Steyrer Tagebuch Nummer 17, Jänner 1984

26 Dallinger beim Hanslwirt In den letzten Tagen kam ich mit md: rere Arbeitnehmern der Steyr-Werke ins Gespräch und h?tte auch die G~legenheit ~n der Diskussion 'der Steyr-Werks- . arbeiter mit Solzialminister Dalltnger teilzunehmen. Im Folgenden möchte ich versuchen, die wesentlichsten Grund– einstellungen, die lebenswichtigen Interessen der Arbeitnehmer zusammen– zufassen . ([)Bereitschaft, aus Solidarität zu teilen. Dallinger vertrat dieLösungsvariante der 35 Stundenwoche mit der Kosten– drittelung: Unternehemen, Arbeiter, Staat •. Die Notwendigkeit der 35- Stunuenwoche ist. für viele _sehr ein– sichtig, 0 \1/enn es dadurch gelingt, Kollegen vor dem .Verlust des Arbeits– platzes zu bewahren. Es herrscht auch die Bereitschaft aus Solidarität zu den Kollegen dafür Opfer zu bringen und durch die kürzere Arbeit eine , Lohneinbuße hinzunehmen . (D Sinn für Gerechtigkeit. Es hat mich immer beeindruckt, ~enn Arbeiter zum Problem der Gerechtigkeit Stellung nehmen.Einer sagte : wenn wir selbst bereit eind,·etwas zu geber was werden die Obe·ren geben? Jemand brachte den Vorschlagpei der Drittel– lösung dieLohnkürzung prozentuell nach oben hin zu steigern. Ein anderer vertrat die Auffassung, daß bei Kün– digungen keinesfalls Alleinverdiener betroffen sein sollen. Ein Doppelver– diener, der auf S 25000,-- kommt, soll doch eher einem alleinverdienenden Familienvater weichen . G) Die Jungen müssen Arbeit haben . Ein Vertrauensmann erzählte mir, daß ein Vater zu ihm gekommen sei mit der Bitte, seinen Buben nicht nach Hause zu schicken, denn sein zweiter Sohn sei schon arbeitslos . Ein anderer Arbeiter sagte: Die Jungen brauchen vor allem Arbeit , wir dürfen sie nicht hängen lassen. Aus diesen Grund sehen viele Arbeiter in der Aktion 59 eine Lösngsmög – lichkeit , Jemand nannte auch eine genaue Zahl ." In meiner Abteilung gibt es 80 Leute, die betreits 59 Jahre alt sind ." @ Unklare Analyse der Ursachen. In der gesamten Auseinandersetzung um die drohenden Kündigungen, habe ich immer wieder bedauert, daß es seitens der Arbeiterbewegung keine 0 klare Analyse der Ursachen gibt. Welche Rolle spielt das Profitstreben der Aktionäre und das Gewinnstreben der CA? Gibt es gravierende Fehlentscheidungen der Konzernleitung und wo liegen sie? Durch die RAtionalisierung wird Platz gemacht, Welche Rolle spielt die schärfer werdende Rationalisierung ~ Welchen Anteil an der jetzigen Krise hat die seit 1976 gesteigerte Waffen– produktion , mit der man im mörd– erischen internationalen Konkurrenz– kampf nicht bestehn kann? Welche Versäumnisse gibt es auf dem Forschungssekektor~ Für den jetzigen Arbeiterkampf scheint es mir wichtig, daß der Arbeiter selbst um die eigentlchen Ursachen weiß. Es besteht sonst die Gefahr, daß man in eine falsche Richtung kämpft, G) Kluft zwischen Regierung und Basis in der Waffenfrage. • Im Gespräch mit Dallinger ist diese Kluft besonders deutlich geworden . Gegenüber der herrschen Meinung 1 die Friedensbewegung und das geplatzte Chilegeschäft seien Schuld an der Misere, vertraten Dallinger und andere 1 Egierungsmitglieder einen anderen Standpunkt: Das Chilegeschäft war finanziell nicht abgesichert. Als neutrales Land haben wir eine spezielle Position und müssen Menschenrechtsverletzungen berück– sichtiqen, es handelt sich meistens um miesesteDiktaturen der 3, WElt, die Gewekschaftfuntionäre foltern und hinrichten. Der Konkurrenzdruck unter ~eagen ist schärfer geworden. "550 zur Ausfuhr genehmigte Panzer konnten nicht verkauft werden"Dallinger @ Ohnmacht und. Solidarität .·. Immer wieder bricht das Gefuhl der OHnmacht durch:"Es wird doch zu Kün– digungen kommen ." Es herrscht die Angst, daß die Arbeiterschaft doch nur wieder verlieren wird. Über eines herrscht Freude : daß durch die Soli– darität der Arbeiterschaft und durch die Unterstützung der Regierung GD Mft:1:– Malzacher seine starken Sprüche zu– rücknehmen mußte. Pater Sepp ißl.

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