Steyr und die Glaubenskämpfe

Die Ratswahlen brachten wieder einen kleinen Zwischenfall. Drevenhuber (Seite 550) berichtet, daß die Gemeinde mit großem Geschrei verlangte, was sie wähle und wen. Die Hauptschreie wurden verhaftet, aber bald wit Wissen des Landeshauptmannes auf Wiederstellung entlassen. Das folgende Jahr 1606 das in der allgemeinen politischen Lage so tiefgreifende und richtunggebende Ereignisse brachte wie den Bruderzwist im Kaiserhause!) und dessen Folgen, brachte für Stepr noch keine Aenderungen. Das Kirchenjahr verlief in nun schon bekannten Formen und die kirchlichen Feste wurden mit etwas größerem Interesse begangen; Lindner (S. 141) berichtet, daß die Zahl der Katholiken größer war als in vergangenen Jahren.?) Im Dezember wurde der Grundstein zu dem neuen Kapuzinerkloster gelegt, das auf Betreiben des Landeshauptmannes Sigmund von Lam¬ berg und des Abtes von Garsten erbaut werden sollte. Die Inventurs) der Pfarrkirche begann am 11. Mai 1606 in Anwesenheit des Abtes von Garsten und des Kirchenvogtes Jakob Discher und wurde im Juli beendet; sie gab Anlaß zu einem kleinen Zusammenstoß zwischen Abt und Kirchenvogt. Der Abt protestierte gegen das Benehmen der Magistratsbeamten, die ihn nur mit Vos“ „Dominus“ oder „Vobis“ ansprachen. Er ging fort und verlangte vom Rat, höflichere Leute zu entsenden. Am 1I. und 12. Juli wurde die Inventur fortgesetzt.“) Ein Vertrag über die Bezahlung des Pfarrchores wurde zwischen dem Abt von Garsten und dem Rat geschlossen. Jeder Partner sollte jährlich 25 fl zahlen die an Die den Kirchenvogt abzuführen waren. „Er erhielt nie einen Heller" (Li. S. 146). Ratswahlen verliefen in diesem Jahre ohne Zwischenfall; vielleicht stimmte die drohende Türkengefahr die Gemüter verträglicher. Im Ringen um die Durchführung der katholischen Reformation spielte die Pre¬ digt eine besondere Rolle. Nach dem Gebot Passauss) wurde von der geistlichen Obrig¬ — ein Pfarrprediger beiufen. Im Jahre 1607 keit — nicht mehr vom Rat der Stadt predigte der Kapuzinerpater Heinriché) mit großem Erfolg den Steprer Ratholiken, wobei er bedacht war die protestantische Gegenseite nicht durch Heftigkeit zu verletzen. Er hatte großen Zulauf und zu Ostern kommunizierten 66 Bürger der Stadt.?) Sein Nachfolger aber, dessen Predigt eine schonungslose Angriffslust kennzeichnete, verscherzie der katholischen Sache die durch Pater Heinrich gewonnenen Spmpathien. Im Juni 1607 wurden allmählich die deutschen Schulen wieder eröffnet, ohne daß jemand Einspruch erhoben hätte.s) Am 6. November wurde in Sterr vom katholischen Pfarrer ein lutherisches Brautpaar nach katholischem Ritus getraut und da der Bräutigam der bekannte Stände¬ arzt Dr. Jakob Michel war und die Braut die Tochter des angesehenen Bürgers und Isaak Walsböck, wohnten der Trauung sogar die Aebte von Garsten und Ratsherrn Gleink bei.9 Jahr 1608 brachte die Früchte des Bruderzwistes. Da Stepr mit den großen Das die Stadt war durch Andreas — Ereignissen in engster Verbindung stand politischen und da sie auch Gieffing auf dem Preßburger Landtag 1607/08 vertreten gewesent0) — Litaneien in der Stadtpfarrkirche um Beilegung des Streites zwischen Kaiser 1) Rudolf II. und Erzhg. Matthias sowie auch um Hilfe gegen das Hochwasser. Im Jahre 1602 waren drei Benefizien an die Stadtpfarre gegeben worden. 2) StA. K. XI, L. 55 Nr. 1—45. Kirchmapr, Regesten 69. Sie warfen jährlich 500 fl ab. Nach Wiedereinführung des evangelischen Bekenntnisses entbrannte um sie ein heftiger StA. K. XI, L. 26, Nr. 102. 1602 bis 1608 wurden 54 Bürger katholisch. StA. Streit. L. 25, Nr. 6. 1602: 9 Bürger katholisch; 1605: 1I Bürger; 160g: II Bürger; K. XI 6 Bürger; 1606: 6 Bürger; 1607: 9 Bürger; 1608: 2 Bürger katholisch, 1605: Die Inventur von 1601 hatte eine Schuldenlast für die von Garsten wieder 3) übernommene Pfarre ergeben. (Haus= Hof= u. Staatsarchiv, Klosterratsakten, Fas¬ zikel 575.): 15.786 fl 14 Pfennige Schulden; nach Abzug des vorhandenen Bargeldes blieben noch 12.578 fl 5 BI d Schulden 4) Lindner S. 142, 144, 145, 146. 50 ref. circa munus praedic. Cap. VI. Articuli 6 S. 150, 160, 164/165. Lindner 7) S. 155. Kommunikantenregister Pfarrarchiv Stepr. Lindner 8) S. 156. Lindner 90 LindnerS. 160. 10) Drev. S. 552. 78

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