Steyrer Tagebuch Nummer 14, Oktober 1983

20 Literatur das Gelingen annch·, en . ,,urren und F" · YJ.d– seligkeiten sind rioch ausgespart . Du hast die Sur.rne seiner Tei l e i n ei n Gar1ze s ve r – wandeln können . Der L~ar:ie benennt e-inen Menschen in seiner Unergründlichkeit, eine Person, ein integriertes Gebilde, es rückt deiner Einsamkeit zu Leibe,wahr– haftig zu Leibe . Der Versuch ist rührend und mißlingt . Du läßt dich ans Kreuz schlagen, versuchst es mit Selbstmitleid, das schmeckt zu lasch, stattdessen korkt blaßblaue Wut um Kinn uns Hals . Man boxt dir den Schlaf aus dem Körper, aber deine Lider sind immer noch bleiern , die verwor , fenen, für ihr Verhalten bist du haftbar, Beschu~digungen sind nicht abwälzbar, und Befehlsnotstand ist nicht gegeben . Du ruhst an seiner Schulter oder in seiner Achselhnl-ile, mit dem Gefühl der Pflicht und der Last der Gewohnheit . Klischees der Bewegungen, Gebärdenklischees, abge– klatscht, entbehrlich, und doch nicht er– satzlos zu streichen . Auf seinem Gesicht liegt Bitterkeit und kindlicher Trotz, und vermeintliche Ern i 0ili' i ~unG 4üt t el an sei– nem Ego. Seine Vorstellungen sind immer andere, unerfüllbare, auf seinen Wangen blüht Ent– täuschung . Die ist auch noch zu schlucken vor dem Frühstück, alles geht schl echt . Er äch zt Rich aus dem Bett, sein Seufzen ist eine Provokation an meinen Ühren, seine Verbitterung mir zugeschanzt, in die Schuhe geschoben, ich belle zurück, und die Suche nach der Sch~~d beginnt, obwohl der Kaffee schon duftend auf dem Tisch steht, die Kin– der ängstlich erwartungsfroh um den Tisch postiert, den gedeckten . Kein Frühstücks– wunsch bleibt offen, hier findest du alles, die L.<>une könnte sich wieder heben, die Kin– der hoffen unbelehrbar und sind doch gewär– tig . Die '~n~ -:.c~se:~c · hecken Unheil. Dagegen helfen keine kalten Platten, keine weichen Frühstückseier, kein französischer Käse und auch keine Blumen in der Mitte des Tisches . Das Wohlbehagen ist kurz, die Freude ~ei den Erwachsenen geheuchelt und mühsam . r nri. ich bin doch zur Eintracht be– reit an dem Frühstückstisch, die Familie vollständig versammelt, schon selten gewor– dener Augenblick, man könnte in die Runde • blicken und wi~der froh werden_, dieser s~~?'J.- tagmorgen ist wichtig und die Kinder, die uns Erwachsenen das Aufstehen versüßen mit dem gedeckten Tisch , dem Kaffee . Dankheu– cheln wir, ·doch die Undankbarkeit schlägt gleich hohe Wellen . Manchmal bewirkt schon unser Gesicht, daß die Kinder die vollen Tassen umstürzen . Die brauenen Flecke auf der sonntäglichen, trotz häufiger sich wiederholender ähnlicher Vorkommnisse un– belehrbar hingebreiteten blütenweißen oder pastellfarbenen Tischwäsche wirken als Initialzünder . Die Explosion ist zwangs– läufig und gerechtfertigt . Die Erwachse– nen sind entschuldigt, ihrer schlechten Laune wird Ba: • gebrochen, Ursache, Mittel und Zweck schl8ßen Purzelbäume, das E:.. ?e'.) i s ist eingetroffen . Die Geg– nerschaft ist kurzfristig verworren und nicht sogleich ersichtlich . Die Erwach– senen als schwarze Mauer vor den Kindern, wut - und ärgerbeflügelt, an einem Unver– mögen nagend . Die Hintergründe sind ver– waschen, die Kinder schuldbewußt oder auf– begehrend, die· Untat zu rechtfertigen su– chend, ein vages Aufmucken, gerade recht als Sparringtraining für den Erwachsenen . Irgendwann tut es uns leid, oder es ist genug, Wut und Ärger laufen sich tot, die Tischwäsche wird gewechselt, neue Ermah– nung darüber gebreitet, zur Vorsicht und Bedachtnahme auf~efordert, die Bewegungen der Kinder in Augenschein genommen, die nun wieder fahriger werdenden, das nach– drückliche Vorzeigen der väterlichen Be– wegungen, des Tasse- an- den Mund- Führens, des Butterbrotstreichens, des lautlos Kauens . Eine gegenseiti~e Belauerung setzt ein, wir sind zur -Denunziation aufgefor– dert, wer stark ist, verweigert sich, auf verbind 1 iche Weise . Die Kinder sitz~n geduckt, ihr Gesichts– ausdruck ist zum Schämen , ich schäme mich, ich muß nun Partei ergreifen, denn du, Toch.– ter würgst mit der Semmel auch deine Tränen in den Magen, und du, Sohn, zeigst mir durch dein angewidertes Schlingen das Ver– dorbene des Frühstücks, und betrogen fühlt ihr euch alle . und ich fühle es endlich auch, und ich will hin zu euch, ich wechsle Partei . Neuer Zwist bahnt sich an, denn er ist nicht so weit, der alte Zwist wird endlich ausge– tragen zwischen den richtigen Gegnern . Kinder vergißt er, die er miteinbezieht, zu Stellungnehme auffordert, di~ vorgebrachten Tränen niederbrüllt und ihr Aufbegehren zen– suriert . So ist endlich alles zerstört . Der Tisch ist verlassen, auseinandergesto– ben die Vertriebenen, in Winkeln und Ecken ihre Verwundungen leckend . auf Heilung war– tend . Der Tisch ist ein Schlachtfeld, du bist übrig geblieben, an dir ist es, die Reste aufzusammeln, zu schachteln, reinen Tisch zu machen . Doch nächsten Sonntag darf es solches nicht mehr geben, nächstes Mal sicher nicht . Du lockst die Kinder mit dem Versprechen,

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