Steyrer Tagebuch Nummer 19, April 1984

reichbarkeit des Strassen– netzes zusaimen . " (Neujahrsempfang 1983) Steyr - Waffen Eine Frage an der Berührungs– linie Industriepolitik/Moral wurde vor einigen Monaten heiß diskutiert: die Waffen– produktion der Steyr-Daimler– Puch AG . "Die anläßlich der Betriebs– ratswahlen at:gehaltenen Be– triebsversarrmlungen des Wer– kes sowohl bei den An:;Jestell– ten als auch bei den Arbei– tern ließen in den 'Berichten und Diskussionsbeiträgen . deutlich erkennen, daß man sich mit der Negativpropagan– da gegen die Steyr-Werke zur Wehr setzt. Das trifft sowohl die auf Halde stehenden Pan– zer als auch die Gewehrpre>-– duktion. Gerade letztere Pre>-– dukte werden seit 120 Jahren in den Steyr-Werken erzeugt, werden mit der vielgeriihnten "Werndlzeit"in Verbindung ge– bracht und sind, was den Qualitätsbegriff anlangt, weltweit bekannt . Aus dieser Sicht ein wichtiges Begleit– produkt für die weitaus über– wiegende Nutzfahrzeugherstel– lung . " (J\mtsbl. 11/83, S 3) "In den Steyr-Werken, deren Produkte zun Teil auf un– ruhigen Märkten arqeboten werden ITÜSsen, war die Frage der Waffenproduktion ein · Teil der Gespräche . Bier stehen allerdings 6CX) Ar– beitsplätze am Spiel, davon 270 für Frauen. Also ein Problem, das man nicht kurz– fristig und nicht mit Phra– sen lösen kann, zunal auch in der Nutzfahrzeugproduktion laufend Arbeitsplätze verle>-– rengehen." (J\mtsbl.12/82, s 3) "So gesehen wird man auch zur Kenntnis nehnen müssen , daß in Steyr jene Produkte zu er– zeugen sind, die abgencmren werden und verkaufbar sind. " (NeujahrseTipfarq 1982) Frieden/Krieg In diesem Zusammenhang einige Zitate von Bürgermeister Weiss, die sich auf Frieden/ Krieg beziehen: "Wir leben in sehr unruhigen Zeiten . Wer von uns betrach– tet nicht täglich die Ent– wicklung in Polen, wer von uns sieht nicht das Elend, die Not in den ländern der 3. Welt, oder die Staaten, wo Diktaturen herrschen und Kriege stattfinden . Oberall sind es Menschen die gegen Menschen losgehen.'' (Budgetdebatte 1982) " . . . erstrrals nach einer 18- jährigen Beratungszeit und einer Einigung aller beteilig ten Verbände wurde eine neue Gedenkstätte bei der Stadt– pfarrkirche am Brucknerplatz im Wege einer zivilen und mi- .· litärischen Totenehrung frei– gegeben . Sicher gibt es ver– schiedene Ansichten über die künstlerische Gestaltung. Das Wesentliche muß doch imner wieder die Ehrung jener sein, denen diese Gedenkstätte ge– wianet ist. " (Prntsbl. 11/82-3) "Diese erinnerungsschweren Tage sollen aber auch stets der Jugend eine Mahnung sein, daß Freiheit und Wohlstand stets von neuen verteidigt und erarbeitet werden muß . Die Vernunft und die Sach– lichkei t im politischen Zu– sarrmenleben soll dazu als ge– eignete Basis dienen . " (Amts– blatt 5/75, s 2) "Un so mehr habe ich meine Aufgabe als Bürgermeister vornehnlich stets darin ge– sehen, das u,s der Genera– tion, die all diese Bitter– nisse ebenfalls durchlebt hat, so gut es kamrunalpe>-– litisch ging, zu verbessern. (Abschiedsrede, 7. 12.83) Wehrgraben Die schärfsten politischen Auseinandersetzungen der Amtszeit des Franz Weiss ent– wickelte sich um die von ihm vehement verteidigte Absicht der Stadt, das Wehrgrabenge– rinne zuzuschütten. "Es muß eimal klar ausge– sprochen werden, daß der Ge– meinderat bereits 1972 einen · imner noch gültigen Beschluß einstinrnig faßte, das Wehr– grabenkanalgerinne zu ver– rohren und zuzuschütten, un sämtliche Ab,iässer aus den unliegenden Ganein::len, aus der Gründbergsiedlung ..• grundwassersicher abzuführen . ... Beurteilt kann dieser Maß– nahnenkatalog sicherlich nicht nur aus der Perspektive des Malerwinkels werden, son– dern nach den inzwischen vor– liegenden wissenschaftlichen Erherungen, nach technischer Durchführbarkeit, nach Ko– stengröße - die in viele Millionen Schilling gehen wird - und natürlich nach eingehender Information der direkt betroffenen Bewohner. Alle unkenrufe verunsichern nur die Bewohner und kamen eigenartigerweise aus jenen Kreisen, die weder im Wehr– graben leben noch bereit sind, unter den gegebenen Verhältnissen dort zu wohnen~• (Amtsblatt 10/80, S 3) Solche Probleme müssen na– turgenäß in alte Traditionen eingreifen und hätte Josef Werndl der Industriebegrün– der in Steyr vor solchen Problerren kapituliert, gäbe es keine Steyr-Werke und auch keinen Pionier von Steyr. Auch er mußte