Veröffentlichungen des Kulturamtes, November 1950

verweigert. Weitere Artikel betreffen die Handwerksstrasen, die Freisprechung, die Entlohnung der Knechte und „Schöpfer", die Zechmeisterwahl zu Weihnachten und die alle Quatember stattfindenden Handwerkszusammenkünfte. Von besonderem Interesse aber sind die Vorschriften über die Meisterprüfung, die vor dem Stadtphysikus und den Handwerksmeistern abzulegen war. Der angehende Meister hatte vier Plaster und vier „$taterier=Salben"57) herzustellen und mußte außerdem eine mündliche Prüfung oblegen. Von den 59 in der Bader-Ordnung vorgesehenen Prüsungssragen seien hier einige samt den Antworten in der damaligen Ausdrucksweise wiedergegeben: „Welches sind die vier Hauptglieder und die vier tödlichen Wunden? — Es sind das Hirn, das Herz, die Leber und die Niern, und diese Wunden sind tödlich. Wann einer stark an das Haupt geschlagen wird und die Haut ganz ist, wobei kann man es erkennen, daß die Hirnschal zerschlagen ist? — Wann man ihm mit ein Instrument aus den Zähnen rastelt, ist die Hirnschaln zubrochen, so mag er es nit leiden. Wann einer in den Leib gestochen wird, wobei mag man erkennen, wö- liches Glied verletzt oder oerwundt fei worden? — Also mag man erkennen, wöliches Glied troffen sei: Ist die Leber wund, so ist das Blut rot, ist aber die Lungl wund, so schäumt oder seimt das Blut, ist das Herz verwundt, so ist das Blut schwarz. Diese innerliche Verletzung sind zum Teil tödlich: Von wannen kommt der Kropf? — Er kommt oft von unnatürlichen Re- mebg58), da man zu einem Schaden unerfahrene Arznei braucht, die den Wunden und allen Schaden zuwider seind. Wann einer gestochen war und ihm die Därmb heraushingen, wie soll man ihm helfen? — Ist die Wunden eng, so wollt ich sie weiter schneiden und die Därmb hineintun, die Lucken heften und mit Stichpflaster heilen und mit warmen Bauschen verbinden." Der Prüfling wurde ferner gefragt, was zu tun sei, wenn sich einer die „Axl" ausgefallen habe, wie böses Fleisch („pes Fleisch") und Brandwunden geheilt werden können, woher die Feigwarzen kommen u. dgl. mehr. Die Behandlung der Krankheiten war Sache des Arztes, solche zu kurieren war den Badern strenge untersagt. Klemens Tugenthafft mußte innerhalb von zwei Monaten die Stadt verlassen, weil er nicht allein die „Kunst der Wundarznei" ausübte, sondern auch Krankheiten heilte, „was allein Doktores und Gelehrten gebührte"78). Wie die Wundärzte wurden auch die Barbiere geprüft, da zu ihrer Beschäftigung nicht nur das Bartscheren und Haarschneiden, sondern auch das Aderlässen gehörte. Sie mußten hauptsächlich die für den Aderlaß günstigsten Zeiten kennen, wobei Mondphasen und Tierkreiszeichen eine besondere Rolle. spielten. In den Bade- und Barbierstuben sahen die Meister auf größte Sauberkeit. Infizierte Personen hatten keinen Zutritt. Gebadet wurde am Donnerstag und am Samstag8"). Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurden in den Häusern der Bürger viele kleine „Badstübl" eingerichtet, wo die Baderknechte das „Köpsllassen""7) Vornahmen. Nur an Samstagen durften sie nach zwölf Uhr mittags nicht mehr bei den Bürgern arbeiten, da die öffentlichen Bäder von „gemeinen Leuten" stark beansprucht waren. Wenig wissen wir aus der Praxis der Bader. Nur von Hans Heindl erzählen 1577 die Ratsprotokolle, daß er als angehender Meister dem inhaftierten Mörder Hans Fidler, der aus „teufelischer Eingebung" einen Krug zerbissen hatte, Scherben aus dem Rachen entfernen sollte. Da ihm aber die nötige Erfahrung fehlte und er über keine geeigneten Instrumente verfügte, drangen die Fremdkörper noch tiefer in den Schlund ein. Der Rat verurteilte deshalb 10

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2