Aufbau oder Zusammenbruch!

□ 35 □0 Der Staat hätte statt eines Koftenbeitrages die koltenlose Verwaltung dieses Fonds zu übernehmen, über welchen ebenfalls der Nationalversammlung Abrechnung jährlich vorzulegen sein würde. Den Gemeinden würde künftig nurmehr die Beistellung der Unterkunft für ihre Armen zufallen. Das Pensionsversicherungsgesetz wäre zwecks Ermöglichung günstigerer Hltersrenten entsprechend zu verbessern. Falsche Bumanität. Hiemit komme ich zu einem Titel, unter dem folgende drei Gegenstände zu behandeln sind: Sträflingspflege, Sträflingsfürsorge und -Begnadigungen. Ein förmlicher Humanitätskoller hatte alle hohen und höchtten Kreise der gewesenen Monarchie erfaßt. Begnadigungen erfolgten so rasch, daß sie falt den Verurteilungen vorauseilten. Was mußte wohl Eltern eines jungen Mädchens, das von einem Wültling entehrt und hingemordet wurde, für ein Gefühl beschleichen, als dieser gemeine Kerl begnadigt wurde. Wor das nicht größte Inhumanität gegen die arme betroffene ehrsame Familie des grausam gemordeten Mädchens? Ilt den hohen Herrschaften das Mitgefühl für die Lebewesen unterm Baron schon so abhanden gekommen gewesen, daß ihnen die Mörderbegnadigung menschlich gefühlvoller erschien? Heißt es nicht das Verbrechen geradezu groß ziehen, wenn man demselben in Form der Begnadigung jeden Schrecken der Strafbarkeit benimmt? Für gemeine Verbrechen ist die Todesstrafe aufrecht zu erhalfen. Warum soll man einen Raub- oder Lultmörder sein ganzes Leben auf Staatskosten füttern, bis er doch einmal entwischt oder von unvernünftigen Volksmassen befreit neuerlich mordet. Ilt nicht von demselben Standpunkte die übertriebene Fürsorge in der Sträflingspflege in den Strafhäusern als etwas ganz Verfehltes zu bezeichnen? Ist es gerecht, daß es den gemeinen Verbrechern in manchen Strafhäusern besser ging — selblt in der Kriegszeit — wie den Strafhausaufsehern auf ihren gefährlichen Poffen? Ja, so gut ging, daß solche gemeine Verbrecher absichtlich etwas anstellten, um in die gute Versorgung des Strafhauses zurück¬ zukommen. Iit so etwas dann überhaupt noch eine Strafe zu nennen? Ueberhaupt wäre der Strafhauswirtschaft etwas Hufmerksamkeit zu schenken und der Verbrauch an Lebens- und Genußmitteln usw. in selben genauer zu kontrollieren. Ich komme nun auf die auf diesem Gebiete noch aufgescholfenen Sträf¬ lingsfürsorge-Vereine zu sprechen, welche sich größter Protektion von oben erfreuten. Dies führte naturgemäß dazu, daß in diesen Vereinen nebst vielen, die der Sache sich ernft und in den natürlichen Grenzen widmeten, um wirklich Gutes zu leilten, zweifellos sich manche besonders hervortuen wollten und übertrieben, um gesehen zu werden und eine Stillung ihrer Knopfloch¬ schmerzen zu erreichen. Eine Sträflingsfürsorge ist an eine gewisle Begrenzung gebunden, die in der Art des Verbrechens, resp. in der Größe desselben gemäß des Straf¬ ausmaßes gegeben ist. Geht man über diese Grenzen hinaus, so wird diese Art Fürsorge zu einer Inhumanität gegen die anderen Menschen, welche sich — vielleicht unter Sorgen und Entbehrungen — mit Familie ehrlich durchs Teben gebracht haben, um die sich aber in ihren schweren Lagen

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