Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Oktober 1952

DR. HERMANN VETTERS Nus Der ältesten Neschichle Des Ennsksles Das Land beiderseits der Enns ist feit urdenklichen Zeiten besiedelt gewesen. Bis in die Steinzeit reichen die Funde zurück und gerade unweit von Steyr haben sich untrügliche Zeugnisse aus dieser frühen Epoche der Geschichte unserer Heimat gesunden. Im Laussatal an der Langensteinerwand bei Großraming wurde eine bedeutende Waffen- und Werkzeugfabrik gefunden. Wenn wir den Ausdruck Fabrik gebrauchen, so geschieht dies bewußt, denn hier wurde der kostbare Stein, der damals wichtigste Rohstoff des Menschen, im Großen bearbeitet. Es ist eine bereits vorgeschrittene Kultur, die wir kennen lernen, denn die Herstellung der Geräte 'erfolgte nicht mehr für den Eigenbedarf allein, sondern die Arbeitsstätten versorgten sicher einen weiteren Bezirk mit ihren Erzeugnissen. Die Bewohner des Landes waren nicht mehr Jäger, sondern betrieben Ackerbau. Wir sind nicht in der Lage, sie einem bestimmten Volkstum zuzuweisen. Bereits in der Steinzeit haben sich über diese älteste Bevölkerung, die wir nach der Verzierung ihrer Keramik mit Bändern „Bandkeramiker" nennen und die der vorindogermanischen Bevölkerung angehören, andere Bevölkerungselemente gelagert. Sie kamen aus dem Norden und dürsten die ersten Jndo- germanen gewesen sein. Unter ihnen waren auch die Vorläufer der späteren Italiker. Das erste Volk, das wir mit Namen fassen können und dem wir eine eindeutig bestimmbare Kulturhinterlassenschaft zuweisen können, sind die Illyrier. Sie sind aus dem Nordosten über die seit uralter Zeit begangene Bersteinstratze zugewandert, die dem von der Natur vorgeschriebenen Lauf der March nach Süden folgte. Damals war bereits die Bearbeitung der Metalle bekannt und man verstand die kostbare Bronze herzustellen. In Oberösterreich entstand im Laufe der Jahrhunderte die reiche Hallstattkultur, von der auch Funde im Ennstal ans Tageslicht kamen. Erinnert sei nur an den schönen Grabfund von Thalling, der eine kostbare Zierde des Ennfer Museums darstellt. Aber nicht nur materielle Reste haben ums die Illyrier hinterlassen, sondern so mancher Fluß- und Ortsname wurde von ihnen geprägt und ist zum Teil heute noch int Gebrauch. So geht der Name Aist auf Agista zurück, Ter- golape (Schwanenstadt) und die Wurzel Adra in Atter (-gau, -see) stammen aus dem illyrischen Idiom. Weit im ganzen Raum von Mittel- und Südeuropa hat sich illyrisches Volkstum ausgedehnt, Oberösterreich war etwa im Zentrum desselben gelegen und hier entwickelt sich im Bergbaugebiet von Hallstatt die höchste Blüte dieser Kultur. Etwa in der Zeit von 400 bis 300 v. Chr. schichteten sich über die Illyrier die aus dem Westen der Donaustraße entlang kommenden Kelten. Sie haben die verhältnismäßig dichte illyrische Bevölkerung nicht ausgerottet oder vertrieben, sondern zwischen beiden Völkern kam es zu einer innigen Bindung, die uns vor allem aus dem Namenmaterial bekannt wurde. Sie bringen eine eigene Kunst und Kultur mit, die nach dem Fundort La Tene in der Schweiz Latenekultur benannt wird. Aus dem ursprünglich in losen Stämmen lebenden Volke entwickelte sich im Verlauf der letzten 2 vorchristlichen Jahrhunderte ein loser Staatenbund, 3

üer schon sehr bald mit dem höher entwickelten Süden, mit Italien, zunächst kommerzielle Bindungen, bald auch politische eingeht. Ursache für diesen Verkehr war der Metallreichtum des Landes, dessen Bodenschätze im rohstoffarmen toiiben guten Absatz fanden. An Bedeutung überwogen bald die südlichen Stämme und unter ihrer Leitung kommt es zur Bildung des Königreiches Norikum (regnum Noricum), dessen KrislallistuionSpunkt das große oppidum (befestigte Stadt) Noreia wurde. Wir wissen nicht genau, wo dieser Ort gelegen ist, vielleicht haben wir ihn auf dem Magdalensberg in Kärnten zu suchen, wo seit 4 Jahren große Grabungen reiche Funde geliefert haben. Die Verbindungen mit Rum, der reiche Handel mit dem Süden, stärkten das Ansehen und den Einfluß des Königreiches und etwa mit der Wende ootn 2. zum 1. vorchristlichen Jahrhundert mag es über den Alpenhauptkamm gegriffen haben, um sich die Donaukelten anzugliedern. Eine schwere Erschütterung brachte der große Wanderzug der Kimbern und Teutonen, der ersten Vorläufer der germanischen Völkerwanderung. Vom Norden der jütlündischen Halbinsel waren Germanen aufgebrochen um neues Land zu gewinnen, waren quer durch Norddeutschland gezogen, hatten versucht, das keltische Boierreich in Böhmen zu durchziehen. Dort abgewiesen, nahmen sie ihren Weg wie einst die Illyrier über die Oder-March- furche und kamen schließlich im Raum von Belgrad zum Stehen. Nachdem sie sich mit t-hräkischen Stämmen und den keltischen Skordiskern (um Belgrad) herumgeschlagen hatten, versuchten sie endlich 113 v. Chr. längs der Drau nach Westen zu ziehen, um über die Schweiz nach Frankreich zu gelangen. Rom war auf der Wacht und der Konsul Gnäus Papirius Carbo befürchtete einen Einfall in die lockenden Gefilde Italiens. Als dieser nicht erfolgte, zog er den Germanen entgegen. Bei Noreia wurde er geschlagen, die Germanen und manche Volkssplitter aus den keltischen Staaten zogen ab, bis rund 10 Jahre später Marius sie vernichtete. Wichtig ist die Mitteilung, daß Norikum damals bereits in engen politischen Beziehungen mit Nom stand und der König der Gaftfreund des römischen Boldes genannt wird (hospes populi Romani). Gering sind die historischen Nachrichten, die wir über unsere Heimat aus der antiken Literatur erhalten, lag Norikum doch damals am Rande der großen Welt. Etwa zwei Menschenalter später pochte wieder der Feind an die Pforten. Diesmal waren es Verwandte aus Böhmen, Boier, die Durchzug verlangten, um zu ihren Stammesgenossen in Helvetien (Schweiz) zu gelangen. Unruhen im Maingebiet, zuwandernde Germanen in Böhmen und vielleicht auch persönliche Gründe (Rivalität im Adel) hatten einen großen Schwarm von Boiern veranlaßt, ihre Heimat zu verlassen. Im Wiener Becken, im Weinviertel und im Burgenland planten sie sich häuslich niederzulassen, saßen wohl auch eine Zeitlang ruhig. Doch auch hier war keine dauernde Heimstätte zu finden. Versuchten doch die dem thrakischen Volke verwandten Daker hier von Siebenbürgen aus Fuß zu fassen und auch üer Herr Norikums, wohl der aus Caesar bekannte König Voccio, dem das Gebiet gehörte, wird nicht ruhig die Verletzung seines Territoriums hingenommen haben. So kam es zur neuerlichen Wanderung. Es wurden weit reichende Beziehungen angeknüpft. Gemeinsam wollte man mit dem schweizerischen Brudervolk der Helvetier nach Gallien wandern. Vorerst aber sollte Noreia, die Hauptstadt Norikums, genommen werden. 58 v. Chr. belagerte man es vergeblich. Der Weg dorthing ging nicht wie heute über den Semmering. Zwei andre standen zur Verfügung. Der östliche zog sich am Außenrand der Alpen über Oedenburg, Steinamanger ins Drautal, der westliche über St. Pölten, Amstetten zum Ennstal, das bei Steyr überschritten wurde, um dann über den Pyhrn, Rottenmanner Tauern nach Neumarkt und Kärnten zu führen. Den ersteren hatten seinerzeit die Kimbern gewühlt, die Boier werden wohl den westlichen, wie Prof. R. Egger meint, gezogen sein, denn der östliche Hütte sicher eine Reaktion Roms, so wie einst 4

