Veröffentlichungen des Kulturamtes der Stadt Steyr, Oktober 1952

und aus betn „Laurin" übernommen sein mag, der auch als Quelle für Diet- leibs Schwester Künhilt anzusehen ist. So begründet das Gedicht, wie Biterolf und Dietleib in den Besitz der Herrschaft Steier gelangen. Die Stadt wuchs um und an die Burg. Berggasse und Teile der Enge sind die ältesten Bereiche. Daß der Stadt ‘fein Sämiger entsproß, der am Hose sang, ist fein Wunder. Denn städtische Kunstübung vollzieht sich erst später. Freilich auch jener Heinrich von Qfterdingen, dem Anton v. Spann das Nibelungenlied zuschreiben wollte und dem I. B. v. Scheffel in seiner „Frau Aoentiure" (1863) mehrere Lieder in den Mund legte, ist eine um- rätfeite Gestalt, deren geschichtliche Existenz durchaus nicht feststeht, wenn er auch im Streitgedicht vom „Wartburgkrieg" den Preis des Herzogs von Oesterreich verficht. Scheffel bringt ihn, weil er ihm auch als Dichter des „Laurin" gilt, mit Steyr in Beziehung und läßt ihn in klingenden Versen von der „Stadt des weißen Panthers" Abschied nehmen: „Fahr wohl, die Hort und Nest mir war. Du gute Burg Von Steier, Gott scheut dir noch manch lustsam Jahr, Tanz, Schall und Nosenfeier. Fahr wohl, dustsüßer Lindengang Zur Garstner Klosterpforte, Wo ich im ersten Singedrang Den Vöglein stahl die Worte." Als Burg und Stadt nach dem Tode des letzten Ottokar 1192 an den Babenberger Leopold VI. und damit an Oesterreich fiel, war die Verbindung mit dem Wiener Hose hergestellt, aber die Burg hörte auf, Residenz zu sein, was ihre kulturelle Bedeutung beeinträchtigen mußte. Nur verstreut sind Dokumente literarischen Lebens erhalten geblieben. Um 1462 wenden sich Steyrer Studenten, wohl clerici vagantes, die aber schon humanistische Bildung verkostet haben, an den Abt Verthold VI. von Garsten und bitten ihn mit Zitaten aus Vergil und Horaz in einem launigen Bettelbrief, den sie „Coetus Wursalium de vacua pera" (Bund der Burschen vom leeren Ranzen) unterzeichnen, unter grammatischen Spielereien, wie sie der lateinkundigen Jugend zu Gesicht standen, um Trank und Atzung in Form einer Martinsgans, lebhaft, munter und fröhlich-unbeschwert. Das war der Auftakt zu jener humanistischen Welle, die in Oesterreich wesentlich durch Kaiser Maximilian I. getragen und befördert wurde. Sein Hofhistorwgraph Johannes S t a b i u s stammte aus Steyr. Er hatte unter betn berühmten Dringenberg in Schlettstadt im Elsaß studiert, lehrte dann in Ingolstadt zur Zeit, als Conrad Celtis dort weilte, Mathematif, wurde 1497 Professor der Mathematik an der Wiener Universität und als besonders eifriges Mitglied der „Sodalitas literaria Rhenana" auch Mitglied der „Gelehrten Donaugesellschaft in Wien, deren Führer Celtis er Begrühunigs- und Huldigungsgedichte widmete. Im „Collegium poetarum", das Maximilian I. errichtete, empfing er aus der Hand seines Meisters als erster 1502 den Dichterlorbeer. Ein Gedicht über die „Sechs Patrone Oesterreichs" sowie ein „Leben des hl. Coloman", des einen Patrons der Steyrer Pfarrkirche, erweisen ihn als Dichter. Ja, der Holzschnitt des hl. Coloman von Albrecht Dürer, der der Nürnberger Ausgabe der „Precatio ad sanctos Austriae patronos" („Gebet zu den heiligen Patronen Oesterreichs") beigegeben wurde, trägt die Züge des Johannes Stabius. Nach dem Tode des Celtis wurde er Geschichtsschreiber des Kaisers, den er nun überallhin begleitete. Eine österreichische Geschichte, bei der ihm Jakob Manlius und Ladislaus Suntheim helfend zur Seite stehen sollten, wurde

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