Veröffentlichungen des Kulturamts der Stadt Steyr, März 1949

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts finden sich auf den Steyrer Jahrmärkten regelmäßig viele Savoyarden ein, entweder als Handelsleute oder als Hausierer. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sich der eine oder der andere Geschäftsmann dauernd in unserer Stadt niedergelassen hat, denn fremde Namen treten auf: 1663 ein Rauchfangkehrer Rigol, 1670 der Pfundlederer Franz Rupert Relignon, 1693 der Gastwirt Gregor Bellatore u. a.163. Doch nicht nur fremde Geschäftsleute, sondern auch neue Berufe wie Bilder- und Kupferdrucker131. Geschwindwürstelmacher, Tabakappaldisten und Buchdrucker tauchen in diesem Zeitabschnitt in Steyr auf. Eingehender seien hier die Tabakmacher und die Buchdrucker besprochen. Erstere besaßen ein kaiserliches Privilegium zur Tabakerzeugung. Den ersten Tabak in Oberösterreich ließ Graf Heinrich Wilhelm von Starhemberg auf seiner Herrschaft Schwertberg 1659 pflanzen. Zur Beize verwendeten die Schwertberger Tabakbauer eine Mischung von gleichen Teilen Anis, Gallus und Gummi. 1676 entstand in Enns eine Tabakfabrik, der aber von 1682 bis 1694 das Privilegium zur Tabakerzeugung vorübergehend entzogen wurde. Während dieser Zeit gab es in vielen Orten unseres Landes die Tabakmacher oder Tabakappaldisten, in Steyr waren es ihrer elf1®. Das Tabakrauchen wurde von der Stadtbehörde nicht gerne gesehen. Schon 1679 warf man dem Advokaten Johann Mayr „sein schändliches Tabaksaufen" vor. Im Jahre 1725 stellte der Rat ärgerlich fest, daß „nicht nur das Bauernvolk, sondern auch Zimmerleut, Maurer, Tagwerker, sogar Stallburschen die Tabakpfeifen fortwährend im Maul tragen. Wer sich weigert, diese hinwegzutun, dem soll der Gerichtsdiener dieselbe mit Gewalt aus dem Maul nehmen und alsogleich zerbrechen." Noch im Jahre 1812 war das Rauchen auf dem Stadtplatz bei einer vierundzwanzigstündigen Arreststrafe verboten1®. Buchdrucker lassen sich in Steyr schon im 16. Jahrhundert Nachweisen13", doch tritt die Kunst des Buchdruckes mehr an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert in Erscheinung. Zahlreich sind die sogenannten „Steyrer Drucke", in der Hauptsache religiöse Bücher, die in den Werkstätten der Buchdrucker Auinger, Roßmann, Schütz, Grünwald, Jahn, Menhardt, Wimmer und Medter im 17. und 18. Jahrhundert hergestellt wurden1®. Auinger druckte u. a. eine Predigt des berühmten Wiener Kanzelredners Abraham a Sancta Clara 159 und Menhardt Werke des ersten oberösterreichischen Dialektdichters P. Maurus Lindemayr199. . Die hundert Jahre zwischen 1650 und 1750 waren durchaus nicht immer sorglose Zeiten. Kriege, Krankheiten und Stadtbrände verzeichnet die Stadtchronik. Aber trotz aller Schicksalsschläge erholte sich, wenn auch nur langsam, die Stadt und mit ihr das Handwerk. Schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts bemühte sich die Stadtobrigkeit, die Bewilligung für einen zweiten Jahrmarkt zu erhalten. Mit kaiserlicher Genehmigung konnte er im Herbst des Jahres 1700 zum erstenmal abgehalten werden1". Für die Bauarbeiter gab es jedenfalls in dieser Zeit genug Arbeit. Entstanden doch damals einige kirchliche Bauten wie das Kapuzinerkloster, die Michaeler- und Dominikanerkirche und die Klosterkirche der Zölestinerinnen in der Berggasse. Am Rande der Stadt ließ der berühmte Garstner Abt Anselm Angerer, der Sohn eines Steyrer Messerers, die vielbewunderte barocke Stiftskirche zu Garsten und die interessante Wallfahrtskirche Christkindl erbauen. Daneben vollzog sich der Wiederaufbau der durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges verwahrlosten oder später durch Brände ruinierten Bürgerhäuser, die zum Teil mit schönen Barockfassaden versehen wurden. Pro Tag bezahlte um 1705 der Magistrat einem Maurer 17, einem Zimmermann 16 und einem Tagwerker 10 Kreuzer1^.

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