beim Kimbernzug, zur Folge gehabt. Damals hat der Ennsübergang bei Steyr zum erstenmal eine Rolle gejpielt. Welcher keltische Stamm hier gesessen ist, wissen wir nicht, auch Bodenfunde sind verhältnismäßig wenige erhalten. Trotzdem muß aber die Bevölkerung intensiv keltisiert bzw. keltisch gewesen sein, tragt doch der Ha-uptfluß, die Enns, einen keltischen Namen (Anisus von keltisch ano, ana, sumpfig, feucht, nah) und der Ortsname Lauriacum (Laureacum) ist von einer keltischen Wurzel herzuleiten. Der oben erwähnte Voeeio hatte eine schwierige politische Lage zu meistern. Standen sich doch im Westen zwei starke Mächte gegenüber. Der Stiebe Ario- vist und der große Julius Caesar. Wie' so oft half hier nur eine Schaukelpolitik. Ariovist erhielt die Schwester zur Frau, Caesar wurde legten Endes im Bürgerkrieg mit 300 schweren Reitern unterstützt. Gerade diese Meldung zeigte uns, welch ansehnliche Macht der Herr Noreiums sein eigen nannte. In das Licht der Geschichte tritt unsere Heimat aber erst mit betn Zeitpunkt, als Rom in den Jahren 16/17 o. Chr. im Zuge seiner ausgreifenden Eroberungen unter Augustus das befreundete norische Königreich ohne besondere Gewaltanwendung besetzte. Bereits im ersten Anhieb wurde sein Gebiet bis zur Donau gewonnen. In Abhängigkeit, aber nicht militärisch gesichert, blieb der Teil, der sich nördlich der Donau erstreckte, also das Mühl-, Wald- und Weinviertel. Hier wohnten die keltisierten Kamper und Naristen (mit illyrischen Namen). Als die großen Offensivpläne des Augustus — der ja bekanntlich im Westen Germanien bis zur Elbe, der Donau gegenüber den ganzen böhmischen Raum seinem Machtbereich einzuverleiben beabsichtigte, — an der Widerstandskraft der Germanen und am pannonischen Aufstand gescheitert waren, blieb im Alpenraunt die Nordgrenze des römischen Reiches die Donau. Entlang dieses Stromes entstanden nun militärische Posten, kleine Forts und Wachttürme, die die Aufgaben hatten, den Verkehr zu überwachen und Ueber- rumplungen zu verhindern. Erst unlängst hat A. W. Jenny in Linz einen solchen auf dem Altstadtplatz freigelegt. Auch in unserem Rannte werden solche gestanden sein. Vor allem der wichtigste Donauübergang an der Ennsmündung bedurfte eines solchen. Führte doch sicher längs des Ennsflusses eine Straße nach dem Süden, von der bei der Steyrmündung ein Strang nach dem Westen abzweigte und etwa über Gründberg—Sierning und Egendorf in die Gegend vo-n Ried führte, wo das antike Vetoniana zu suchen sein wird. Weiler südlich von diesem Straßenzug ging ein weiterer Weg nach Westen, der an die Pyhrnstrahe führte und bei Kirchdorf-Micheldorf (Tutatio) in diese einmündete. Nicht nur nach Westen, auch nach Süden folgte eine Straße dem Ennstal bis etwa gegen Weyer, wie wir aus den Streufunden von Pesendorf, lernberg und Losenstein schließen können. Nach Osten endlich führte der noch lange nach der Römerzeit im Gebrauch stehende Flötzersteig über Aschbach nach Mauer an der Url. Er stellte die Verbindung zur großen von den Römern gebauten Hauptreichsstraße her, die den Westen des Reiches mit dem Osten verband. Sie führte in unserem Gebiet von St. Pölten kommend über Laureacum einerseits nach Wels (Ovilava) und Salzburg (juvavum), anderseits nach Innstadt (Boio« durum) und Passau (Castra Batava). Aber nicht nur südlich des Stromes war das Land dem Verkehr geöffnet, auch nördlich desselben vermittelte das Tal der Aist (Agista) den Zugang nach Böhmen, wo seit etwa 8 v. Chr. die germanischen Markomannen siedelten. Zunächst haben neben den Wachtürmen Detachements der Besatznngstruppen Dienst gemacht. So hatte die XV. Legion (Korps), die feit den Jahren 15/14 v. Chr. in Carnuntum garnisonierte und seit 53/54 n. Chr. ein steinumwalltes Lager daselbst besaß, die Sicherung besorgt und, wie wir vielleicht aus einem Grabstein schließen können, bereits eine kleine Festung angelegt. Die Regierungszeit des Kaisers Claudius brachte eine grundlegende Aenderung in der Verwaltung des Gebietes. Bisher war dieses wohl als besetztes

Land, aber doch noch von einem norischen König regiert worden. Claudius gab dem Land eine Provinzialverwaltung. Maßgebend für diese Aenderung war der Einzug der südlichen Stadtkultur gewesen. In Kärnten, Osttirol und im Salzburgischen wurden die allmählich entstandenen stadtähnlichen Siedlungen als freie Städte orgaimsiert. Virunum (Zollfeld bei Klagenfurt), leunua (Sankt Peter im Holz), Aguntum (Dölsach bei Lienz), Juvavum (Salzburg) und im Westen Brigantium (Bregenz) wurden Munzipien.st Das Donaugebiet folgte unter Hadrian (117 bis 138) nach, wo Ovilava (Wels) und Aelium Cetiurn (St. Pölten) zu freien Städten gemacht wurden. Im Osten in Pannonien, waren Carnuntum und Vindobona ebenfalls Städte geworden, während in der Steiermark bereits unter den Flaviern Solva zur Stadt erhoben wurde. Diese städtische Organisation des Landes war für das gesamte Römerreich bezeichnend, ja jenes bestand im Grunde genommen aus einer Unzahl freier Städte. Sie regierte ein aus 100 Personen bestehender Gemeinderat (ordo), an dessen Spitze 2 Stadtrichter (II viri jure dicundo) standen. Zwei weitere Beamte (Aedilen) sorgten für die Verwaltung. Alle 5 Jahre wurde der Steuertatafter neu aufgestellt (census) und alljährlich wurden die Beamten frei gewählt. Niedere Gerichtsbarkeit und Freizügigkeit im Verkehr und in der Wirtschaft schufen gemeinsam mit dem großen zugewiesenen Landbezirk die Grundlage für den Reichtum der Städte. An die Stelle der Legionsüetache-ments waren an der Donau längst Älen'') und Cohorten getreten, d. h. Militär, das nicht aus Reichsbürgern bestand, sondern in den Provinzen selbst rekrutiert wurde. Rach Abschluß der Dienstzeiten erhielten seine Soldaten das Bürgerrecht. Das Land war fast durchgehend romanisiert, wenn auch die Zusammensetzung der Bevölkerung sich nicht staök durch Zuwanderung verändert hatte. Willig waren die Bewohner zur neuen Stadtkultur erzogen worden. Nicht nur Militär schützte die Nordgrenze, sondern vorgelagert wurde ihr ein Kranz von Klientelstaaten, modern würde man Satellitenstaaten sagen. Für den oberösterreichischen Raum von Bedeutung ist hier der Staat der Naristen im Mühlviertel und der der Markomannen im anschließenden Waldlind Weinviertel. Die Markomannen hatten das Gebiet der Kamper ihrem böhmischen Gebiet angeschlossen. Jenseits der March folgte dann das Reich der fuebifchen Quaben. Diese Staaten, monarchisch organisiert, waren vom römischen Statthalter abhängig. Mehr als einmal hat Rom hier diplomatisch eingegriffen und die Regierung nach seinem Willen organisiert. Auch der große Gegenspieler im Norden, Marbod, hat das fühlen müssen. Tiberius, der Nachfolger des Augustus, hatte ihn beim eigenen Volke unbeliebt gemacht, hatte die Nachbarn gegen ihn mobilisiert und so mußte Marbod schließlich beim verhaßten Feind südlich der Donau Zuflucht suchen. Der kaiserliche Prinz Drusus kam an die Donau und wie ein militärisches Schauspiel, wie eine Demonstration der römischen Macht, erfolgte 19 n. Chr. der Uebertritt des Germanenfürsten (etwa bei Linz) auf römischen Boden. Arcana imperii, Geheimnisse der Regierung, nannte man das in Rom. Dabei war man aber im Süden ängstlich darauf bedacht, die „Unabhängigkeit" der Staaten zu wahren, das heißt eine Koalition all dieser Kleinstaaten zu verhindern. Dieses System bewährte sich solange, als der Protektor, in diesem Falle also Rom, stark war. Beim tleinsten Anzeichen von Schwäche konnte es aber zum Zusammenschluß dieser Gebiete kommen und die Dämme an der Grenze brachen. 166 n. Chr. kam es zum erstenmal dazu. Der Einfall konnte leicht erfolgen. Große Abteilungen des Donauheeres waren nach dem Osten abgezogen worden, um gegen die Parther, den Erbfeind, zu streiten. st Kreisstädte, Landstädte -) Kleine Neitercibteilungen (Anmerkung der Gchriftleitung) 6

