Aufbau oder Zusammenbruch!

Den österreiclischen Erzherzogen, Hochadeligen und Kirchenfürften wieder konnten die großgrundbesiterischen Tendenzen und Treibereien der unga¬ rischen Magnaten-Rutokraten nur erwünscht sein, gewannen in der Ver¬ folgung und Unterstützung derer Ziele sie doch bei ihren eigenen, großen Besitzungen in Ungarn mit. Dieses Doppelspiel — zur ausschließlich egoistischen Verfolgung der autokratisch-dynastischen, feudalen und klerikalen Interessen — der auf die Militärmacht geftützten, herrschend gewesenen Klaffen ist eine Hauptursache des innerlichen Morschwerdens des öfterreichisch-ungarischen Staatsgebäudes, das notgedrungen zu dessen Zusammenbruche führen mußte. Derselbe ist nun da; er kam überraschend schnell. Der gewesene Kaiser Karl mag nun über die Fehler der habsburgischen Familienpolitik nachdenken und sich bei seinen vielen Verwandten für die Folgen der undankboren, grenzenlosen Ausnützung der stets staatsgetreuen Deutschöfterreicher bedanken. Das Volk kann des Zusammenbruches nur froh sein. Er bietet ihm die Aussicht auf eine bessere Zukunft, auf seine Freiheit. Möge es den Ernst des Momentes richtig erfassen, ihn nicht ungenutzt vorübergehen lallen und in richtiger Erkenntnis jene Staatsform wählen, die allein geeignet ist, ihm seine Freiheit für immer zu sichern, die republikonische. II. Auflösung Neubildung. So sind wir denn so weit. Die Dynaftie und ihre familienzentrali¬ stilche Regierung kamen mit ihrer Regierungsweisheit zu Ende, welche aufgebaut auf der alten Privilegienwirtschaft der Adelsherrschaft und der militärischen Gewalt — ihre ganze Kunft darauf stützte, die Völker des Staates und Berufsltände gegeneinander auszuspielen. Sie hat das Spiel verloren gegeben. Sie ilt einfach davongelaufen und hat in einem vollltändig gehalts¬ losen Manifelte die Aufgabe den Völkern hingeworfen, sich aus dem von den k. u. k. Regierungen geschaffenen Wirrsale selbst herauszuhelfen, weil diese Völker sich aufgeklärt genug zeigten, sich nicht mehr auf Grund teil¬ weise noch aus den Raubritterzeiten im Faustrechte angemaßten, aber nicht von Gottes Gnaden Itommenden Vorrechten (Privilegien), die den Betreffenden durch Jahrhunderte schöne Familieneinkommen und ein angenehmes Dasein sicherten, an der Nase führen zu lossen. Man hat es vorgezogen, sich den sympathischeren — weil noch hoch¬ autokratischen — ungarischen Magnaten zuzuwenden, indem man diesen ohne Rücksicht auf die eigentlichen Raus- und Stammländer einfach alles zusicherte, was sie verlangten, nur in der Hoffnung, im geschlossenen, weiter zentraliltisch gedachten ungarischen Staate eine Zuflucht und Ver¬ sorgung für einen König von Gottes Gnaden samt Familie und außer¬ ordentlich zahlreicher Verwondtschaft zu finden. Man hat sich auch da ver¬ rechnet und die Macht der ungarischen Großgrundbesitzer- und Geldmag¬ naten überschätzt. Mon hat sich aber auch getäuscht, als man die dortseitigen Völker über den wahren Wert des großgeschrieenen ungarischen Parlamentes, als ausschließlich dem autokratischen Magnatentum dienender Institution, noch nicht aufgeklärt wähnte, und daher auf beiden Seiten Schiffbruch erlitten.

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