Veröffentlichungen des Kulturamtes, November 1950

STEYRE RrpQjßjjpjtl/ÜaVi’ei'zeu'kett Oberbaurat Dipl. Ing. Friedrich BERN DT Halten wir ein Papier aus dem 16. bis 18. Jahrhundert gegen das Licht, io werden mir ein helles Netz von senkrecht sich kreuzenden Linien bemerken. Die horizontalen, feineren Linien liegen eng aneinander, die vertikalen, stärkeren Linien sind weiter voneinander entfernt. Diese Linien rühr?n von dem an einen Rahmen gespannten Sieb aus feinen Kupferdrähten her, welches der Papierer zur Erzeugung seines Papieres benützte. Die dünnflüssige, aus Leinenlumpen hergestellte Papiermasse wurde auf das Sieb geschöpft. Die festen Teilchen der Masse lagerten sich zwischen den Drähten stärker, über den Drähten schwächer ab und so entstanden dünnere Stellen im Papier, welche die Siebform erkennen lassenUm ihr Papier zu kennzeicbnen, haben die abendländischen Papierer sogenannte „Wasserzeichen" in ihr Papier gegeben. Sie nähten eine aus dünnem Draht geformte Figur, die bei jedem Papierer und jeder Papiersorte anders gestaltet war, auf das Schöpfsieb auf. Die Figur zeigte sich dann als dünne Stelle im Papier. Vom einfachen Zeichen entwickelte sich das Papierwasserzeichen zum bildlichen und handwerklichen Volkskunstwerk. Mag sein, daß die Meister nicht immer in die strengen Regeln der Heraldik eingeweiht waren, oder daß sie sich beim Aufnähen der Figuren irrten: wir finden häufig, daß der Steyrer Panther nach der verkehrten Seite aufsteigt oder ein Wappen das Spiegelbild zeigt. Eines muß jedoch den Papierern nachgesagt werden: sie beachteten stets die Stilformen ihrer Zeit, jo daß ihre Wasserzeichen einen wertvollen Beitrag zur Stilgeschichte liefern. Dies soll auch auf den drei Zeichentafeln zum Ausdruck kommen, welche Wasserzeichen aus der Renaissance-, Barock- und Biedermeierzeit zeigen. Durch Vergleich der drei Tafeln lernen mir erkennen und fühlen, wodurch sich diese Stilperioden der Hauptsache nach unterscheiden. Mit Rücksicht darauf, daß die Papierer ja keine gelernten Zeichenkünstler waren, müssen manche Darstellungen der Wasserzeichen unsere volle Bewunderung Hervorrufen. Diese kleinen Kunstwerke sind jetzt in den Archiven in staubbedeckten Aktenbündeln verborgen. Diese Zeilen sollen auf ihr Dasein Hinweisen, dem alten Papierhandel zur Ehre. Die dargestellten Wasserzeichen wurden alle in den 3 Papiererwerkstütten Steyrs hergestellt- Eine 4. Werkstätte lag in Unterhimmel und war dem Kloster . Garsten untertänig. Am linken Ufer des Wehrgrabens lag in der 1. Zeugstätte am Fuße des Hammerschmiedberges eine um das Jahr 1700 errichtete Papiermühle, die „Neumühle" genannt1). 19

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