Robert Stumpfl - Das alte Schultheater in Steyr

85 mehr oder weniger improvisierte Inszenierungen und noch keine stehenden Theater kannte, gab es natürlich auch keine örtliche Gebundenheit. Der Ausfuhr ungsort. Bevor wir zur Rekonstruktion der Steyrer Schulbühne schreiten, wollen wir versuchen, den üblichen Aufführungsort näher zu bestimmen. Leider sind wir Hiebei auf spärliche und meist recht unbestimmt abgefaßte archivalische Nach ­ richten angewiesen, die überdies nicht bis in die Zeit Brunners zurückreichen, also nur für Mauritius unmittelbare Geltung besitzen. Aus den bereits zitierten Ratsprotokollen ersehen wir vor allem, daß das Spiellokal (wie auch an andern Orten) leicht gewechselt wurde. 1589 wird in der Schuel gespielt, 1593 aufm Ratthaus; 1578 überläßt Mauritius dem Rat ausdrücklich die Entscheidung, ob er seine Komödie auf dem Ratthauss oder in der Schuell halten soll (Rpr. 6,32). Zur Zeit der Gegenreformation (seit 1607) veranstaltete auch der katholische Ludimagister in der auriu ssnutorin dramatische Aufführungen, wie uns Lindner selbst berichtet"«). 1611 spielten wieder die lutherischen Scholarchen im Rathaus, ebenso 1618"«), während die Katholischen ihre Weihnachts- und Osterspiele in puroeütuH toinplo, in der Pfarrkirche, loeo aonoionis zur Darstellung brachten"?). In Garsten wurde Mitte März 1603 in looo 60N8U6t0 ante aunoMuriuin gespielt, auch am 18. Februar 1618 pro ouneoHuriu, also im Freien vor dem Kanzleigebäude"«). So erklärt es sich wohl, daß sich 1604 zum Earstener Weihnachtsspiel wegen der großen Kälte nur wenig Zuschauer einfanden"«). Im Februar desselben Jahres hat der Ludirektor von Steyr in unliao rsksotorio des Stiftes eine Aufführung verunstaltet. Der Überblick zeigt, daß für die evangelischen Schulaufführungen vor allem die Schule selbst und das Rathaus in Betracht kamen. Nur einmal berichtet Lindner zum Jahre 1619, daß die lutherischen Scholiasten ooinoclius ot cliuloAos in onriu st in 8^nu§o§u aufführten, also auch in der Schulkirche (Domini- kanerkirche)2°o). Lindner hatte auch als Ludirector in Waidhofen a. d. Mbs 1602 in enria sonatoria gespielt (Annalen, S. 88). In Steyr bekam er den Rathaussaal zum erstenmal 1607. "st Lindner, Annalen, S. 209 und 323. lost 1609: inparoeliiaNtsinpIoxosiniarickisinIoeoooiwioiiis; 1610: in paroelriali seelssi a 1613: in soelssia 81^rsnsi; 1616: in xaroebiali tsinplo 8t^ras (vergl. oben Anm. 88); 1612 heißt es: in inksriori sesna (?). "st Lindner, Annalen, S. 97 und 323. "st Lindner, S. 123. "st Schulaufführungen in Kirchen waren nicht selten (vergl. Zeitschrift f. dt. Philol. 55, 1930, S. 56 ff.); die Nordhäuser Schulordnung von 1583 schreibt z. B. vor: „Die geistliche deutsche Komödie mag der Rektor in der Kirche halten, die weltliche lateinische auf dem Tanzboden und dem offenen Markte, wo es sich schickt." (R. Bormbau m, Die evangelischen Schulordnungen des XVI. Jahrhunderts, Gütersloh 1860, S. 382.)

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