mit Traditionen ,brechen und eine Verantwor- tung übernehnen, die er mit Iden Ganeinderat gemeinsam trug und die, wie sich heute zeigt, mit Recht übernam-en wurde. Meine Bitte an die anwe– senden Vertreter der Presse und der Medien überhaupt ist lediglich die, nicht nur den schöngeistigen überkolorier– ten Ansichten jener das Ohr und die Zeitung zu leihen, die selbst es vorziehen, in rrodernen Stadtrandwohnungen zu leben und es den sozial Schwachen überlassen, in feuchten, unzeitge-rässen und hygienisch bedenklichen Woh– nungen zu leben." (wie oben, S 11) "Nur eine errotionslose ;Beur– teilung des Gesamtproblems kann eine allseits befriedi– gende Lösung bringen. " (Amtsblatt 2/81, S 3) "Einmal mehr kam hier die Verbundenheit der Bewohner mit ihrem Stadtteil zum Aus– druck, wobei auch die Arbei– tertradition dieses Stadt– teiles stark unterstrichen wurde. " (Amtsbl. 6/82, S 3) "Es wird an jener Generation von Geneinderäten liegen, die sich 1985 einer Wiederwahl zu stellen haben wird, sehr bald die Entscheidungen zu treffen die die Bevölkerung erwartet, die auch sinnvoll sind und nicht nur den Vorstellungen von Phantasten zu entsprechen . vennögen." (Neujahrsempfang 1983) Altstadt Demgegenüber war Weiss immer voll Stolz über die Steyrer Altstadt. "öffentliche Anerkennungen und Auszeichnungen, wie sol– che des Bundesdenkmalamts und des WissenschaftsministeritlllS des österreichischen Gereinde bundes, die Erwa"hnung des ge– pflegten Stadtbildes in Pub– likationen, auch des Europa– rates, sind wertvolle Beweise der erfolgreichen Arbeiten auf diesem Gebiet und tragen auch zur Identifikation des Steyrer Bürgers mit seiner Stadt bei." (NeujahrSeTipfang 1983) "Büreger und Verwaltung der Stadt Steyr haben sich da– rüber hinaus aber auch be– rri.iht, die bauhistorischen Werke der alten Eisenstadt zu erneuern, un eine Symbi– ose von Vergangenheit und Ge– genwart, von Kultur, Histori– en und Wirtschaft zu errei– chen . Nicht aus optischen Gründen, sondern im Zuge der sehr ernst genaimenen Revita– lisierungsbestrebungen, alt überliefertes Baugut wieder den rrodernen Ansprüchen der Menschen zugänglich zu ma– chen. (Eröffnung der Hallstattaus– stellung, 21.4.1980) 9 Gemeindepolitik Ein~ zentrale gemeindepoli– tische Aufgabe ist die Ver– sorgung der Bevölkerung mit Wohnungen, Verkehrsverbin– dungen und Freizeiteinrich– tungen. Daß bei letzterem Sport im Mittelpunkt steht, ist charakteristisch für die Steyrer Jugendpolitik. "Es ist nicht einzusehen, daß ständig Familien mit mehreren Kindern in Kleinwohnungen hausen und sich jahrelarq vergeblich un e.ine größere Wohnung bem.ihen, während viel Wohnraum ungenutzt bleibt. " (Amtsbl. 5"/80, S. 3) " .. • entsteht ein starker Trend zur Anmietung von alten oder älteren Wohnungen, das heißt, man verzichtet lieber auf mehr Kanfort als einen hbneren Betrag aus den Ein– kannen für Wohnzwecke aufzu– wenden." (NeujahrSeTipfang 83) "So sehr der Nulltari-f in verschiedenen Bereichen wün– schenswert wäre, muß doch dafür gesorgt werden, daß die Entwicklung der Stadt und die vermehrten Ausgaben für die Bewohner auf der Einnahnen– seite gesichert werden kann . " (].1,mtsblatt 1/81, S 3) "Oer Jugen::I werden in den einze.ln :m Stadtteilen eine große Zahl von Sporteinrich– tungen für Breiten- und Spitzensport U'.gcl:oten (Prntsbl. 12/83 S 3) Gemeinschaft Die Herstellung eines Gemein– schaftsgefühls der Steyrer, was immer das bedeuten mag, war ein Anliegen, zu dessen Förderung zB das Stadtfest erfunden wurde . "Dieses Stadtfest soll wie– der einmal mehr der Ausdruck des Bekenntnisses zur hist<>-– rischen und zur roodernen Stadt Steyr und zugleich ein Anreiz für den Besuch von Gästen sein . " (J\mtsbl. 6/82) "Menschen der verschieden– sten Bildungsstufen, aller Altersgenerationen, unter– schiedlichster Weltanschau– ungen und jeder Lebensphilo– sophie trafen sich auf den Stadtplatz ohne zu fragen "wer bist du und was hast du", losgelöst von den täg– lichen gesellschaftlichen ZWängen und erlebten fröh– liche stunden im Sinne eines echten Volksfestes . " (Amtsblatt 1981, s 223) Zum Abschluß einige Passagen, die einen Eindruck von Weiss' Einsteliung zu Fragen von Moral, Zusammenleben etc. ver mitteln mögen: "Die Vorweihnacht ist längst nicht mehr die ruhige Vorbe– reitungszeit für das Weih– nachtsfest, son::lern ist vielf .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2