Steyrer Tagebuch Nummer 24, Dezember 1984

18 Beisltour Ausweichlokal: Flößerstüberl Ein Großtei 1 der Atmosphäre des Hauses am Stadtplatz war allerdings nicht Ubertragba r. Unser Denkma 1- schutz hat eben die Fassade, das Äußere, im Auge (!). So darf (oder muß?) ein Geschäft mit so sachlich– ka 1tem Sortiment wie Schreib- und Rechenmaschinen das a 1te Gasthofs– schi 1d mit den drei Herrschern aus dem a 1ten österrei eh, aus Preussen und Rußland Uber der Tür hängenlas– sen, während eine · soziale Institu– tion, die es fUr seine Gäste war, wie das a1te "Bachi nger" der res t 1o– sen Kommerzialisierung des Hauses weichen mußte. Damals, als es "den Bachinger!' noch gegeben hat (wer kann sieh schon "Gasthof zu den drei A11 i i erten" mer– ken und dazu noch aussprechen ?), wären wir nie auf die Idee gekommen, ins "Fl ößerstüberl 11 zu gehen. Er war viel leicht nicht der schönste der Traditionsgast– höfe am Stadtplatz, aber der gemütlichste und leben– digste. Diese Lebendigkeit hatte zwei Gründe: erstens ein sehr gemischtes Pub 1i kum. I eh erinnere mi eh an Stammt i sehe samstags vormittag, wo die zum W9chenende heimgek ehr– ten Steyrer Studenten sich auf zwei Tische aufteilten: auf der einen Seite die "progressiven", klassenkämp– ferisch eine sozialistische Zukunft beschwörenden "Linken", a_uf der anderen die (deutsch)nationalen, i hre große Zeit eher in der Vergangenheit suchenden "Rechten". Ober ge 1egent 1i chen Wortgep 1änke 1n kam es zwischen ihnen nie zu ernsteren Auseinandersetzungen, die angesichts des mitunter martialischen Vokabulars gar nicht überrascht haben würden. Zum Pub 1i kum ge– hörten außerdem Schü 1er, Bauern nach der Arbeit des samstäglichen Marktes, Einkäufer, das Original Leo, Briefträger. Zweitens: Anton ("Pfaffi") Pfaffenwimmer, witzig, tolerant, grantig, je nachdem. Ein. Mensch, der hier seinen Arbeitsplatz hat und im großen und ganzen damit glücklich ist. Seine witzigen Bemerkungen, di e dank ihrer Erneuerung mehrmals jährlich, zum Teil im Sinne einer Fortsetzungsgeschi chte, ni ema 1s fad werden, die wundersam i 11 ustri erten Rechnungszette 1, die Treff– sicherheit beim Wurf des Wechselgeldes in den gewün– schten Behälter, die Zurückha 1tung bei der Ertei 1ung von Loka 1 verbot (zB nur wegen des Äußeren gab es meines Wissens keinen Rausschmiß, was besonders in der Zeit aufkommender 1anger Haare bei Männern gar nicht selten war) - er war der Grund für uns (mit ihm) das Lokal zu wechseln.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2