Steyr und die Glaubenskämpfe

fähig gemacht hatte. Sein Tod am 9. August 15981) nahm der Religionsreformation den Initiator, jedoch nicht die leitenden Grundgedanken, deren Ausführung der politischen Klerns aber Macht anheimgestellt werden mußte, deren Verankerung innerhalb des vollzogen war und dessen Durchdringung damit gewährleistete. So stand das wieder offiziell protestantisch gewordene Stepr einer völlig anderen Situation gegenüber als in der Zeit von 1556—1599. Damals war der Protestantismus Alleinherrscher gewesen. Nun bei seiner Wiederkehr aus dem Exil fand er einen Gegner der zwar schwach war an äußerer Macht und ohne politische Hilfeleistung, aber zäh in seinem Aushalten und stark in seinem Willen, zum neugewonnenen katho¬ lischen Glauben zu stehen und für ihn zu kämpfen. Mit verschwindend wenigen An¬ hängern ging er in den Kampf, während auf der Gegenseite das ganze Volk stand. Es war schon viel, daß trotz des mangelnden Nachwuchses an katholischen Driestern von dem mit innerkirchlichen Mitteln gewonnenen Boden nichts mehr verloren gehen sollte. Ein eventueller Ausgleich zwischen den zwei Konfessionen hätte nur in einer Zeit längerer friedlicher Entwicklung heranreifen können. Die Politik hat mit der ihr eigenen Willkür und deren Mitteln die Religionsfrage nach ihrem Willen ent¬ schieden. Ihr Eingreifen bildet für Sterr nicht nur den gewaltsamen Abschluß des Konfessionsduells, sondern auch seiner bedeutungsvollen Geschichte als mittelalterliche Handelsstadt, deren Vertreter im Rat der Stadt mit diplomatischer Gewandtheit lange Zeit die Lage gemeistert hatten. Die Stellung der zwei Konfessionen zu einander war vom ersten Tag an und mit dem Einzug der Drotestanten in die Dominikanerkirche bestimmt. Die Stadtpfarr¬ kirche blieb ihnen verschlossen. Der katholische Gottesdienst konnte zwar darin nicht immer abgehalten werden, aber Garsten beharrte auf seinen Pfarrechten und hielt den Stützpunkt, die Wendung zugunsten der katholischen Sache abwartend. Dorerst stand es um die katholische Sache schlecht. Taufen Hochzeiten, Begräbnisse übernahm wieder die protestantische Pfarve und nur eine kleine Schar sammelte sich um den katholischen Pfarrer Dr. Falb.?) Ihr stand die überwältigende Mehrheit der Drotestanten gegen¬ über, die zu ihren Dredigern hielt und die auch die Stadtverwaltung und die Schule wieder in Besitz nahm. Ein Verbot Bischof Leopolds von Dassau fruchtete nichts und einem Befehl des Königs Matthias hielten die Stände in Linz die Abmachungen des Preßburger Landtags entgegen. Unter den obderennsischen Abgesandten auf dem prote¬ tantischen Landtag von Horn befand sich auch der Steprer Bürger Christoph Kirner und seit März 1609 auch der Stadtrichter Haul Trauner. In Stepr predigte Dr. Falb gegen alle Tprannen und rebellischen Untertanen, während ständische Truppen in Weper Grenzsperren errichtetens) für den Fall daß Kaiser Matthias mit Gewalt die Rückkehr zum katholischen Bekenntnis erzwingen wollte. Die durch den Zwist im Kaisei¬ hause überaus gestärkte Macht der Stände zwang K. Matthias die „Kapitulation“ vom 19. März 1609 ab, die dem protestantischen Adel Oesterreichs sowie den landesfürst¬ lichen Städten und Märkten die AC und die Gleichstellung der Bekenntnisse zur Er¬ langung öffentlicher Aemter zusicherte. Hierauf leisteten am 21. Mai die Stände des Landes o. d E. in Linz die Erbhuldigung. Am 16. Mai brachen die Steprer Bürger¬ truppen, begleitet von 100 Reitern und unter dem Befehl des Bürgermeisters Matthäus Jahn nach Linz auf. In Stepr fand am 51. Mai der Huldigungsgottesdienst der Katho¬ liken, am 6. Juni der der Protestanten statt. (Lindner S. 187. Die Legalisierung der Religionsänderung brachte die Erlaubnis der freien Rats¬ wahl für 1610, die ab nun wieder ohne Anwesenheit einer kaiserlichen Kommission erfolgte.“) 0Wiedemann Bd. II, S. 562ff und S. 506 ff. Pastor, besonders Bd. IX/8—10, S. 484 f. Janssen Bd. V 15/16, S 246. Schrodt K. Passavia sacra S. 557ff und die zeitgenössische Monographie von Heß Dominik: Historia de vita et moribus D. Ur¬ bani Episcopi Passav ex familia Trenbachorum. Ingolstadt 1589 Digl S. 167. Von September bis Dezember 1608 hatten nurmehr drei Trauun¬ 2) gen stattgefunden; 1610 sank die Zahl auf zwei; 1611 fanden vier Trauungen statt; erst mit dem neuerlichen Einsetzen der Gegenreformation stieg die Zahl auf dreizehn Trauungen in der katholischen Pfarve. 1605 hatten 60 Taufen stattgefunden September bis Dezember 1608 nur acht. Stadtpfarrarchiv Matrica baptista ab anno 1602—1656. 3)Lindner S. 180 ff. 4) Die Ratswahlen für 1609 hatten nicht stattgefunden, weil der Kaiser die er¬ betene Erlaubnis der freien Durchführung nicht gegeben hatte. Ogl. Prev. S. 552. Für 1610: K. Dekret, Preßburg, 50. Dezember 1609. Pritz, Sterr, S. 257. 80

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