Geschwächt kamen sie zurück und brachten obendrein noch die Pest mit, die gewaltige Opfer unter Militär und Zivil forderte. Mit anderem Worten: der Stand an Menschen, welcher die befestigte Grenze hätte verteidigen können, war stark dezimiert. Das wußte man auch im Norden. Durch Spionage erfuhr allerdings auch die Reichsregierung von den Gärungen im Satellitengebiet. Durch einen fingierten Einfall im Südosten des Reiches wurde das Reichsheer dorthin abgelenkt und ungehindert ergossen sich die Scharen der Germanen über das Land. Bis nach Italien kamen sie. Verhältnismäßig arg waren die Schäden längs der Hauptstraßen, also der Straße nach Italien und der Donauuferstraße. Juvavum wurde zerstört, auch Ovilaoa geschädigt. Von 167—171 dauerten die Kämpfe in der Provinz. Im Zuge der Gegenmaßnahmen stellte Marc Aurel in Italien zwei neue Legionen mit dem Beinamen Italica auf, die nach Abschluß der neuerlich versuchten (180 n. Chr.) und dann doch wieder gescheiterten Offensivpolitik (Roms Heere standen bereits auf dem nördlichen Karpathenkamm, in Trentschin war ein Lager!) Standquartiere an der mittleren Donau bezogen. Die III Italica kam nach Regensburg, die II Italica baute bei Lorch ihr Lager, zunächst östlich der Enns im Raume von Albing. Doch bald zeigte sich, daß der Platz des alten Alen- kastells günstiger gewesen war und es wurde auch das Legionslager hierher verlegt. (Der größte Teil dieser Festung wurde von der Limeskommission der Wiener Akademie freigelegt.), Im Anschluß an das Lager entstand auf der Grundlage einer wohl nur unbedeutenden keltischen Siedlung — der Name Lauriacum ist keltisch — eine römische Stadt. Sie ist nicht wie die anderen langsam gewachsen, sondern entstand wahrscheinlich auf Befehl des Kaisers und erhielt bereits 212 n. Chr., also knapp ein Menschenalter nach Anlage der Festung vom Kaiser Caracalla das Statut eines Mimicipiums1). Das Territorium wurde ihr von den beiden Municipien Ouilava und Aelium Cetium zugewiesen. Im Westen bildete die Traun, im Osten die Erlauf die Grenze. Das Gebiet des Ennstaies gehörte also zrmächst zu zwei Stadtgebieten, das Westuser nach Wels, das Ostufer nach St. Pölten. Ob in Steyr selbst eine römische Siedlung bestanden hat, können wir nicht sicher sagen, annehmen möchte ich re, da an der Uebergangsstelle der oben erwähnten zweiten Ost- West-Straße sicher ein reger Verkehr geherrscht haben wird. Die Funde aus der Umgebung zeigen jedenfalls, daß die Gegend besiedelt war. In Pesendorf dürfen wir nach Funden vielleicht auf einen Gutshof schließen, ebenso nach den Grabsteinen in Gründberg und Sierning. Das Grab von Moos zeigt uns, daß längs der Straße Enns—Steyr Siedlungen zu vermuten sind. Die Streufunde von Hofkirchen und Kronstors beweisen nur, daß die Gegend begangen war. Dichter besiedelt wird das Ostufer gewesen sein, was wir aus den 24 Skelettgräbern von Ernsthofen schließen können. Sie gehören bereits dem 3. Jahrhundert an und zeigen die neue Sitte des Begrabens, die an die Stelle des Verbrennens getreten ist. Damals lag Steyr nicht mehr an der Grenze der zwei Stadtbezirke von Wels und St. Pölten, sondern gehörte zum neu gegründeten M/imicipium Lauriacum. Mit Lauriacum hat das römische Reich die letzte große Stadt in Noricum gegründet. Bald danach wurde das Leben an der Grenze hart und unsicher. Immer häufiger brachen Germanen über die Grenze, verwüsteten Bürgerkriegs das Land, mußte der Bauer seinen Hof schützen, wie uns erst unlängst eine Grabung bei Wimsbach lehrte. Das Land war bereits christianisiert, in Enns hatte Florianus als Märtyrer sein Leben ausgehaucht und in Lorch residierte ein christsicher Bischof neben dem Militärbefehlshaber. Noricum war in zwei Provinzen geteilt worden, einen Grenzbezirk an der Donau, Noricum ripense, und gesicherter J) Landstadt, Kreisstadt (Anmerkung der Schriftleitung).

Ufer Tdulber Vc toni»na Inzer idorF SiacH, Ka»tcn.P0 5t5la1ton(r,a‘>'9«":c>c'’) a Siedlung, Bauwerk 0 Grab, Bild-U. Sihri styl ein o Münz,- Scherben- u. Kleinfunde ö 5iaci1.KcAi.1eU, P0b1 sUtion (vermutet) tQj Mithräum Dandaurek H. rövn Neben - - — mocl-Cu-enzc im Hinterland südlich des Alpenkammes lag Noricum Mediterraneum. Trotz dieser Not hielt aber die einheimische Bevölkerung zähe an ihrem Boden fest. Der heilige Mann Severin half, wo er konnte, organisierte Liebesgabensendungen im Süden und verhandelte ohne staatlichen Auftrag,mit den neuen Herren des Landes, den Gevmanenfürsten. Nach seinem Tode (482) war das Land wehrlos dem Zugriff der Germanen preisgegeben. 488 n. Chr. rief Odowakar, der Herr Italiens, die letzten Romanen nach Italien zurück. Ein Teil folgte dem Ruf, ein Teil blieb aber der Scholle treu. Keine Quelle, kein Codex kündet uns dies, wir wissen es aus dem Namen des Ortes Lorch selbst. Aus dem Munde von Romanen übernahmen diese Bezeichnung der Germanen und formten Lauriacum zu Lorch um, sahen hier wohl gemeinsam mit den letzten Romanen, die sie Walchen nannten. Noch manches ist auffällig, auch das Christentum muh sich gehalten haben, denn bis 1653 hat das neugegründete Enns, das 1212 Stadt wurde, keine eigene Pfarre, sondern ist Pfarrort, die einsame Laurentiuskirche in Lorch, die Nachfolgerin der römischen Stadtkirche von Lauriacum. Was schriftliche Quellen uns nicht berichten können, vrzählt uns der Boden, der, wenn auch zögernd, seine Funde dem Ausgräber schenkt. Seit Jahrzehnten wurde hier mit geringen Mitteln durch das Ennser Museum von 6

