Veröffentlichungen des Kulturamtes, Heft 13, Oktober 1953

Der Tod als Fahrgast Vor vielen Jahren, als die hölzerne Brücke über die Enns, die heute Lahrndorf mit Sand verbindet, noch nicht bestand, wurde der Verkehr zwischen beiden Ortschaften mittels Zille bewerkstelligt. Der Fährmann, allgemein Förg bezeichnet, wohnte in dem Häusel, das heute noch hart an der Enns, nahe der Brücke liegt und seit altersher das Förgenhäusel hieß und auch jetzt noch so genannt wird. Nachdem die Brücke errichtet war, wurde die Ueberfuhr eingestellt. Heute gehört das Förgenhäusel, vielfach erneuert und umgestaltet, zum herrschaftlichen Schloß Samberg in Steyr; ein Jäger wohnt darinnen, der den Verkauf des Scheiterholzes, das aus den herrschaftlichen Wäldern dort auf dem freien Platze abgeladen wird, besorgt. Die Sage erzählt, daß vor vielen Jahren im Dambachtale eine ansteckende Krankheit (Typhus) grassierte, die alle Menschen in dem engen Waldtale dahinraffte; nur einer blieb übrig und das war Förg. Ehevor die „Sterb" anging, stieg eines Tages in Lahrndorf ein fremder, vermummter, unheimlich aussehender Geselle in das Fahrzeug des Jörgen und ließ sich über die Enns setzen. Als der schweigsame Fahrgast auf der Dambach- seite ausstieg, fragte er den Jörgen, was er schuldig siei. Da der Fragende ein „bsunderlöga" Mann war, getraute sich der Förg nichts zu verlangen und sagte: „Nichts". „Das ist dein Glück", sprach der Fremde, „sonst hättest du auch sterben müssen!" Dann ging er davon, hinein in das Dambach- tal. Bald darauf starben alle Leute in dem langen Tal längs des Dambaches, nur der Förg blieb übrig, sich erinnernd der Worte jenes Fahrgastes, den er auf seinem schwankenden Fahrzeuge über die Enns gesetzt hatte. Es war der Tod gewesen. 36

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