Steyrer Tagebuch Nummer 14, Oktober 1983

8 gründen. H: Und der alte Klub? TB: Den kann man wieder auf- lösen. Es scheint jetzt so bei der Basiskultur; drei, vier Jahre hat das funktio– niert. H: Mit recht gutem Vereins- leben, sicher auch mit der einen oder anderen Ent– gleisung, aber wo entgleist man nicht? TB: Also eine Dynamisieruni, keine feststehenden In– stitutionen für lange Zeit, sondern je nach dem Bedarf der betroffenen Personen gegründete Einrichtungen. H: An sich ein guter Gedan- ke. Da gab es früher die Grätzlgruppen, da hat man sich getroffen aus Schulbe– ziehungen•••• FRAUEN IN DER POLITIK TB: Es ist sicher kein Zufall, daß der Stadtparteiob– mann ein Mann ist. Ist das ein Problem für Sie, daß der Politiker im Normalfall ein Mann ist? H: Das ist sicherlich ein Pro- blem für die Demokratie überhaupt, wenn mehr als die Hälfte der Bevölkerung Frauen sind und zu mehr als 90% von Männern vertreten werden. Das ist nicht gerecht. Leider Got– tes sind die Frauen in der Zeit, wo sich der junge Mann engagiert, im wesentlichen Prozentsatz Mütter und haben die Interessen der Familie wahrzunehmen. Ich selber würde es gern sehen, wenn sich mehr Frauen in der Politik enga– gierten. TB: Kann· man da etwas tun? H: Meiner Meinung nach nur abwarten. Zum Teil ge– schieht es ja schon jetzt, daß sich junge Frauen in der Öf– fentlichkeit engagieren. Daß die natürlich ein erhebliches Ausmaß an Leistung erbringen, ist klar, weil sie sind zum Teil noch sehr gute Mütter. PARTEIBOCHER TB: Eine vielleicht etwas klischeehafte Frage: wenn Sie Bürgermeister wären, was wäre das erste, das Sie angin– gen? H: Ich würde versuchen, mit der Parteibüchl~irtschaft aufzuhören. TB: Hat das schon einmal je– mand geschafft ? H: ... Ich habe auf eine problema– tische Frage spontan geantwor– tet, was meiner Meinung nach den Bürger am meisten ärgert, das würde ich versuchen zu ändern. TB: Sie halten das für ein zentrales Problem? H: Zumindest für einen Grund der Politikverdrossenheit. TB: Vor 20 Jah~en hätte ein Politiker auf diese Frage wahrscheinlich geantwortet: ein Hallenbad bauen. H: Da kommen wir zurück zur Wachstumsphase, die zu En– de ist. Mein Ziel als Bürger– meister wäre, zu versuchen, daß die angefangenen Projekte vor allem am Ver- und Entsor– gungsbereich sinnvoll fertig– gestell't werden. Das zweite Ziel wäre, das Wohnbauwesen auf eine Basis zu bringen, daß die Leute wieder Wohnungen kriegen, die sie auch annehmen können. Für neue Projekte zur Zwangsbeglückung gibt es weder Geld noch Not– wendigkeit. Ich glaube, daß der Bürger das auch glaubt . STRASSEN TB: Betrifft das auch die S 37, eine Strassenverbin– dung, gege-n die Bürgermeister, die von der ÖVP gestellt wer– den, vehement eintreten? H: Mit viel guter Begründung, auch. Aber Steyr braucht sicher eine verbesserte Ver– kehrsbeziehung zum Zentral– raum. TB: Ist die so schlecht? H: Sie ist nicht optimal , man muß etwas verbe ssern. Zur Zeit gibt es allerdings kein Geld für die S 37. TB: Das ist aber vorläufig das eizige Hindernis. H: Vielleicht kann dieses Hindernis zu einer Phase des Uberdenkens beitragen. TB: Passiert ein solches? H: Bei mir: ja. Aber eine Ver– besserung der Verkehrsbe– ziehung ist erforderlich. TB: Das glauben wir auch, aber warum muß deshalb immer eine Strasse her. Warum zB nicht eine Schnellbahnverbin– dung? H: In unserem Katalog zur letzten Nationalratswahl werden Sie das finden. Doch auch die Strassenverbindung muß verbessert werden. Worüber ich noch nachdenke ist, ob es eina Strasse quer durchs Acker land sein muß. Ich habe nicht genügend Unterlagen, das jetzt zu entscheiden. Daß es nicht gut ist füe die, durch deren Felder es geht, ist klar. TB: Und für die, die essen müssen, was auf den Nach– barfeldern wächst. H: Ist auch klar. Aber das ist neben jeder Strasse, die man jetzt ausbaut. Vielleicht könnte durch das Uberdenken doch eine akzeptable Lösung gefunden werden. Die Aufbau– phase, wo man mit aller Gewalt irgendwo irgendwas gebaut hat, sollte nach meiner Ansicht vor bei sein. TB: Gibt es da nicht in Ihrer Partei auch Bauunternehmer , die sich schon ausrechnen kön– nen, wie sich ihr Volumen da– bei reduziert und denen das nicht recht ist? H: Das ist genau das Argument, das auch die Gewerkschaften gebrauchen. Doch erfahrungsge– mäß sind heute beim Strassen– bau nicht mehr so viele Leute beschäftigt, sondern mehr Ma– schinen. TB: Wie stehen Sie zum Tunnel ins Eisenfeld? H: Ich habe im Gemeinderat zu- gestimmt, den Bau aber nie primär als arbeitsplatzsi– chernde Maßnahme gesehen, son– dern als notwendige Verbesse– rung der innerstädtischen Ver– kehrsbeziehungen. TB: Befürchten Sie nicht eine stärkere Belastung des Eisenfeldes ? H: Es wurde eine Verkehrser- hebung gemacht, deren Schätzungen zugrunde gelegt wurden. Ich glaube daher, es wird eine Erleichterung geben durch die gering~re Steigung, aber nicht wesentlich mehr Verkehr. TB: Der Bürger weiß davon nichts. H: Dieser Vorwurf ist ausge– zeichnet. Es ist einfach

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