Dr. Gaheis und Dr. Schicker, beide leider längst gestorben, gegraben. Es ist das Verdienst des derzeitigen Direktors des Landesmuseums Dr. F. Pfeffer, daß 1951 mit großen Versuchsgrabungen begonnen wurde. Die Leitung derselben liegt in den Händen von 2t. W. Jenny und dem Schreiber dieser Zeilen. Wir haben in der ersten Kampagne nur lange tiefe Gräben über das Gelände gezogen, um zu sehen, wie groß die Stadt war, wieviele Bauperioden wir unterscheiden können. Wir versuchten festzustellen, wann das Ende Lau- riacums gewesen sein mag. Das Glück war uns hold, wir fanden Häuser, die nicht mehr von Römern bewohnt waren, die uns zeigten, daß nach der offiziellen Preisgabe Lauriacums hier Germanen und Romanen weitersiedelten. Wir fanden bestätigt, was I. Ziebermayr, ein bedeutender Forscher Oberösterreichs, vermutete: Lorch wurde nicht von den Germanen zerstört, erst unter dem versengenden Sturm der Awaren sank es in Trümmer. Reich sind die Funde, die wir gehoben haben, mir fanden das Geschirr der Bewohner, ihren Schmuck und ihre Waffen, Werkzeug und auch manches Stück feiner Kultur, wie z. B. die schönen Portraitköpfe, die wir hier abbilden. Nicht nur Enns bzw. Lauriacum wird aber erforscht werden, das ganze Gebiet der Stadt wollen wir in unsere Untersuchungen einbeziehen. Schon 1953 werden, vom Lande großzügig finanziert, die Grabungen systematisch fortgesetzt werden. Hoffen wir, daß sie uns weiteren Einblick in die wechselvolle Geschichte unserer Heimat gewähren. 9

Kleinste Steyrs DR. MORITZ ENZINGER Nescio, qua natale solum dulcedine captos Ducit, et immemores non sinit esse sui (Ovid). tlniü '}3l'of Dr. Moritz Enzinger, Innsbruck, ein gebürtiger Steyrer, feierte seinen 60. Geburtstag. Seit gegen Ende des ersten Jahrtausends nach Christi Geburt, um 980, auf dem Felsen, der den Zusammenfluß von Enns und Steyr beherrschend überragt, die Styraburg erbaut und von den Gralfen von Lambach an die steirischen Ottosare vererbt worden war, mar hier auch eine Stätte der Kunst und Dichtung geschaffen. Aber schon vorher hatte in den Klöstern der Umgebung, mit denen die Stadt ja immer stark verbunden war, geistliche Dichtung ein Heim gefunden. Die beiden Benediktinertlöster vor den Mauern der Stadt, Garsten, bereits 985 urkundlich beglaubigt und noch vor Steyr gegründet, sowie @[eint, 1111 urkundlich erwähnt, bargen wohl manches dichterische Erzeugnis, das der Zeit zum Opfer gefallen ist. Aus ©leint stammt eine Handschrift, der „Entechrist", die vom Auftreten des Antichrists und dem jüngsten Gericht erzählt. Sie ist in die Spätzeit geistlicher Dichtung, zwischen 1160 bis 1170 zu setzen und dürfte fränkischer Herkuuft sein, was erklärlich scheint, weil Kloster ©leint mit Hilfe des Bischofs Otto I. von Bamberg gestiftet wurde. Aus Garsten ist das Bruchstück einer „Moses"-Dichtung erhalten, das mit seiner aüegorisierenden Auslegung bereits ins 13. Jahrhundert weift. Der Epoche geistlicher Dichtung folgt die ritterlich-höfische. Auch zur Steyrer Hofhaltung zählte wohl mancher Gelehrte und mancher Sänger. Möglich, daß Ritterspiele und Minnesang Pflege fanden, da die Ottoikare mit den führenden Geschlechtern der Babenberger, Hohenstaufen und Welfen verwandt waren. Doch ist davon nichts erhalten und bekannt. Immerhin muß die Styraburg Ruf und Ruhm gehabt haben, da sie in Dichtungen genannt wird als Inbegriff eines Ortes, dem Glanz und Bedeutung zugeschrieben wird. In dem Gedicht „König Lauri n", das in der ältesten Fassung wohl um 1250 in Tirol entstanden sein dürste, macht der listige Zwerk Laurin berühmten Recken viel zu schaffen. Er hat Dietleibs Schwester entführt, als sie mit ihrem Gefolge vor der Burg zu Steyr lustwandelte. Erst durch Dietrichs und der Seinen Heldentaten wird die Jungfrau wieder befreit. In dem mittelhochdeutschen Epos „Biterolf und Dietleib", das in der kostbaren Handschrift des von Kaiser Maximilian I. beauftragten Ambraser Heldenbuches allein erhalten ist und wohl von einem steirischen Spielmann in steirischer Gegend verfaßt worden ist, erhält Biterolf nach mannigfachen Fahrten und Kämpfen, die er im Dienste des bewunderten Hunnenkönigs Etzel vollbringt, das gesegnete Steirerland als Eigentum, baut dort die Burg Steyr und bringt seine Gemahlin und all sein Volk und Gesinde dahin. Er selbst läßt sich künftig „der Stiraere" nennen, ein Beisatz, der zunächst Dietleib galt

