Steyrer Tagebuch Nummer 12, Mai 1983

Liebe Tagebuchleserin bzw . Leser . In einer der letzten ummern des Tagebuchs habe ich mich bemüht , Ihnen einen Einblick in die Arbeit unserer Gruppe zu geben . Diesmal möchte ich Sie in einem konkreten Fall um Ihre Hilfe bitten . Unsere Gruppe bemüht sich seit drei Jahren um die Freilassung von JOSEPH JEA TY . Er ist ein haitischer Bauer , der 1979 in Port au Prince, der Hauptstadt des Landes, ver – haftet wurde . Seit dieser Zeit ist er ohne Anklage und ohne Prozeß in Haft . Da Jeantys Verhaftung bei seiner Rückkehr von einer Auslandsreise erfolgte, nehmen wir an , daß diese wegen des Verdachts auf Kontakte zu Exilhaitianern erfolgte . Dieser Zeitung liegt ~ine Petition an die Regierung von Haiti mit der Bitte um In– formation über das Schicksal von Jeanty bei . BITTE LASSE SIE DIESE VO FREU UE UD BE– KA TE U TERZEICH E UD SE DE SIE DIESE BIS SPÄTESTl S 30 . JU I A BRITTA GEIWITCH , SCHILLERSTRASSE 15, 4400 STEYR : atürlich stehen wir Ihnen auch gerne für weitere Informationen über diesen Fall zur Verfügung . Beigelegte otiz genügt - oder Tel . 24 95 12/enzendorfer. Pr Da die Petition in französischer Sprache ab– gefaßt ist , finden Sie hier die Übersetzung : Eure Exzellenz ! Aus der einheimischen Presse habe ich erfah– ren , daß der Bauer Joseph Jeanty seit Juni 1979 ohne einen Prozeß erhalten zu haben im P~nitencier ational, dem Staatsgefängnis Haitis , festgehalten wird . I TER ATIONALE BOYKOTTWOCHE KEI E FRÜCHTE AUS SÜDAFRIKA Anfang Mai fand europaweit ein Früchteboy– kott gegen Südafrika statt . Ziel dieser Aktion war es , ei~e gewaltlose Einflußnah– me auf eine Politik der Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit zu erreichen . Die Republik Südafrika ist das einzige Land, das den Ras sismus verfassungsmäßig verankert hat . ach wie vor besitzL die weiße Minder– heit 87% des Landes , während die schwarze ße– völkerung ( 7m.; der Gesamtbevölkerung) sich mit 13% begnügen muß . Schon das Ei ntreten für Grundrechte , wie Wahlrecht, gewerkschaft – liche Organisierung , freie Wahl von Wohnort und Arbeitsplatz wird mit Gefängnis , Folter und oft auch mit dem Tod beantwortet . Die Ver– einten ationen und auch die österreichische Bundesregierung haben die Politik der Südaf– rikanischen Regierung wiederholt scharf ver– urteilt . Trotzdem tragen wir dauernd zur Un– terstützung dieser Apartheidpolitik bei . Jähr– lich besuchen viele österreichische Touristen die "weißen" Gebiete Südafrikas , u. a . auch der oberösterreichische Landeshauptmann Ratzen– böck . Devisen tragen dazu genauso bei wie die Handelsbeziehungen von 400 österreichischen Firmen . Diese Vorgangsweise widerspricht den Men- schenrechten . Jährlich werden in unserem Land etwa eine Ich bitte Eure Exzellenz sehr höflich, JosephMIL~IARDE Schilling für Warenimporte aus Süd- Jeantys Akten überpPüfen zu lassen und je af~ika ausgegeben ~ . . . . nach dem Ergebnis eine Freilassung oder in Grun~e genug um sich m~t dieser Sit~ation bewußt absehbarer Zeit einen Prozeßtermin festzuset- auseinanderzusetzen . Ein großer Kreis von ver– zen . schiedenen Organisationen , wie auch der "Verein Ich habe große Hoffnungen , daß Sie diese Bit- für Gerechtigkeit Steyr" haben sich diesem Boy– te erfüllen werden . kott angeschlossen . In Steyr wurde an jedes Ge– schäft ein Brief mit der Bitte um Beachtung der ungerechten Situation in Südafrika gesandt . Die beiliegende Warenaufstellung importierter Waren sollte die \Jareneinkäufer informieren . In eini– gen Orten gelang es Aktionsgruppen in Zusammen– arbeit mit der örtlichen Geschäftswelt die Kon– sumenten zu informieren und mit der Streichung der südafrikanischen Waren aus dem Angebot ei nen wirksamen Beitrag zum Boykott zu leisten . Die Aktionsgruppen hoffen mit Bischof TUTU , der meint : "Ohne Boykott leiden wir ohne Hoffnung! Aber mit Boykott leiden wir mit Hoffnung auf VERÄ DERU G! 11

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