Steyrer Tagebuch Nummer 10, März 1983

8 Statt Apfelspalte - Zwetschkenröster . · .. BALDANDERS ein Interview Angefangen hat das ganze, so Karl Maria Kubizek, mit dem wir ein Interview mach– ten , mit einem gemeinsamen Interesse der Gruppenmitglieder für Folkmusik, vor allem die irische . "Dorthin sind alle gekommen , die sich für Folkmusik intereeiert haben . Aber das war schon lange vor der irischen Welle und deren Vermarktung . Und über das Irische sind wir dann zum Deutschen gekom– men, wo's viel, viel weniger gab und gibt, weil eigentlich keine wirkliche Tradition da ist. Sicher , es gibt auch bei uns unver– brämte Volksmusik , die muß man aber mit der Lupe suchen, weil ja auch die Medien daran vorbeigehen ... " Anfänglich maßgebend waren für die 1979 un– ter dem Namen "Jetzunder" beginnenden "Bald– anders" die "Zupfgeigenhansl", die auf der Ebene des kritischen deutschen Volksliedes viel Wühlarbeit geleistet haben . "Der Anfang war recht blutig , mit wenig Pro– ben, weil wir ja nicht alle . an einem Ort wohnen. Mit der Zeit haben wir uns dann vom Vorbild gelöst , weil wir gemerkt haben, daß Nachspielen nicht sehr viel bringt" . Mit der persönlichen Wei~erentwicklung auf den In– strumenten kamen zum Urprogramm eigene Sa– chen dazu , sodaß das Repertoire heute aus mittelalterlichen Saufliedern, Instrumental– stücken der Renaissance , kritischem Volks– lied und den selbst erarbeiteten Stücken besteht . Neben dem 1848- er Revolutionsdich– ter Georg Weerth ("da haben wir schon fast einen Zyklus davon") und Brecht hat's ihnen vor allem der 1978 am Suff und innerem Elend verstorb~ne Südtiroler Dorflehrer Norbert Kaser angetan , einem an den allgemeinen Zu– ständen zerbrochenen Dichter von vitaler Aus– druckskraft und unwahrscheinlicher Sensibili~ tät für die Beschreibung aussichtsloser Wirk– lichkeiten . "Wir wollen die politischen Lieder aus der Vergangenheit um die historlschen Zustände aufzuzeigen und die Aktualität dieser Zustän– de , die 's ja noch immer gibt und gegenwärtige Lieder , um das zu Wort kommen zu lassen , was nie zu Wort kommt , was immer verdrängt wird, weil es zu wahr ist . So wie zum Beispiel der Kaser , der von oben und unten verdrängt wur– de und keine Chance gehabt hat sich durchzu– setzen" . Ob auch Tiefpunkte da waren? "Eigentlich hab ich das Gefühl , da kann ich nur davon sprechen wie's mir geht, da war nie ein Moment der Frustration oder ein Ge– danle, aufzuhören, auch wenn oft Diskus– sionen darüber sind, wie weit das indivi– duelle Engagement der Gruppenmitglieder gehen kann und soll .. . Für uns ist ja sehr wichtig , wie das Pub– likum ist . Unser bestes Konzert war erst kürzlich bei einem Seminar des gewerk– schaftlichen Linksblocks . Da haben wir schon während dem Spielen gemerkt, die hören uns zu, denen gibt das was , für die ist das nicht nur diesen Abend was . Wir haben ja doch einige "gesellschaftsträch– tige" Sachen . Es gibt halt auch Konzerte, wo die Leute glauben, man muß sich unbe– dingt emotionell ausleben . da sind wir dann fehl am Platz . Das Schlechte ist, daß bei vielen Leuten , gerade in Steyr , die gleiche Erwartungshaltung für jede Gruppe da ist und wo ' s gar nicht mehr um's Zu– hören geht . Noch dazu wo wir einen "Mangel" haben, weil wir ohne Anlage spielen , was uns eigentlich auch lieber ist , aber wenn die Leute nicht ruhig sind, dann spielt man schon ganz stark nur mehr für sich selber . Wir haben auch Sachen für's Gmiat , so wie die Sauflieder , mit denen wir eine sinn– liche Freude vermitteln wollen , die ei– gentlich verlorengegangen ist, aber eben nicht nur . In der "Basiskultur" gibt' s viele Leute , die das nicht verstehen wol – len oder können . Aber beim Wehrgrabenfest hat's uns gefallen , vielleicht wegen der vielen Leute , aber das glaub ich nicht so ganz , weil in einem vollen Stadtsaal ist. die Wirkung der Texte nicht dagewesen , da hat man das Gefühl , durch die meisten geht das einfach durch ... na ja . Jedenfall s . wünschen wir uns , daß man uns zuhört , denn das Wichtigste sind ja die Texte, sonst bräuchten wir ja gar nichts dazu singen ... " Soweit Karl Kubizek . Sein Wort in Gottes Ohr . Sonst gibt 's da nicht mehr viel hin– zuzufügen . _ Von Norbert Kaser ist im Hannibal - Verlag erhältlich : "Kalt in mir" - ein Lebensro– Briefen ... unbedingt zulegen wenn's

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