und aus betn „Laurin" übernommen sein mag, der auch als Quelle für Diet- leibs Schwester Künhilt anzusehen ist. So begründet das Gedicht, wie Biterolf und Dietleib in den Besitz der Herrschaft Steier gelangen. Die Stadt wuchs um und an die Burg. Berggasse und Teile der Enge sind die ältesten Bereiche. Daß der Stadt ‘fein Sämiger entsproß, der am Hose sang, ist fein Wunder. Denn städtische Kunstübung vollzieht sich erst später. Freilich auch jener Heinrich von Qfterdingen, dem Anton v. Spann das Nibelungenlied zuschreiben wollte und dem I. B. v. Scheffel in seiner „Frau Aoentiure" (1863) mehrere Lieder in den Mund legte, ist eine um- rätfeite Gestalt, deren geschichtliche Existenz durchaus nicht feststeht, wenn er auch im Streitgedicht vom „Wartburgkrieg" den Preis des Herzogs von Oesterreich verficht. Scheffel bringt ihn, weil er ihm auch als Dichter des „Laurin" gilt, mit Steyr in Beziehung und läßt ihn in klingenden Versen von der „Stadt des weißen Panthers" Abschied nehmen: „Fahr wohl, die Hort und Nest mir war. Du gute Burg Von Steier, Gott scheut dir noch manch lustsam Jahr, Tanz, Schall und Nosenfeier. Fahr wohl, dustsüßer Lindengang Zur Garstner Klosterpforte, Wo ich im ersten Singedrang Den Vöglein stahl die Worte." Als Burg und Stadt nach dem Tode des letzten Ottokar 1192 an den Babenberger Leopold VI. und damit an Oesterreich fiel, war die Verbindung mit dem Wiener Hose hergestellt, aber die Burg hörte auf, Residenz zu sein, was ihre kulturelle Bedeutung beeinträchtigen mußte. Nur verstreut sind Dokumente literarischen Lebens erhalten geblieben. Um 1462 wenden sich Steyrer Studenten, wohl clerici vagantes, die aber schon humanistische Bildung verkostet haben, an den Abt Verthold VI. von Garsten und bitten ihn mit Zitaten aus Vergil und Horaz in einem launigen Bettelbrief, den sie „Coetus Wursalium de vacua pera" (Bund der Burschen vom leeren Ranzen) unterzeichnen, unter grammatischen Spielereien, wie sie der lateinkundigen Jugend zu Gesicht standen, um Trank und Atzung in Form einer Martinsgans, lebhaft, munter und fröhlich-unbeschwert. Das war der Auftakt zu jener humanistischen Welle, die in Oesterreich wesentlich durch Kaiser Maximilian I. getragen und befördert wurde. Sein Hofhistorwgraph Johannes S t a b i u s stammte aus Steyr. Er hatte unter betn berühmten Dringenberg in Schlettstadt im Elsaß studiert, lehrte dann in Ingolstadt zur Zeit, als Conrad Celtis dort weilte, Mathematif, wurde 1497 Professor der Mathematik an der Wiener Universität und als besonders eifriges Mitglied der „Sodalitas literaria Rhenana" auch Mitglied der „Gelehrten Donaugesellschaft in Wien, deren Führer Celtis er Begrühunigs- und Huldigungsgedichte widmete. Im „Collegium poetarum", das Maximilian I. errichtete, empfing er aus der Hand seines Meisters als erster 1502 den Dichterlorbeer. Ein Gedicht über die „Sechs Patrone Oesterreichs" sowie ein „Leben des hl. Coloman", des einen Patrons der Steyrer Pfarrkirche, erweisen ihn als Dichter. Ja, der Holzschnitt des hl. Coloman von Albrecht Dürer, der der Nürnberger Ausgabe der „Precatio ad sanctos Austriae patronos" („Gebet zu den heiligen Patronen Oesterreichs") beigegeben wurde, trägt die Züge des Johannes Stabius. Nach dem Tode des Celtis wurde er Geschichtsschreiber des Kaisers, den er nun überallhin begleitete. Eine österreichische Geschichte, bei der ihm Jakob Manlius und Ladislaus Suntheim helfend zur Seite stehen sollten, wurde

später im Plan zu einer großen deutschen Geschichte erweitert. Auch für den „Triumphbogen ' und die Ehrenpforte Maximilians"; eine die Taten und Eigenschaften des Kaisers verherrlichende Unternehmung, die der Kaiser bei verschiedenen Künstlern in Auftrag gegeben hatte und von der freilich nur ein Entwurf im Holzschnitt angefertigt wurde, stellte er das geschichtliche Ma- terial. Zugrunde lagen der Idee die „trionfi" der Renaissance. Hauptmomente aus dem Leben des Kaisers mit gereimten Ueberschriften, die Stabius dichtete und der spätere Abt des Wiener Schottenklosters Benedictus Chelidonius ins Lateinische übertrug, machen das Werk zu einer Art Seitenstück zu den großen Gedichten des „Theuerdank" und des „Weißkunig". Auch für die Holzschnitt- folge von Maximilians „Triumphwagen" wurde Stabius vielfach herangezogen; im Geist der Zeit arbeitete er an einem Stammbaum der Habsburger, die er an Cham und Noah anzuknüpfen suchte. In feinem Aufträge und nach Angaben des Astronomen Heinfegel zeichnete Albrecht Dürer die nördliche und die südliche Himmelskugel, und die Weltkarte von 1515, die ebenfalls auf Stabius zurückführt, ist die erste perspektivische Darstellung der Erdkugel. Nach Maximilians Tod zog er sich vom Hofleben ganz zurück und genoß seine reiche Pfründe als Domdechant von St. Stephan zu Wien, bis ihn auf einer Reise nach Graz am 1. Januar 1522 plötzlich der Tod ereilte. Auf einem heute verschollenen Gemälde Albrecht Dürers „Der Tod Mariä" soll er Hinter den Personen, die das Sterbebett umstehen, abgebildet gewesen sein, ebenso soll sein Antlitz als Modell für Dürers Bild Kaiser Karls des Großen gedient haben. Wie Stabius stand auch Dr. Josef G r ü n b e ck dem Kaiser Max nahe, wenn er auch kein gebürtiger Steyrer war, wie man früher vermutete — seine Wiege stand in Burghausen — so hat er doch von Maximilian die Spitalmühle an der Steyr zu seinem Ruhesitz erhalten und ist um 1530 auch hier gestorben. 1495 ist er mit dom Kaiser zu Felde, wird dann Lehrer des lateinischen Stils zu Ingolstadt, hat in Augsburg unterrichtet, dichtet Komödien, die er mit seinen Schülern aufführt, stellt am 26. November 1497 in Gegenwart des Kaisers den „Streit zwischen Virtus und Fallacicaptrix (Verstellung, Hinterlist) vor dem Richterstuhl Maximilians" dar und wird dafür zu seinem Schreiber gemacht. Bei der Ausführung von Celtis' Huldigungsspiel „Ludus Dianae" am 1. März 1501 in Linz spricht er den Prolog. Doch war es mit seinen wissenschaftlichen Leistungen nicht weit her. Denn mit seinem „Speculum naturalis, coelestis et propheticae visionis“ (1507), das immerhin weit verbreitet gewesen sein muh, begibt er sich ins Gebiet der Wahrsagerei, wie es der aufgeregten Zeit taugte. Er ist der Verfasser des Horoskops der Stadt Steyr, das sich natürlich in ziemlich allgemeinen Wendungen bewegt. Auch geschichtliche Arbeiten stammen aus seiner Feder, so eine „Historia Friderici III. et Maximilian] I.“, die den Erzherzog Karl (V.) mit den Tugenden seiner Ahnen bekannt machen sollte. Inzwischen war Steyrs wirtschaftliche Bedeutung gestiegen. Die Eisen- verarbeitung hatte den Ruf der Stadt weit in die Lande getragen, was sich nicht nur im politischen Ansehen der Stadt auswirkte, sondern auch in ihrem kulturellen Leben offenbarte. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehren sich die Nachrichten über die Kunstübung der M e i st e r s i n g e r in Steyr, als deren Begründer auch hier der sagenhafte Heinrich von Ofterdingen auftaucht. Steyr hatte sich seit 1525 der Bewegung der Reformation immer mehr angeschlossen, der Verkehr mit anderen protestantischen Städten war rege, der Austausch von Gesellen in der Blütezeit des Handwerks sehr beliebt. 1562 besteht in Steyr bereits eine vollkommen ausgebildete Meistersingerschule, die vielleicht schon zu Beginn der Vierzigerjahre begründet wurde. Zehn von den Gründern gehören Eisenbearbeitern an, besonders stark sind die Messerer, Schleifer und Schmiede vertreten. Die Tabulatur, also das meistersingerliche Gesetzwerk, für Steyrs Singschule kam durch den Essener Lorenz Wessel, einen

