Steyrer Tagebuch - Sondernummer zum 12. Februar 1934

22 Zurück nach Steyr: Die Toten, Gefängnis, Fluchten, Parteiübertritte und das Ende vom Lied Bis heute ist nicht endgültig geklärt, wie viele Todesopfer die Februarkämpfe gefor– dert haben. Die offiziellen Zahlen, meint z.B. die Historikerin Erika Weinzierl, seien auf jeden Fall zu niedrig angesetzt. In Steyr sieht das so aus: Die "Steyrer Zei– tung" schreibt am I 5. Februar I 934 : Soweit sich am Mittwochabend überblicken ließ , hat das Militär einen Toten (aus Stockerau), zwei Schwerverletzte und einen Leichtverletzten zu verzeichnen, die Bundes– polizei Steyr einen schwerverletzten, die Schutzkorpsabteilungen ei nen Toten (aus Weistrach), einen Schwerverletzten (aus Steyr) und acht Leichtverletzte (aus Steyr und Amstetten) . Von der Zivilbevölkerung fielen zum Opfer: Direktor Willi Herbst, durch vier Dum-Dum– Geschosse im Auto 18 Meter nach der Aus– fahrt aus der Direktion der Steyr-Werke. Auf der Ennsleite wurde Montagnachmittag eine ältere Frau durch einen Bauchschuß schwer verletzt, doch gab sie der Schutz– bund an die Rettung nicht heraus. Die Frau ist am gleichen Tag abends ihren Verletzungen erlegen . In der Sierningerstraße wurde ein Mann durch einen Kopfschuß getötet . Er woll– te von der Dachbodenluke aus die Vorgänge beobachten . Unter der Zivilbevölkerung zählte man bisher auch noch zwei Schrverver– letzte . Auf Seite des Schutzbundes werden die Toten mit zwölf, die Schwerverletzten mit 24 und die Leichtverletzten mit hundert angegeben . Diese Ziffern sind noch unbestätigt( ... ) Neben dem einen Heimwehrmann aus Weistrach (Friedrich Dorfmeister) wurde später auch noch ein anderer, Rudolf Hofstetter aus Kleinschwechat, als Gefallener gemeldet . Ob es sich bei dem einen toten Soldaten aus Stockerau um den (wie ich vermute) beim Autounglück ums Leben gekommenen handelt, habe ich verbindlich nicht feststellen können. Was die Namen der gefallenen Schutzbündler betrifft, so stütze ich mich auf eine von der KP anläßlich der Steyrer 1000-Jahr– Feier herausgegebene Broschüre: Heinrich Maurer, Hans Buchmayr, Karl Havlicek, Alois Schöppl, Johann Weiss (ein Steyrer, der allerdings in Linz eefallen ist), Franz Valenta, August Hilber, Alfred Predl, Alois Seitlinger und Rudolf Meierzedt. An anderen Stellen wird als Todesopfer auch noch ein Ferdinand Peßl genannt . Im weite– ren Sinn muß man dann noch Josef Ahrer und die beiden von ihm (vermutlich) Erschosse– nen, Johann Zehetner und Josefine Nagels– eder, hinzuzählen. Um die achthundert Menschen wurden, ich hab's schon einmal erwähnt, im Anschluß an die Kämpfe in Steyr festgenommen . Sie wurde1 zunächst ins Schloß Lamberg getrieben und dann auf zu Gefängnissen umfunktionierte Plätze wie Schulen, Fabrikshallen und Kan– tinen aufgeteilt. Vor allem unmittelbar nach den Kampfhandlungen sollen Mißhand– lungen , auch Folterungen der Inhaftierten vorgekommen sein. Viele Schutzbündler haben sich zunächst ver– steckt, einige konnten der Verhaftung auch wirklich entgehen, andere wurden später doch gefaßt - wie etwa Bürgermeister Sichl– rader, der am 14. Februar als "harmloser Passant" an den Heimwehrposten vorbeigehen wollte, aber dann doch erkannt wurde. Bei seiner Verhaftung gab er übrigens an, er habe mit den Kämpfen nichts zu tun gehabt, sondern die ganze Zeit der Kampfhandlungen verschlafen. Bürgermeister Sichlrader

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