Der Kriegsverbrecherprozeß gegen Otto Perkounig vor dem Volksgericht Innsbruck im Jahre 1953

71 „Liest man die Aussagen bzw. Zeugenerklärungen (...) so erhellt daraus, wie diese Zeugen gar nicht bewußt, aber zufolge der selbst ausgestandenen Unbilden in entschuldbarer Entrüstung und weil ihr Erinnerungsvermögen durch die Vielfalt der erschütternden Ereignisse in Unordnung geraten ist, zu Übertreibungen neigen, und auf Wahrnehmungen stützen (...), die kaum möglich sind. "250 Die täglichen Mißhandlungen, die schlechte Behandlung, die katastrophalen hygienischen Verhältnisse, die völlig unzureichende Ernährung, die tägliche Angst deportiert zu werden blieben in den meisten Zeugenaussagen ausgespart, weil sie einfach da waren, weil sie Alltag waren. Lediglich systematischen Exekutionen und Massentötungen im Werk und im Lager blieben im Bewußtsein, in der Erinnerung der Häftlinge. Das Gericht verstand es aber auch daraus den Zeuginnen und Zeugen ein Versäumnis nachzuweisen, denn „mangels entsprechender Konkretisierung der Ereignisse " ließe sich „kein verläßliches Bild“ der Ereignisse schließen. Daß im Urteil ein 12-stündiger Arbeitstag von 6 Uhr in der Früh bis um 17 Uhr am Abend berechnet wurde, sei nur am Rande erwähnt. Am Ende seiner Urteilsbegründung kommt das Gericht sogar noch zum Schluß, daß bei den Belastungszeugen „in erster Linie auffallen (muß), wie persönlich ja oft gehässig diese Aussagen gefärbt sind und zu welchen Übertreibungen sie neigen, was bei den betroffenen Zeugen nach den ausgestandenen Unbilden begreiflich ist, aber die Frage offen läßt, ob diese Zeugen nicht unter Zwangsvorstellung leiden und dadurch nicht ein falsches objektives Bild entwerfen. “251 Das Urteil endete mit „ in dubio pro reo", Otto Perkounig enthaftet. 250 Urteil Perkounig Otto, 22.7.1953, TLA, LG Ibk, 10 Vr 257/53. 251 Urteil Perkounig Otto, 22.7.1953, TLA LG Ibk, 10 Vr 257/53.

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