Kürschner, sie wurde dann das Vorbild für die von Jglau. Severin Kriegs- auer, der berühmteste Meistersinger von ganz Oesterreich, der 15 eigene Weisen erfunden hat, und Mathes Schneider standen mit Hans Sachs in Verbindung. 1578 weilte der Verfasser des „Gründlichen Berichts über den Meistergesang", Adam Puschmann aus Görlitz in Steyr und hielt hier am 1. Februar Sing schule ab. Auch der Nürnberger Georg Hager tarn Ende der 70er Jahve auf seiner Wanderschaft durch Steyr und mancher andere auswärtige Meistersinger hat noch hier gesungen. Peter Heiberger legte zwei große Liedersammlungen an, etwa von März 1586 bis 10. Februar 1590 reichend, zwischen 1590 und 1612 sind Beine Lieder eingetragen, nach 1615 vertrimmen die Nachrichten über ihn. Wo sich die Meistersinger in Steyr ver- ammelten, ist unbekannt, es ist aber möglich, daß für die feierliche Sing- chule die protestantische Schukkirche zur Verfügung stand (Dominikanerkirche). Die letzte Nachricht über den Steyrer Meistergesang datiert aus dem Jahre 1616. Mit dem Vordringen des Katholizismus und der Ausweisung protestantischer Lehrer und Prediger dürfte dieser Knnstzweig sein Ende gefunden haben. Die Leitung der Lateinschule der Stadt, die im Zuge der Reformation im ehemaligen Dominikanerkloster errichtet wurde, hatte nach dem ersten Rektor- Andreas Küttner der Landshuter Thomas Brunner (1558—1571 f) übernommen. Vermutlich haben ihm zwei Steyrer Studenten in Wittenberg zu dieser Berufung verholsen. Er pflegte im Sinne der Zeit das Schuldrama, das heißt, er führte mit seinen Studenten Stücke auf, die er selber dichtete. So spielte er 1566 einen „Jakob und feine zwölf Söhne", die er „beim. Bürgermeister, Richter und Rat" der Stadt widmete, 1569 folgte ein „Dobias", der als die beste Bearbeitung dieses Stoffes im 16. Jahrhundert gilt, 1568 schrieb er für eine Hochzeit in Krems ein Stück „Jsaac und Rebecca". Er muß etwa zehn Spiele geschrieben haben, von .denen nichts weiter überliefert ist. In seiner ganzen Art schließt er an das übliche protestantische Schuldrama an, das die Stoffe der Bibel zu lehrhaften Zwecken mmter Heranziehung einer großen Anzahl von Personen verwendete, um inöglichst viele Schüler in Rollen zu beschäftigen. Episch breit mit liebevoller Kleinmalerei folgt die Handlung getreu dem biblischen Text, Bild an Bild reihend, ohne eine dramatische Ballung, Verknüpfung oder Steigerung anzustreben. Religiös-politische Polemik vermeidet er, er will nur unterweisen und erbauen. Der Aufbau der Bühne ist noch der des mittelalterlichen Spiels, bei beim die Schauplätze nebeneinander standen (Simultanbühne), und so bleibt das Spiel im wesentlichen illustrierte Erzählung. Die Aufführungen fanden wahrscheinlich in der Schule selbst oder Um Rathaus statt, als Zeit kommt nur der Fasching in Betracht. Sein Nachfolger Georg Mauritius (1539—1610) ikam aus Wittenberg, wo er Professor war. Er schrieb zehn deutsche Stücke, die er 1607 in einer Gesaml- ausgabe in Nürnberg erscheinen ließ. Wohl handelt es sich zum Teil um Bearbeitungen fremder Vorlagen, neben biblischen Themen (Nabal, Ezechiel, Haman, Josaphat, David und Goliath) bringt er zur Eröffnung des wieder aufgebauten Schulhauses, das durch die Ueberschwemmung von 1572 eingestürzt war, eine Katastrophe, die er in Reimien schilderte, im Jahre 1578 eine „Comödie vom Schulwesen", 1582 eine „Grisolda" (Griseldis, nach Boccaccio), 1595 ein „Spiel von allerlei Ständen", durchschnittlich mit 50—60 Personen. Aber unter ihm wurden auch lateinische Stückei aufgeführt, auch mehrere seiner Gelegenheitsdichtungen haben sich erhalten. Ergreifend sein Segensspruch über Steyr, als er 1600 unter dem Druck der Rekatholisierungsbestrebungen aus der Stadt weichen mußte. Daß er in fast allen Stücken Teufel auftreten ließ, hängt mit dem reformatorischen Teufelsglauben zusammen. Im Gegensatz zu Brunner war Mauritius ein streitbarer Kämpfer für die evangelische Lehre. Gegenreformation und Türkengefahr preßten ihm Tendenz in die Stücke. Denn er will mit den Schulauffühnungen auf die Menge wirken. Darum die 14

Teufels- und Narrenszenen und die scharfe Polemik gegen die katholische Kirche. Auch in der Bühnenform weicht er von feinem Vorgänger im Schulamt etwas ab. Er verwendet eine ganz einfache neutrale Bühne, bei der aber Sukzessionstechnik mit Vermeidung von Jnnenszenen an die Stelle der Brunnerfchen Simultantechnik getreten ist. Später, nach Wiedereröffnung der lutherischen Schule 1608, wird nur mehr 1611 eine Ausführung im Rathaus und 1618 ein Spiel vom verkauften Joseph mit anschließender lateinischer Komödie erwähnt. Viel ging verloren. So wurden durch die Visitationskommissionen im Gefolge des Reformationsediktes von 1624 etwa 20 Wagen konfiszierter Bücher weggeführt. Einblick in die Ereignisse dieser bewegten Zeit gewähren die Chroniken und Annalen der beiden Katholiken, des Schulmeisters Wolsgang L i n d n e r, der seine Auszeichnungen im Aufträge des Abtes von Garsten schrieb, und des Färbermeisters Jakob Zettl, von protestantischer Seite die umfangreichen „Annales Styrenses" des Valentin Prevenhuber, Nürnberg 1740, der schließlich seines Glaubens wegen auswandern mußte. Einiges wird über katholische Spiele ab 1603 berichtet. Garsten als ein Hort der Gegenreformation spielte dabei eine wichtige Rolle. 1603 wird ein Kain ausgeführt, 1604 ein „Udo, Erzbischof von Magdeburg", ein „Jsaac" und ein Weihnachtsspiel, 1607 der „Barmherzige Samaritan" im Steyrer Rathaus gegeben, 1609—1611 Weihnachts- und Passionsspiele, 1612 .Josef von Arimathäa" usw. Meist wird von „Dialogus" gesprochen, so daß man sich über die Art der Gestaltung nicht ganz klar wird. 1628 spielte man bei den Dominikanern, die 1626 ihr Kloster wieder zurückerhalten hatten, am 14. November, dem Vortag des Ordensheiligen Albertus Magnus, eine „Komödie von einem König und seinen drei Söhnen" mit einem Totentanz, wobei es sich wohl um den bekannten Wettstreit handelt, wer sich als bester Sohn erweist. Es ist der, der den Schuß aus den Leichnam des Vaters verweigert. All diese Dinge reichen über Jahrhunderte hinweg ins „Steyrer Kripperl" hinein. Träger der Gegenreformation waren auch in Steyr die Jesuiten. Sie kamen 1631, eröffneten 1632 mit zwei Schülern ein Gymnasium, das aber bald solchen Zuspruch erhielt, daß sie ein neues Schulgebäude errichten mußten und 1681 einweihen konnten. Hier spielte man wie überall Legenden, Märtyrer- und Heiligenstücke, rief zum Kamps gegen die Türken aus oder brachte spät noch 1738 den Stoff von Schillers „Bürgschaft" in barocker Form aufs Theater. Doch ist gerade über das Steyrer Jejuitenspiel sehr wenig bekannt. Bei den Jesuiten erzogen war der Sohn des Steyrer Steuerschreibers Matthias Abeba (1646/18—1677), der aber, wie schon sein Name zeigt, aus schwäbischem Geschlecht stammt. Nach Studien in Graz und Wien wurde er Stadtschreiber von Krems und Stein und kehrte 1648 als Sekretär der Innerberger Eisengewerkschllft in seine Vaterstadt zurück. Auf sein „Sterbebllchlein" (1650), das vermutlich eine Uebersetzung ist, folgte die Sammlung „Metamorphosis telae Judiciariae oder seltsame Gerichtshändel" (1651), die er, eiine Art Pitaval, aus Praxis und Schrifttum schöpfte. Ab 1669 trat er mit seinem jährlich erscheinenden „Vivat.ober künstliche Unordnung" hervor, das ihm die Ernennung zum Hofhistoriographen und wirklichen kaiserlichen Rat einbrachte. Abele kennt die zeitgenössische Literatur, besonders das Erbauungsschristtuni und die Moralsatire, auch die umlaufenden Anekdötchen und Histörchen, die über die gangbaren Schwanksammlungen hinwnsgriffen, waren ihm vertraut, und mit scharfer Beobachtungsgabe wußte der volkstümliche Mann geschickt und packend zu erzählen. Auch die Geschichte des Steyrer Buchdrucks liegt im argen. Anscheinend hat dieser doch als Vermittler eine gewisse Rolle gespielt. So sind aus dem 18. und dem frühen 19. Jahrhundert zwei Drucke von Liedern auf den Dok-

