Adam Puschman eine Singschule8 9). gr ^ ^cr Verfasser des „Gründlichen Berichts des deudschen Meistergesangs vnd der deudschen Versen oder Rittmis", worin er neben „anderen Kayserlichen vnd Fürsten Steten, da dise löbliche Kunst gebbet wird", auch Steyr erwähnt. Der Meistersinger Georg Hager, später „Schuster und Bürger im Schustergäßl in Nürnberg", weilte um diese Zeit ebenfalls in Steyr, wo ihm eine Liste der 272 Weisen, die Hans Sachs für seine Dichtungen benützte, überreicht wurde?). Innige Beziehungen zur Eisenstadt unterhielt der bekannte Welser Meistersinger Paul Freudenlechner, der mit Peter Heiberger gut befreundet roai10 11). In einem „Danklied" vom 6. November 1604 wünschte er den Steyrern ein glückliches Neujahr: „Vnnd wünschen glück: demnach gerade wir Singer albereite einem löblichen Magistrate als vnser Obrigkeite der Stadt Steyr sonderheite darnach einer ersamen Burgerschafft""). Dem Nadler Peter Heiberger, ein „Liebhaber des deutschen Meistergsang zu Steher", verdanken wir zwei bedeutende Liedersammlungen. In den Jahren 1599, 1603 und 1607 hielt er mit Bewilligung des Rates Singschulen ab1'2 13 * * * ). Von den 34 nachweisbaren Meistersingern, die sich entweder dauernd oder nur vorübergehend in Steyr aufhielten, verdient der Bortenschlager Nikolaus Lindtwurm besondere Erwähnung"). Es ist uns nicht überliefert, woher er kam. Im Jahre 1599, als in Steyr gerade die Gegenreformation im Gange war, wurde Lindtwurm, nachdem er sich beim Rate vorgestellt und seinen Lehrbrief vorgewiesen hatte, das Bürgerrecht zuerkannt"). Er vermählte sich am 2. Jänner 1611 mit Barbara Stremberger, Tochter des Müllners Hans Stremberger zu Kuttenberg in Böhmen"). Dieser Ehe entstammten die Kinder Juliana, getauft zu Steyr am 17. 9. 1612"), Urban und Georg. Lindtwurm erwarb 1616 käuflich die Behausung des Tischlers Valthin Rannz in der Stadt, obere Zeile, oberes SSiertel17). Nach I. Krenn ist es heute das Haus Pfarrgasse Nr. 718). In seinem kleinen Betriebe arbeitete Lindtwurm wahrscheinlich nur mit einem Gesellen, denn am 7. August 1623 ersuchte er beim Rat um die Ausstellung eines Geburts- und Lehrbriefes für den Bortenmacher Pankraz Mair"). Als Meistersinger mußte Lindtwurm im Lande ob der Enns in großem Ansehen gestanden sein. „Zu begerten und Zugesagten ehren vnd gefallen" sang ihm 8) Sinstschule = festliche Gesangsvcranstaltung im Rathaus. 9) F. Mayer, a. a. O., S. 13 f. ") Ebenda, S. 20. 11j Stiftsbibliothek Göttweig, Handschrift Nr. 1034-.' „Meistergesangbuch von 1550 bis 1616 von Paulus Freudenlechner". Die Abschrift dieses Meisterliedes stellte mir in entgegenkommender Weise Frau Dr. I. Hack-Ottl zur Verfügung. ") I. Ofner, Zur Geschichte des Meistergesanges in Steyr. OO. Heimatblätter (1948), Jg. 2, Heft 2, S. 163 ff. ") I. Ofner, Steyr, eine Pflegestätte des Meistergesanges. Die Stimme Österreichs (1952), Jg. 6, Sonderheft Steyr, S. 28 f. — Bortenschlager — Erzeuger von Borten. (Randbesatz an Kleidern und Möbeln). ") St., Rp. 1599, 250, 260. 13) Stadtpsarramt Steyr: Evangelische Matriken, Jnv. Nr. 13 c, Heft 3, S. 2. 16) Stadtpfarramt Steyr: Evangelische Matriken 1612. ") St., Rp. v. 2. 12. 1616, 270. ls) St., Steuerbuch 1620. Hier ist ein Schätzwert von 200 kl angegeben. — I. Krenn, Häuserchronik bet Altstadt Steyr, 1. Teil, S. 40. Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr (Juni 1951). '») St., Rp. v. 7. 8. 1623, 242. 25

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