Steyrer Tagebuch Nummer 15, November 1983

8 _S_an_dl_e_r_i_n_d_e_r_G_e_se_tz_es_m_ü_hl_e_________,._________ --r:::s_ Wie gesund ist eine Gesellschaft , wenn sie ihre Andersartigen nicht akr;eptiert , wenn Sie diese abschiebt , statt anninrnt , wenn sie gl aubt , besser r;u sein , als diese Anderen? Unsere Landespolitiker denken an die Einführung aines Vagabundageparagraphen . Folgender Wortlaut ist geplant : "Wer erwerbs- und besch?.ftigungslos umhertre-ibt und nicht nach r;u– weisen vermag , daß er die Mittel r;u seinem Unterhalt besitr;t , oder redlich ~u erwerben sucht , begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Arrest bis r;u r:wei Wochen r;u be– strafen . 11 Was soll mit diesem Geset r; erreicht wer– den? Gegen welche Menschengruppen richtet es sich? - Gegen Randgruppen unserer Ge– sellschaft , gegen Menschen , die ohnehin be– nachteiligt sind . Wozu eine zusät iliche Kriminalisierung dieser Personen? In Außenseiterpositon gedrängt , neigen ge– rade arbeitslose , psychisch Kranke und leistungsunfähige Menschen ~u Drogenmiß– brauch (meist Alkoholismus) , da sie darin kurr;r;eitige Problemverdrängung finden . Daß sie dadurch in ein viel schlimneres Schlamassel geraten , erkennen sie erst viel sp~ter , wenn bereits alle Wege ver– baut scheine:r.i . Die Persönlichkeitsveränderung und Ent– herrrnung durch Alkohol führt nicht selten r;u Kriminaldelikten , womit der Weg in den scheinbar nicht mehr zu unterbrechenden Kreislauf - Kriminaldelikt - Gefängnis - kein Arbeitsplat r; - daher kein Geld - ohne Geld keine Wohn~ kein Arbeitsplat r; ... eöffnet ist . Und nun unsere Gesell– 'schaft : Wir bestrafen dich , weil du Außen– seiter bist , wir be– -.,__...~· strafen dich, weil du keine Wohnung , keinen Arbeitsplat r; hast , weil du, da du 1mDreck leben mußt ; eben ein Dreck bist . Wir können wirklich stolr; darauf sein . nicht ins Haus . - Also , das Problem bleibt nas~elbe . Am besten gleich wieder einsperren , er hat sich ja noch immer nicht gebessert . · Die Sinnlosigkeit dieses Geset~-es ist damit wohl aufger;eigt . Aber ich sehe auch noch ei – ne Gefahr des Mißbrauches durch die Polir;ei darin . Zu unseren Außenseitern komnt noch die Gruppe der Nichtangepaßten . Ein Dorn 1m Auge der Gesellschaft und der Poli~ei . Eine Personengruppe , die durch ihr Aussehen auf– fä.ilt , und auffällige Personen sind nun mal verdächtig. Lange Haare , ausgefallene Klei– dung , eigenwilliges Verhalten - eine wahre Fundgrube für unsere Amtsorgane . Wenn sie nun nach Her r;enslust schnüffeln , finden sie sicher ausweislose Subjekte darunter : dd:e sie zuminde st kur~~eitig in Verwahrung nehmen

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