t o r F a u st erhallen, die an die süddeutsche Version der Sage anschließen, nach welcher Faust vom Teufel das Gemälde eines Crucifixus verlangt. Abraham Wimmer (1772—1790) und Josef Greis (1804—1827) sind die Drucker. Der Josephinismus, die österreichische Form der Aufklärung, brachte zahlreiche Klosleraufhebungen und damit vielfache Verschleppung kostbarsten Kulturgutes. Hiebei wurde die Kirche der Cölestinerinnen in der Berggasse (aufgehoben 25. Mai 1784), 1792 in ein Theater verwandelt, in dem zunächst Wanderschauspieltruppen, manchmal auch Dilettanten spielten, immerhin aber auch der Dichter Ludwig Anzengruber (1861/62) und der Schauspieler Josef Mat ras sich die ersten Lorbeeren holten. Die Zeit ging gegen alles Alte vor. Der Direktor der Hauptschule Amand Verghofer aus Grein betätigte sich als aufgeklärter Satiriker und Alois B l u m auer (1755—1798) folgte ihm hierin. In der Enge Gasse zu Steyr geboren, sollte er Jesuit werden, wandte sich aber 1773 nach der Aufhebung des Ordens nach Wien, wo er Hofzensor und Buchhändler wurde. Ein Ritter- stück „Erwine von Steinheim" (1780) kam auf das Burgtheater. Seine travestierte „Aene i s" (1784—1788) zeigt im Anschluß an Voltair und Scarron eine scharf anlikirchliche Einstellung. Aus seinen Gedichten aber ergibt sich sein innerer Zwiespalt, der Widerstreit von Verstand und Herz, wie er auch bei Wieland begegnet, dem er ebenso nacheifert wie G. A. Bürger. Vom Barock sagt er sich los, treibt Spott und Spiel mit dem Heiligen und erweist sich deutlich als Mensch, zwischen zwei Zeiten, dessen Witz zuweilen derb, ja undelikat werden konnte. Mit dem Erwachen des Natursinnes im Gelfolge Rousseaus entdeckte man im Anfang des 19. Jahrhunderts die Reize der heimischen Alpenlandschaft, vor allem des Salzkaminergutes. Nun setzen Reisen und Wanderungen ein, die häufig auch über Steyr führen. 1819 kommt Franz Schubert mit dem berühmten Sänger Johann Michael Vogl, ebnem gebürtigen Steyrer (1768 bis 1840) in die alte Stadt und verkehrt bei den musikfreundlichen Familien Paumgartner, Koller, Schellmann und Stadler. „Die Gegend ist himmlisch", schreibt er, und der Zauber der Gärten, Wiesen, Hügel und Gewässer von Steyr sind in sein Forellenquintett eingeflossen. 1823 und 1825 kommt er wieder, Steyr selber aber hatte in Franz X. Süßmayr, dem Vollender von Mozarts Requiem, und in. Albert Stadler seinen Beitrag zur Musik geliefert. Wie Stadler mit Schubert befreundet war, so auch Johann Mayrhofer (1787—1836), der mit ihm zeitweilig die Stube teilte und ihm seine Gedichte zur Vertonung gab. Zwei Operntexte „Die beiden Freunde in Sala- lnanca" und „Adrast" hatten freilich keinen Erfolg (1815). Mayrhofer, zunächst Novize in St. Florian, dann Zensor in Wien, war eine zwiespältige Natur, die sich in einen strengen Stoizismus flüchtete. Hypochondrische Veranlagung trieb ihn in einen frühen Tod. Zwei Bündchen Gedichte umfassen sein Werk (1824 und 1843), das Ernst Freiherr v. Feuchtersleben betreute. Der Gegensatz von Ideal und Wirklichkeit und seine Ueberwindung im Geiste und im Traum, der Glaube an eine Versöhnung der Widersprüche des Lebens hoben ihn über die Not des Daseins hinaus. Auch er flieht in die Natur, die allein Wahrheit, Größe und Schönheit gibt. Das Ueberwiegen der Reflexion, die oft eigenartig verkrampfte Form und die seltene Sangbarkeit teilt er mit der damaligen österreichischen Lyrik. Moriz v. Schwind hat sein Bildnis in der Sepiazeichnung „Schubertabend im Hause Spann" (1868) überliefert. Eduard v. Bauernfeld ihn im „Büchlein von den Wienern" in Versen charakterisiert. Er stellt die Verbindung mit Wien her, so wie Matthias Leopold Schleifer (1771 bis 1842), 1814—1826 Pfleger und Distriktskammifsar der obderennsischen Staats- herrschalt Sierning, während seiner Gmundner Zeit ab 1829 der Freund Nikolaus Lenaus wurde. Ihm wurde in Sierning bei Steyr 1817 ein Sohn Moritz Leopold Schleifer geboren (1817—1897), der an verschiedenen Orten

