Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Oktober 1952

DR. HERMANN VETTERS Nus Der ältesten Neschichle Des Ennsksles Das Land beiderseits der Enns ist feit urdenklichen Zeiten besiedelt gewesen. Bis in die Steinzeit reichen die Funde zurück und gerade unweit von Steyr haben sich untrügliche Zeugnisse aus dieser frühen Epoche der Geschichte unserer Heimat gesunden. Im Laussatal an der Langensteinerwand bei Großraming wurde eine bedeutende Waffen- und Werkzeugfabrik gefunden. Wenn wir den Ausdruck Fabrik gebrauchen, so geschieht dies bewußt, denn hier wurde der kostbare Stein, der damals wichtigste Rohstoff des Menschen, im Großen bearbeitet. Es ist eine bereits vorgeschrittene Kultur, die wir kennen lernen, denn die Herstellung der Geräte 'erfolgte nicht mehr für den Eigenbedarf allein, sondern die Arbeitsstätten versorgten sicher einen weiteren Bezirk mit ihren Erzeugnissen. Die Bewohner des Landes waren nicht mehr Jäger, sondern betrieben Ackerbau. Wir sind nicht in der Lage, sie einem bestimmten Volkstum zuzuweisen. Bereits in der Steinzeit haben sich über diese älteste Bevölkerung, die wir nach der Verzierung ihrer Keramik mit Bändern „Bandkeramiker" nennen und die der vorindogermanischen Bevölkerung angehören, andere Bevölkerungselemente gelagert. Sie kamen aus dem Norden und dürsten die ersten Jndo- germanen gewesen sein. Unter ihnen waren auch die Vorläufer der späteren Italiker. Das erste Volk, das wir mit Namen fassen können und dem wir eine eindeutig bestimmbare Kulturhinterlassenschaft zuweisen können, sind die Illyrier. Sie sind aus dem Nordosten über die seit uralter Zeit begangene Bersteinstratze zugewandert, die dem von der Natur vorgeschriebenen Lauf der March nach Süden folgte. Damals war bereits die Bearbeitung der Metalle bekannt und man verstand die kostbare Bronze herzustellen. In Oberösterreich entstand im Laufe der Jahrhunderte die reiche Hallstattkultur, von der auch Funde im Ennstal ans Tageslicht kamen. Erinnert sei nur an den schönen Grabfund von Thalling, der eine kostbare Zierde des Ennfer Museums darstellt. Aber nicht nur materielle Reste haben ums die Illyrier hinterlassen, sondern so mancher Fluß- und Ortsname wurde von ihnen geprägt und ist zum Teil heute noch int Gebrauch. So geht der Name Aist auf Agista zurück, Ter- golape (Schwanenstadt) und die Wurzel Adra in Atter (-gau, -see) stammen aus dem illyrischen Idiom. Weit im ganzen Raum von Mittel- und Südeuropa hat sich illyrisches Volkstum ausgedehnt, Oberösterreich war etwa im Zentrum desselben gelegen und hier entwickelt sich im Bergbaugebiet von Hallstatt die höchste Blüte dieser Kultur. Etwa in der Zeit von 400 bis 300 v. Chr. schichteten sich über die Illyrier die aus dem Westen der Donaustraße entlang kommenden Kelten. Sie haben die verhältnismäßig dichte illyrische Bevölkerung nicht ausgerottet oder vertrieben, sondern zwischen beiden Völkern kam es zu einer innigen Bindung, die uns vor allem aus dem Namenmaterial bekannt wurde. Sie bringen eine eigene Kunst und Kultur mit, die nach dem Fundort La Tene in der Schweiz Latenekultur benannt wird. Aus dem ursprünglich in losen Stämmen lebenden Volke entwickelte sich im Verlauf der letzten 2 vorchristlichen Jahrhunderte ein loser Staatenbund, 3

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