als Beamter tätig war. Sein« 3id)iiumgen, unter denen auch einige Dramen sind, gab 1879 der Tiroler Dichter Adolf Pichler heraus. Zeitweise lebte auch Otto Prechtler (geb. Grieskirchen 1813, f Innsbruck 1881) in Steyr, nachdem er 1866 als Archivdirektor des Finanzministeriums und Nachfolger Franz Grillparzers in den Ruhestand getreten. Grillparzer suchte ihn auch als Dichter zu fördern. Von seinen Dramen hat Heinrich Laube mehrere ani Burgtheater aufgeführt. Ueber 40 Operntexte hat er geschrieben, konnte sich aber nicht durch- setzen. Denn er zeichnete die Menschen so, wie sie sein sollen, nicht wie sie sind, und hatte somit seine Zeit überlebt. Mehrere Gedichtsammlungen verfechten seine Auffassung, daß der Dichter das Leben verklären müsse, eine Meinung, die zur Zeit des Realismus der Vergangenheit angehörte. Mit Grillparzer und Feuchtersleben stand auch Adalbert Stifter in Beziehung, der für Steyr in mancher Hinsicht wichtig wurde. Schon in der Jugend in Kremsmünster hatte er Söhne des Eisenhändlers Josef v. Koller unterrichtet und in dessen Haus auf dem Steyrer Stadtplatz Aufnahme gefunden, vielleicht sogar gleichzeitig mit Franz Schubert. Aus dieser Zeit stammt ein Aquarell Stifters, das St. Ulrich darstellt. Von Linz aus mußte er dann als Schulrat wiederholt Inspektionsreisen unternehmen. Seine nicht immer erfreulichen Beobachtungen im damaligen Schulwesen hat er in einem Aufsatz zusammengefaßt, in dem er auch der Schulverhältnisse in Steyr gedenkt. Von Steyr aus schreibt er 1863 seiner Gattin Amalia mehrere Briefe, die in ihrer bezeichnenden Mischung von Alltäglichem und Offenbarung tiefster Liebe zu den schönsten aus seiner Feder zählen. Dieben offiziellen Persönlichkeiten besuchte er in Steyr wiederholt den Fürsten Gustav Joachim Lamberg, den er von den Wiener Jugendtagen her kannte. In Steyr hat er 1856 die letzte Feile an den Schluß des 2. Bandes sein« „Nachsommers" gelegt. Und da er auch als Konservator tätig war, überwachte er die Arbeiten zur Wiederherstellung der Steyrer Stadtpfarrkirche, veröffentlichte darüber in der „Linzer Zeitung" einen Aufsatz (1857) und berichtete eingehend über den Fortgang der Dinge an die Zentraikommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- iinb historischen Denkmale. Stifter hatte von der Rettung des gotischen Altars in Kefermarkt her eine gewisse Erfahrung. Wenn er nun im Sinne eines Stil- purismus aus der Stadtpfarrkirche die Barockaltäre und die barocken Figuren von den Pfeilernischen entfernen ließ, weil ihm Barock und Rokoko als Verfallszeiten erscheinen, wenn er neugotische Altäre befürwortete, so wird man das dem Zeitgeschmack des Historismus zugute halten müssen. Aber die Restaurierung der Jahve 1854—1857 hat doch manche Schönheiten gerettet, so das wundervolle Sakramentshäuschen beim Hochaltar, und die Freilegung der vermauerten Fenster im Chor gebracht. Auch hat Stifter auf die Bedeutung der Margaretenkapelle und des alten Taufsteines aufmerksam! gemacht. Wenn es nach ihm gegangen wäre, so wären noch weitere Anbauten und Kapellen entfernt worden und wäre die Mauer um die Kirche durch ein Gitter ersetzt worden. Sein Interesse für den ehrwürdigen Bau aber hat die schönen Seiten im 3. Bande des „Nachsommer" im Kapitel „Das Vertrauen" gezeitigt, in dem von einer Fahrt zu einer kleinen, abseits auf.einem Hügel aetegenen alten Kirche erzählt wird, der dieselbe Erneuerung wie der Steyrer Stadtpfarrkirche zuteil wird. Er nennt die Kirche eine der schönsten und edelsten und läßt daran tiefe Gespräche über Kunstdinge, Wandlungen des Schönheitsbegriffes sowie über Liebhaberei und Liebe sich anknüpfen. So hat Stifter neben Wien, Kremsmünster, Kefermarkt, Hallstatt auch Steyr in seinem „Nachsommer" ein Denkmal gesetzt. Die geschichtlichen Umstände von der Erbauung der Stadtpfarrkirche in Steyr aber entnahm er vielfach der „Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyer und ihrer nächsten Umgebungen", die der Chorherr von Sankt Florian Franz T. Pritz, Sohn einer Steyrer Kaufmannsfamilie, 1837 veröffentlicht hatte. Pritz hatte seine geschichtlichen Studien in Wien gemacht, war am Linzer Lyzeum Lehrer des alten Bundes und der orientalischen Sprachen, 17

wurde 1851 korrespondierendes Mitglied der neugegründeten f. :f. Akademie der Wissenschaften in Wien und verfaßte neben zahlreichen Aufsätzen unter onberm eine „Geschichte der Klöster Garsten und Gleink" (1841) sowie eine „Geschichte des Landes Oesterreich ob der Enns" in 2 Bünden (1846/47), denen eine „Geschichte der steirischen Ottokare und ihrer Vorfahren" (1846) vorausgegangen war. Inzwischen hatte sich die Zeit gewandelt. Mit 1848 war ein schärferer Wind aufgestanden, der seine Spuren auch in der Dichtung hinterließ. Der Wiener Alexander Julius Schindler (1818—1885), der sich als Schriftsteller Julius von der Traun nannte, >kain zunächst als Chemiker nach Steyr, praktizierte aber nach Beendigung seines Rechtsstudiums beim Magistrat Steyr und trat 1846 als Justitiar des fürstlichen Patrimonialgerichts Schloß Steyr in die Dienste des Fürsten Gustav Lamberg. Da er sich 1848 in revolutionärem Sinn betätigte, ging er in den Jahren der Reaktion seiner Stelle als Staatsanwalt verlustig. So wandte er sich politischer Tätigkeit zu. Von seinen zahlreichen Werken stehen die „Rosenegger Romanzen" 1852 mit dem Schloß Rosenegg bei Steyr in Zusammenhang. In einem Skizzenbuch „Oberösterreich" griff er zur beliebten Wanderschilderung. 1849 gab er „Anton Schossers nachgelassene Lieder mit Singweisen und einer Biographie" heraus. Das Kohlhaas- Stück „Eines Bürgers Recht" ist 1849 in Steyr gedruckt worden. Mit Anton Schosser, der 1849 in Steyr starb und auf dem dortigen Friedhof bestattet wurde, setzt die lange Reihe der M u n d a r t d i ch t e r ein, die im Zuge der Entdeckung van Heimat unt> Volkstum im Anschluß an Franz Stelzhamer zahlreich auftraten: Adalbert Sadleder (geb. Garsten 1836, f Urfahr 1912), Berlinger Anton (geb. 1848 Steyr, f 1920), Ludwig Girkinger (geb. 1863 Steyr), Sepp Stöger (1869—1921), Karl Mayer (geb. 1875) aus deni Bummerlhaus auf dem Stadtplatzst, Gregor Goldbacher (1875—1950), Josef Vinzenz Großauer (1886 geb.)") und Otto Jungmair (geb. Molln 1889). Mancher von ihnen hat seine besondere Rote entwickelt. Mit religiösen Dichtungen trat hervor der Linzer Domprediger und Re- ligionsprosessor Ludwig B e rm an s ch l ä g e r (1861—1921). Sein Passionsspiel wurde 1912 in St. Radegund aufgeführt, ein Festspiel feierte die Stadterhebung von Enns (1912). August R ien er (1867—1915) war zuerst Volks- schullehrer in Steyr und wurde dann Strashauslehrer in Garsten. Von seinen Theaterstücken sind „Die Himmelspförtnerin" und „Der Schelm von Bergen" auf dem Steyrer Theater gespielt worden (1911). Ottilie F ü r b ö ck aus Christ- tinbl, seit 1883 Lehrerin, später in Linz, gab neben Skizzen und Novellen mehrere dramatische Dichtungen „Germanentreue" (1916), „Frau Holdens Zauberquell" (1924), „Die Herz-Elfe von Kürnberg" (1924), „Kürnbergzauber" (1927). Der Stahlschnittmeister Michael Vlümelhuber aus Unterhimmel bei Steyr (1865—1936) rang auch um den Kranz des Dichters, da ihm der Stahl zur Formung seiner Ideen nicht mehr genügte. „Weltenwende" (1918) wirft in polternden Versen den Blick in die Zukunft, „Walhall in Brand" (1921) gibt der deutschen Rot Ausdruck. „Jung-Faust an die Menschheit" vertritt einen neuen Gemeinschaftsgedanken und „Der Schlüsselkamps" sollte Träume um die eigene Werkstatt im® Mythische projizieren. Dem Wirken des großen Komponisten Anton Bruckner, der wiederholt in Steyr geweilt und gearbeitet hat, widmete Otto Jungmair 1936 einen Zyklus: „Non com fundar". Um die Geschichte der Stadt bemühte sich die historische Forschung. Anton R o l l e d e r (1855—1912) aus Odrau in Schlesien, Realschuldirsktor in Steyr, schrieb in seiner „Heimatkunde von Steyr" 1894 das zusammenfassende Buch. Vom Geschichtlichen ging auch Enrica von Handel-Mazzetti aus, die die 2) tj. ^95i (SInmerfung der Schriftlechmg) 18

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2